Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
schwachen Schimmer von Schweiß.
»Ich bin kein Mann, der leicht irgendwelchen Ängsten zum Opfer fällt, müßt Ihr wissen«, sagte er, »aber was Ihr da drin habt, ist etwas, dem ich wohl kaum entgegentreten könnte.«
Secoh öffnete den Mund, als wolle er sich erbieten, es selbst einmal zu versuchen, aber ein Stirnrunzeln von Jim ließ ihn den Mund wieder schließen, Sie gingen abermals die Treppe hinunter. Der Schankraum sah genauso aus wie gewöhnlich. Es waren nicht mehr als drei Gäste zugegen. Welche Vorkehrungen auch getroffen wurden, um das Zimmer der Engländer zu stürmen, sie mußten hinter geschlossenen Türen getroffen werden, an irgend einem anderen Ort.
Die Gäste im Schankraum blickten einfach durch sie hindurch, daher schien die Sache mit der Unsichtbarkeit wohl zu funktionieren. Sie traten hinaus auf die Straße.
»Einen Augenblick«, sagte Jim und hielt Dafydd am Arm fest, so daß dieser sich zu ihm umdrehen mußte. »Wir wissen ja nicht einmal, wo der König ist.«
»Ich weiß es«, sagte Dafydd. »Ich hatte das Gefühl, daß wir diese Information vielleicht einmal benötigen würden, daher habe ich aus dem Lehrling alles herausgeholt, was dieser über den Hof und den möglichen Aufenthaltsort von Giles und Brian wußte. Ich kann uns zu dem Schloß führen, in dem der König Hof hält. Ich bin mir allerdings weniger sicher, ob ich dort den Eingang finden könnte, der zu den Kerkern führt. Aber da wir unsichtbar sind, können wir das Schloß gewiß durchsuchen. Meint Ihr nicht auch, James?«
»Ja, durchaus«, erwiderte Jim.
Das königliche Schloß lag, wie sich herausstellte, ein gutes Stück weit entfernt. Es war vom Hafen aus, wo das Gasthaus lag, ein ziemlich langer Marsch mitten durch Brest bis in den Osten der Stadt. Da im Hafen reger Betrieb herrschte, wimmelte es auf den Straßen von Pferden und Männern, Rittern, Armbrustschützen, Bewaffneten und Dienern - die sie allesamt nicht sehen konnten und denen sie daher aus dem Weg gehen mußten. Aber endlich erreichten sie das Schloß. Am Haupteingang waren Wachen postiert, aber es war wahrhaftig nicht schwierig, zu warten, bis diese beiseite traten, um jemanden einzulassen, den sie kannten und dem die Gefährten dann folgen konnten. Sobald sie im Schloß waren, redeten sie miteinander nur noch im Flüsterton.
Zu spät war Jim auf den Gedanken gekommen, auch dafür zu sorgen, daß ihre Stimmen unhörbar wurden. Jetzt, da sie sich in dem Gebäude befanden, in dem der Hof selbst untergebracht war, wollte er nicht mehr das Risiko eingehen, Magie anzuwenden. Man konnte nicht wissen, welche Vorkehrungen Ecotti getroffen haben mochte.
Daher wartete er, bis sie sich in dem Gebäude befanden und sich eine Ecke suchen konnten, wo sie die Köpfe zusammenstecken konnten, ohne daß einer der Bewohner mit ihnen zusammenstieß. Als sie einen geeigneten Winkel gefunden hatten, zog er Secoh und Dafydd dicht an sich. Dann besprachen sie im Flüsterton, welchen Teil des Gebäudes sie sich als nächstes vornehmen wollten.
Das Schloß war ein sehr langer, weitverzweigter, vorwiegend einstöckiger Bau mit massiven Mauern, aus dem nur hie und da ein Turm oder ein zweistöckiger Flügel herausragte. Offensichtlich hatte man beim Bau keinen besonderen Plan verfolgt, und das Schloß war mal hier, mal dort erweitert worden, indem die jeweiligen Besitzer hinzufügten, was sie gerade benötigten.
»Der Lehrling glaubte zu wissen«, wisperte Dafydd, »daß die Quartiere von König Jean und seines unmittelbaren Gefolges ganz am Ende des Westflügels liegen.«
»Also gut«, sagte Jim, »versuchen wir es dort zuerst. Die Kerker sollten dort in der Nähe liegen, aber unter der Erde. Haltet trotzdem die Augen offen, falls ihr eine Treppe seht, die hinunterfuhrt. Dafydd, da Ihr mehr von diesem Ort wißt als Secoh oder ich, solltet Ihr vorangehen.«
»In Ordnung«, flüsterte Dafydd.
Er schlich los. Von seiner Unsichtbarkeit einmal ganz abgesehen war er ein erfahrener Waldläufer, der sich mit erstaunlicher Lautlosigkeit zu bewegen verstand, so daß er in diesem Schloß einen hervorragenden Führer abgab. Mit wachsamem Blick hielt er nach etwaigen Kreuzungen der Korridore Ausschau oder nach einem Ort, an dem sie vielleicht auf eine Menschenansammlung stießen, die ihnen den Weg versperren würde.
Wahrscheinlich war es eine Illusion, dachte Jim, aber die Wege innerhalb des Gebäudes erschienen ihm beinahe genauso lang wie ihre Wanderung durch die Straßen vom Hafen
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