DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
der Angst und der Verzweiflung. Seine Lungen verkrampften und er brach zusammen. Während er in den Schnee fiel sah er flüchtig die unglaubliche Weite des Alls über sich, gefüllt mit bunten Nebeln und Wolken aus Sternen, verlor augenblicklich jedes Gefühl für Räumlichkeit und Zeit, als wäre er selbst von dieser Leere eingenommen. Wieder erschien ein baumelndes Licht in seinem Bewusstsein und ein starker Geruch dröhnte in seinem Kopf.
Seath hielt sich den Hinterkopf. Diese verdammte Körperkraft. Eric hatte sie ohne Mühe abgeschüttelt und durch das Zelt geschleudert, direkt an die hintere Wand wo sich draußen die Wand der Felsspalte befand, das Ende ihrer kleinen Höhle. Sie war mit dem Kopf gegen den Stein geschlagen, hatte sich nur dürftig auffangen können. Mia lag flach auf dem Boden, richtete sich gerade wieder auf. Jack hielt noch immer die kleine Öllampe in der Hand, starrte wie gelähmt auf die zerrissene Zeltplane und bewegte sich nicht. Seine Gedanken waren gefesselt, er konnte nichts dagegen machen. Seath schüttelte den Kopf und fluchte, dann nahm sie das Büschel Kräuter wieder in die Hand, schnappte sich die Lampe und kroch schnell nach draußen.
Der harte Wind war über Nacht zurückgekehrt und Eric lag draußen im Schnee, nur mit der Jacke und den Fellstiefeln. Sie rannte zu ihm und schlug ihm kräftig auf die Brust. Dann massierte sie seinen Solarplexus, während das Büschel mit Majrikraut unverändert auf seine Nase gepresst wurde. Er begann langsam wieder zu atmen, krampfhaft und instabil, aber immerhin ein Wenig. Mia kam hinterher und zusammen trugen sie ihn ins Zelt zurück, wo sie vor dem Wind und dem Schnee geschützt waren. Eric würde in wenigen Stunden wieder zu sich kommen, die Frage war nur, ob er ihnen noch vertraute.
Das Tageslicht drang unbekannt und sanft durch den Stoff des Zeltes. Eric fühlte sich schlecht. Die Krämpfe hatten sich gelegt, sie waren nicht mehr zu spüren. Nur die Erinnerung an den Traum war geblieben. Er öffnete die Augen und sah das Dach des Zeltes über sich, es bewegte sich kaum. Von draußen drangen die Geräusche des Windes und der Duft von Schokolade herein. Er dachte an alle anderen Träume. Wo er sich befunden hatte, war kein Geheimnis, er hatte den Ort sofort erkannt. Er befand sich an dem Ort, den er für einen Schrank gehalten hatte, in dem riesigen, kuppelförmigen Raum mit der Schale, hinter dem Granitportal, das er gerade noch rechtzeitig hatte schließen können, bevor sich der Rat versammelte. Und er hatte sehr genau geträumt. Nachdem er sich selbst kennen gelernt hatte, fielen ihm die Träume fast als reale Erlebnisse auf, er konnte oft nicht mehr unterscheiden, was echt war und was nicht, wenn sich die Träume nicht in der Zukunft abspielten oder an einem Ort, den er in der Gegenwart weder kannte noch betrat.
Fast neunzig Prozent der empfundenen Gegenwart setzten sich aus Erinnerungen und Erwartungen zusammen. Was geschah, wenn die falsch waren? Wenn sie nur ein Resultat vorangegangener Visionen waren? Und nicht der Wirklichkeit entsprachen?
Eric erinnerte sich an jene Träume in denen er sich auf den Eisbergen befunden hatte. Sie waren noch nicht so derart real gewesen, es sei denn, er überließ seine Gedanken vollständig der Illusion. Jetzt versuchte er, die Bilder und Gefühle wie in einem Safe einzuschließen um sich konzentrieren zu können. Die Lichtblitze. Sie waren im Traum vor seinem inneren Auge aufgeflammt, hatten ihn fast geblendet. Aber er konnte sich an keine erinnern. Schon wieder ein Blick in die Zukunft. Dann der Gedanke, der ihn an einen Verrat erinnerte. Und das Gefühl der Einsamkeit und des verlorenen Vertrauens. Er zweifelte nicht im Geringsten an den Informationen aus dem Traum, er hatte schon zu viele erlebt. Aber wenn das mit dem Verrat stimmte, stünden ihm noch zwei bevor. Der letzte würde ihn vielleicht das Leben kosten.
Eric streckte sich und bemerkte hungrig den Drang, gleich wieder auf die Jagd zu gehen, dieses Mal allerdings alleine und nicht als Tiger. In seinen Gedanken flammte der blaue Drache auf der sich müde zusammengerollt hatte und noch schlief. Genau das, wonach ihm zumute war. Er stand auf, kroch aus dem Zelt und saß einen Moment lang von den Anderen unbemerkt in der Felsspalte vor ihrer kleinen Unterkunft und starrte ins Leere. Die Bilder und der Schmerz ließen ihn nicht los, er schaffte es einfach nicht, sie ganz zu besiegen.
Eric zweifelte an sich selbst und dem, was er tun
Weitere Kostenlose Bücher