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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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Pfleger
, der von seinem Partner hilfebedürftiges Kinderverhalten fordert, tendiert dahin, seine eigenen oralen Bedürfnisse von jeder direkten Befriedigung durch den Partner auszuschließen, indem er sich dem Partner gegenüber vollkommen anspruchslos verhält und sich bis zur Erschöpfung pflegerisch verausgabt. In seiner Erschöpfung wird er letztlich zum pflegebedürftigen Kind. Der
orale Pflegling
aber wird immer mehr Ansprüche stellen, je mehr er von der Angst verfolgt wird, der andere könnte in seinen Pflegeleistungen nachlassen. Er hält sich zur Übernahme von Mutterfunktionen für nicht geeignet und fühlt sich vom Partner darin auch weder bestätigt noch benötigt. So wird er das orale Arrangement aber gerade dadurch zerstören, dass er den Partner in seinen Mutterfunktionen ad absurdum treibt, indem er sich immer regressiver und fordernder verhält. Damit verbaut er sich im Endeffekt gerade das, was er im Grunde beansprucht, nämlich pflegerische Zuwendung.
    Der Streit geht endlos, solange der progressive Pfleger nicht bereit ist, sich in eigenen oralen Bedürfnissen vom Partner pflegen zu lassen, und der regressive Pflegling nicht akzeptiert, dass er nicht nur kindlich fordern kann, sondern auch geben muss.
     
    Der
passiv-regressiv Anale
, der sich keinerlei Autonomieentwicklung zumutet und jede offen-aggressive Selbstbehauptung umgeht, wird dazu neigen, seine passive Aktivität, Passivität Fügsamkeit zu benützen, um den scheinbar dominanten Partner zu beherrschen und im Griff zu halten, was ihm umso leichter fällt, als er die Schwäche des Partners genau kennt und weiß, dass dieser von seiner Gefolgschaft abhängig ist. Übertriebener Gehorsam als entleertes Marionettenverhalten und Lippenbekenntnis wird zum passiven Widerstand, zur Obstruktion und damit im Endeffekt zu einer Form von autonomem Machtgebaren. Der
aktive Aktivität, Passivität Führer
dagegen wird unter der Angst, sich der Gefolgschaft seines Partners nicht sicher zu sein, sein Führerverhalten zur Tyrannei übersteigern oder mit dem Anspruch auf totale Offenheit die Kontrolle jedes Gedankens seines Partners beanspruchen. Weil er den Partner für jeden nichtkonformen Gedanken bestrafen wird, fördert er bei ihm Lügenverhalten, Schönfärberei und Heimlichkeit.
    Der Streit wird endlos eskalieren, solange der passiv-regressive Partner nicht offen und ehrlich zu seinen Autonomieansprüchen steht und sich als eigenständiges Wesen dem Partner gegenüber zu behaupten sucht, ohne gleich Trennungsängsten zu verfallen, und solange andererseits der Aktiv-Progressive seinem Partner nicht autonome Bereiche und Initiativen zugesteht, ohne sich deswegen gleich gefährdet, ausgeschaltet und verlassen zu fühlen.
     
    Der die
männliche Rolle
für sich beanspruchende Mann wird jede sich bietende Situation als Prüfungs- und Bewährungssituation seiner Männlichkeit empfinden, bis er gar nicht anders kann, als einmal zu versagen, worauf sein mühsam errichtetes männliches Selbstbewusstsein zusammenbricht. Die seine aufgeplusterte Männlichkeit
bestätigende Frau
wird ihn durch weibliche Pseudoschwäche überfordern, womit sie ihn letztlich als Versager bloßstellt.
    Der Streit ist endlos, solange der Mann sich keine Schwächen und passiven Tendenzen zugestehen kann und sich die Frau auf das einseitige Bild der Bewunderung des Mannes einengen lässt.
     
    Die tiefere Ursache liegt also darin, dass beide Partner sich weder mit den eigenen verdrängten Persönlichkeitsanteilen noch mit denjenigen des Partners auseinandersetzen wollen. Die Weigerung, sich mit dem Unbewussten zu befassen, erzeugt Schuldgefühle, die in der Ehe auf den Partner projiziert werden, der für das eigene Fehlverhalten haftbar gemacht wird. «Ich bin nur so, weil du so bist. Wenn du nicht so wärest, wäre ich nicht so.» Das Fehlverhalten des einen wird zum Alibi für das Fehlverhalten des anderen. Die Partner halten sich im kollusiven Interaktionszirkel gefangen.
    In der Kollusion besteht also zwischen den Partnern eine uneingestandene Übereinkunft, sich nicht mit dem unbewussten Anteil ihres Konfliktes zu befassen. Die gegenseitigen Vorwürfe sind oft Rituale, die so vorgetragen werden, dass sie die kollusive Funktionsteilung eher absichern als auflösen. Jeder Versuch des einen, aus der Kollusion auszusteigen und sich mit dem von ihm verdrängten Anteil am Konflikt auseinanderzusetzen, wird vom Partner gleich sabotiert. Wenn der orale Pfleger auch darüber jammert,

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