DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
total blätterlosen Baum, schwarze Rinde und ziemlich groß. Seine vielen, trockenen Äste, sahen fast wie ein Gewirr aus lauernden Spießen aus, die nur darauf warteten, dass sich hier in dieser zerstörten Landschaft etwas darin verfangen mochte.
„Wir werden hingehen. Besser gesagt fliegen, ich versinke in diesen Überresten.“
Der Adler flatterte los, landete kurze Zeit später auf einem der Äste. Eric ging hinterher. Die Asche war so weich und fein, dass sie kaum zu spüren war. Die Abdrücke seiner Klauen würden ewig hier zurückbleiben, fest gepresst in den Staub, wie Fußabdrücke auf dem Mond. Nicht einmal der Wind hier war an ihrer Entfernung interessiert. Ein kurzer Sturm orangeroter Funken wehte über die Asche, als einer seiner Schritte einen Haufen Glut freilegte. Eric betrachtete sie gedankenverloren, spürte die Hitze in sich. Seine Bindung zu Feuer wirkte plötzlich bedrohlich und schlecht. Immerhin hatte es all das Leben hier ausgelöscht und wertvolles, fruchtbares Land in eine finstere Einöde verwandelt.
Der Baum war fast so hoch wie Eric. Er war verkrüppelt, hatte viele Knoten und sein Stamm sah aus wie das Testobjekt für neue Sägen und Äxte. Es war ein fürchterlicher Anblick. Ohne die Krone hätte Eric ihn nicht für einen Baum, sondern für das Denkmal eines sehr finsteren Kultes gehalten. Der Adler saß stumm da, hatte seinen Blick auf die unendliche Tiefe der Schwärze gerichtet, die sich im Loch, im Auge des Strudels befand. Aber es gelang auch ihm nicht, sie vollständig zu erfassen. Er schüttelte den Kopf, um etwas von der schneidenden Asche loszuwerden.
„Dieser Baum hier war der Platz, an dem ich mich mit der Natur verbündete. Ich fand ihn, kurz bevor der Krieg begann. Und ich liebte ihn. Genau hier war mein Lieblingsplatz. Eines Tages jedoch unterbrach ich meine Meditationen hier und konnte sie nicht mehr fortsetzen. Ich hatte einen Zustand vollkommener Stille erreicht, hatte mich von den Gesetzen der Zeit und der Natur getrennt. Ich war nur noch, ohne Grenzen, ohne eine Umgebung, ohne Anfang oder Ende. Und ich verspürte nichts als Angst. Die Angst vor der Zukunft ohne Zeit, ohne einen Geist. Ich war schon immer ein Freund der Natur, hatte schon viel erlebt. Aber diese Angst war mit nichts zu vergleichen. Sie hätte mich fast getötet. Ohne Zeit, Raum und andere endliche Dinge, war es mir nicht möglich zu erkennen, wo sie anfing und wo sie mich verließ. Es war nur Angst, Ratlosigkeit, das Wissen um die Zeit, in der wir uns nun befinden. Ich hatte Angst davor, eine ewige Folter zu durchleben, ohne meinen Geist. Schon damals also wusste ich, dass es genau so kommen musste. Aber ich verstand es nicht. Ich verbündete mich mit der Natur, ließ ihre Kraft durch mich hindurchfließen, unendlich und immer. Ich kann nun erkennen, was ich damals fühlte. Und ich habe verstanden, was wir tun müssen.“
Eric hörte zu und erinnerte sich schlagartig an den letzten Blick, die unbegrenzte Angst und den unendlichen Schmerz. Den Verrat. Der Adler hatte gesagt, er sei ein Verbündeter der Natur.
„Du bist nicht ihr Verbündeter. Sie ist deine Verbündete. Sie hat sich dir überlassen um zu bestehen.“
Eric sah sich an der Spitze eines Berges, den er noch nie hatte erklimmen wollen. Er hatte nie etwas Besonderes sein wollen, aber jetzt war mehr als nur das Gegenteil eingetreten. Die Natur beherrschen. Das würde er auf gar keinen Fall tun, niemals. Er hatte gehofft, sie würde ihm helfen. Aber keinesfalls unterliegen. Wer sollte ihm denn dann noch den Weg zeigen, wenn sogar die Natur selbst ihm nur unterlag?
„Das hast du falsch verstanden,“ sagte der Adler nachdenklich, „du bist nicht der Herrscher über sie, und sie ist nicht deine Dienerin, aber sie wird alles tun was du verlangst. Solltest du sie herausfordern, wäre das das Ende allen Lebens. Sie ist nicht steuerbar, du kannst sie lediglich um etwas bitten und hoffen, dass es so eintritt. Ich habe gehört, dass du die Macht besitzt, über alle Elemente zu herrschen. Das ist etwas Anderes. Sie verbinden deine Seele zu dem, was sie ist. Und machen dich zu dem, was du bist. Die Natur besitzt keine Intelligenz, sie ist einfach nur. Darum kann sie sich in manchen Fällen eben nicht wehren. Das sollst du für sie tun. Dass sie sich dir überlassen hat bedeutet nur, dass es infolge der vier Gesetze so kommen musste. Der Herrscher ist nicht zu besiegen, wenn sich nicht alles gegen ihn stellt. Und du hast ja gesehen, einige
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