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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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mir hielt? Ich schniefte. Sicher meinte er, ich hätte nach seinem Abgang nichts Besseres zu tun gehabt, als umgehend und ohne besonderen Grund »den Gierke« heranzupfeifen. Ob ihn das schmerzte? Seine Eitelkeit verletzte es bestimmt, auch wenn an dem Bild, das er meinte in Dänemark gesehen zu haben, so ziemlich alles falsch war, was nur falsch sein konnte.
    Um es kurz zu machen: Am folgenden Tag kniff ich auf der ganzen Linie, weil ich mich immer noch fühlte wie ein ausgewrungener Feudel. Allein der Gedanke an eine Konfrontation mit einer ausgeschlafenen Greta, die bestimmt laut und scheußlich werden würde, trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Nein, dem war ich noch nicht gewachsen.
    Stattdessen schaltete ich nach einem frugalen Frühstück den Wanzenempfänger ein. Denn für Vivian LaRoche war Hanna entschieden nicht in Stimmung; für meine Mutter, Dorle Bruhaupt und deren Eltern ebenfalls nicht. Die hätten zu viert eine Trekkingtour auf einem Krokodil durch die Wüste Gobi planen können, es wäre mir herzlich egal gewesen. Doch Detektivarbeit, die man auch von der Couch aus erledigen konnte, das war genau das, was mir an diesem Morgen behagte. Außerdem lenkte es jedenfalls für eine Weile von allzu finsteren Gedanken ab, die beim morgendlichen Sonnenbad auf der Gartenbank unweigerlich Einzug ins Hemlokk’sche Köpfchen gehalten hätten.
    Jemand schrie, es knallten Schüsse, und das anschließende Hufgetrappel war mit einer unsäglich schmalzigen Musik unterlegt. Ganz klar ein D-Western, in dem die Indianer reihenweise hingemeuchelt wurden, während dem Helden dabei nicht einmal der Stetson verrutschte. Ich hörte brav eine ganze Stunde zu, doch es kam nichts Neues dabei heraus. Nein, das stimmt nicht ganz. Bettina verabscheute Pfirsiche, wegen deren pelziger Haut, die ihr beim Schlucken immer in den Mandeln hängen blieb.
    Ich stürzte ein Glas Orangensaft in einem Zug hinunter und wollte mich gerade wieder zur Couch schleppen, als irgend so ein Fitnessfuzzi mit ernster Stimme verkündete: »Wer rastet, der rostet.« Und man solle seine Muskeln beständig bewegen, sonst drohten geistiger Stillstand, frühzeitiger Herztod sowie Übergewicht. Freeclimbing oder Parachuting seien dabei gar nicht nötig, um fit zu bleiben, ein schneller Spaziergang täte es zur Not auch. Ich schaltete den Empfänger aus und hob vorsichtig den verbogenen Arm. Autsch! Aber genau genommen sollte ich mit dem ja auch nicht laufen. Ich kontrollierte meine Beine. Sie waren intakt. Vielleicht ein bisschen verspannt, aber mehr auch nicht. Die Ausrede zog also nicht. Na dann hopp, Hemlokk, raff dich auf!
    Ich überlegte kurz, ob ich mein Gesicht ein bisschen zukleistern sollte, damit mir Kinder und Rentner nicht mit offenem Mund hinterherstierten, aber dann entschied ich mich dagegen. Sollten sie doch starren, ich würde eine Runde traben – vielleicht brachte das ja neben der Fitness auch noch die ebenso dringend benötigte Luft in das Kuddelmuddel meines Hirns.
    Nachdem ich den Kröten ein welkes Salatblatt hingeworfen hatte, schlich ich zum Haupthaus, vor dem mein Wagen stand, verschaffte mir kurz einen Überblick – Gretas Fenster standen offen, sie war also daheim – und glitt ins Auto. Na ja, was man so gleiten nennt, wenn einer versucht hat, einem die Rippen einzutreten. Doch der letzte Mensch, den ich in diesem Moment sehen wollte, war Greta. Natürlich würde sie sich mit Händen und Füßen gegen meinen Vorwurf wehren, mich für übergeschnappt erklären und bei der Erwähnung von Thomas’ Namen in ein hysterisches Lachen ausbrechen. Und ich konnte es ihr nicht verdenken, ich hätte es an ihrer Stelle genauso getan. Ob sie überhaupt wissen würde, wovon ich sprach? Vielleicht gehörte das ja bei dieser Art von Seelenstörung dazu, dass sie ihr Verhalten für völlig normal hielt und ehrlich empört war, wenn man sie beschuldigte, eine Krankmacherin und Mörderin zu sein. Oder ob sie zumindest ahnte, dass sie Hauke halb absichtlich getötet hatte? Ich hätte nicht sagen können, weshalb ich diesen Verdacht hegte, doch ich tat es. Greta war keineswegs die verfolgte Unschuld, das arme Wesen, als das sie sich ausgab. Sie plante ihre Taten und wusste zumindest ansatzweise um ihre Bösartigkeit. Davon war ich überzeugt.
    Ich schmiss den Motor an und tuckerte los – über Passade, Schönberg und Wisch nach Heidkate auf den Deich. Dort sollte mein Spaziergang stattfinden.
    Obwohl … vielleicht war es einem Laien auch

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