Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
egal...«, begann Angie, aber diesmal fiel Carolinus ihr ins Wort.
»Wäre es euch lieber, marodierende französische Soldaten würden Euch diese Burg vor der Nase abbrennen?« fragte Carolinus. »Und alle Männer darin niedermetzeln und die Frauen auf unaussprechliche Art und Weise töten?«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Jim warf abermals einen verstohlenen Blick auf seine Frau. Man hatte sie gebremst; aber das Feuer war noch nicht erloschen. Sie hatten beide lange genug im vierzehnten Jahrhundert gelebt, um zu wissen, was Carolinus mit der unaussprechlichen Art meinte, auf die Frauen getötet wurden - und, bis zu einem gewissen Maß, auch Männer. Pfählung war nur ein Beispiel.
Sie schaute kurz Jim an, aber Jim war plötzlich froh zu sehen, daß aller Zorn aus ihrem Blick verschwunden war. Die große Mauer des Schweigens war offensichtlich eingestürzt; und sie standen wieder auf derselben Seite.
»Es muß irgendeine Lösung geben, die Jims Beteiligung unnötig macht«, sagte Angie nach einem langen Augenblick des Schweigens. »Ihr seid derjenige, der über die ganze Magie, über das ganze Wissen gebietet. Ihr seid in dieser Welt aufgewachsen. Ihr lebt seit ich weiß nicht wie vielen Jahren hier. Ihr solltet derjenige sein, der die Antworten weiß.«
All diese Worte waren an Carolinus gerichtet. Das Gefühl, daß dem alten Mann irgend etwas fehle, das Jim vor einigen Minuten überkommen hatte, kehrte jetzt verstärkt zurück. Carolinus schüttelte langsam den Kopf - aber in diesem Augenblick hatte Jim selbst eine Erleuchtung.
»Da fällt mir ein, Carolinus«, sagte er, »ich könnte im Augenblick sowieso nichts für Euch tun. Sir John Chandos ist hier zusammen mit Sir Giles. Die beiden waren übrigens - obwohl Ihr Euch wahrscheinlich nicht mehr daran erinnert - diejenigen, die uns geholfen haben, diesen Vagabunden zu entkommen. Chandos möchte, daß Giles und ich für ihn nach Frankreich gehen und herausfinden, warum der König von Frankreich so sicher ist, erfolgreich eine Invasion durchführen zu können. Augenscheinlich beschäftigt er sich genau in diesem Augenblick damit, Schiffe zu bauen und Männer zusammenzutrommeln, als wäre es eine abgemachte Sache - obwohl doch jeder weiß, daß eine Kanalüberquerung nicht gerade das Einfachste auf der Welt ist.«
»Das alles weiß ich«, sagte Carolinus, dessen Stimme plötzlich so milde klang, daß Jim auf der Stelle wachsam wurde. »Es ist ein Teil derselben Sache.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Jim.
»Ich auch nicht«, meldete Angie sich zu Wort.
»Es ist ganz einfach«, sagte Carolinus. »Sir John hat es auf die gleiche Information abgesehen wie ich. Aber er zielt auf den Kasten. Ich will den Schlüssel zu diesem Kasten. Ihr müßt zuerst nach dem Schlüssel suchen, Jim. Ich wiederhole es noch einmal, ich kann es nicht tun. Ich bin älter geworden. Meine verringerte Kraft und viele andere Dinge halten mich davon ab, zu tun, was Ihr vermögt. Ihr kommt nicht nur von einem anderen Ort und aus einer anderen Zeit, Ihr befindet Euch auch immer noch - wie ich bereits vorhin festgestellt habe - im Rang eines Lehrlings. Euch kann man es nachsehen, wenn Ihr gewisse Dinge hat. Mir nicht. Und genau diese Dinge werdet Ihr vielleicht tun müssen.«
»Ich verstehe immer noch nicht«, sagte Jim. »Was soll ich denn nun tun?«
»Ich möchte herausfinden, wer die Verbindung zwischen Ecotti und den Seeschlangen hergestellt hat und wer sie dazu gebracht hat, sich mit einer Invasion einverstanden zu erklären. Ecotti allein hätte das niemals geschafft. Wahrhaftig, drei von diesen Ungeheuern könnten eins von König Jeans Schiffen aus jeder schwierigen Lage befreien; und in den Ozeanen gibt es mehr Seeschlangen als Drachen auf der Welt.«
»Wie sollen denn all diese Seeschlangen hierherkommen?« wollte Angie wissen.
»Seeschlangen kommen aus der See«, blaffte Carolinus sie an. Offensichtlich hatte er sich inzwischen vollends von ihrem Gebrüll erholt.
Jim sah Angie an. Angie erwiderte seinen Blick wortlos.
»Na schön«, sagte Jim, »wie soll ich es denn anstellen, diesen wen-auch-immer zu finden?«
»Ihr geht auf den Grund des Meeres«, sagte Carolinus.
Angie und Jim starrten ihn an.
»Auf den Grund des Meeres?« echote Angie.
»Ich fürchte ja«, sagte Carolinus. »Es gibt nur ein Individuum, auf das alle Geschöpfe des Meeres - einschließlich der Schlangen - immer gehört haben, wenn ihr Gehorsam auch nie von Dauer war; und das ist der älteste
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