Drachenseele (German Edition)
Magen, bevor Sie mich mit Ihrem medizinischen Gedöns zulabern, könnte ich eine Kleinigkeit zu Essen vertragen.“ Dr. Schneider presste die Lippen aufeinander. Marcus Bitte schien ihm überhaupt nicht in seinen Plan zu passen. Er nickte kurz und verließ daraufhin wortlos das Zimmer. Marcus atmete tief durch. Sein ungutes Gefühl diesem Arzt gegenüber nahm jetzt intensive Ausmaße an. Wenn er mit seiner Befürchtung, Dr. Schneider benutze ihn zu Forschungszwecken, richtig lag, dann sollte er hier schnellstens verschwinden. Gleich einem Faustschlag kam ihm ein G e danke. Dr. Schneider sah in ihm das Heimkind, ohne Verwan d te, ohne Freunde. Claras Anwesenheit musste ihm in diesem Fall ein Dorn im Auge sein. Entsprangen diese Empfindungen nur seiner Phantasie? Vielleicht versuchte er wirklich, vor der Wahrheit die Augen zu schließen. Es wäre unverantwortlich, seine Umwelt mit diesem hochgradig ansteckender Erreger zu konfrontieren. Er durfte das Krankenhaus nicht verlassen. Er befand sich in einer aussichtslosen Zwickmühle. Wenn wenig s tens Clara hier wäre, dann fühlte er sich diesem Dr. Schneider nicht so ausgeliefert. Vielleicht hatte der Mediziner diese Err e gergeschichte nur erfunden, um ihn hier festzuhalten. Ein raff i nierter Zug. Müsste er nicht zumindest leichte Anzeichen von einem Infekt haben? Weder Fieber noch Kopfschmerzen oder irgendwelche Symptome konnte er an sich wahrnehmen. Das stank doch zum Himmel. An dieser Tumordiagnose war ve r mutlich auch nichts Wahres dran. Die Tür wurde geöffnet. Ein Pfleger, ebenfalls in einen dieser Menschenkondome g e hüllt, brachte Marcus ein Tablett und stellte es auf dem Nach t tisch ab. Wortlos ging er wieder hinaus. Großartig. Durfte man jetzt nicht mal mehr mit ihm reden? Marcus hob den Deckel des Tabletts und fand fünf Scheiben Brot und reichlich Au f schnitt dazu.
Nach dem Essen kam Clara herein. Auch sie trug diesen Plastikschutzanzug. Ihre Augen sahen rot aus, als hätte sie viel g e weint. „Wie geht es dir?“ Ihre Miene blieb ungewöhnlich ernst.
„Verdammt, jeder fragt mich hier, wie es mir geht. Bis auf dieses Gefängnis mit Schaufenster fühle ich mich kein bisschen krank.“ Er setzte sich auf die Bettkante, ließ die Beine baumeln.
„Ich weiß!“ Clara ließ sich neben Marcus nieder. Das Plastik knisterte dabei. „Die Ärztin meinte, dein Körper kann ein paar Tage dagegen ankämpfen, bevor sich die Symptome zeigen. So wie es bisher aussieht, habe ich mich noch nicht angesteckt. Zur Sicherheit muss ich noch ein paar Tage hier bleiben.“
„Glaubst du das alles?“ Marcus sah sie von der Seite an. Er musste mit ihr über seine Bedenken reden.
„Ob ich den Ärzten glaube? Was soll die Frage? Nenne mir einen vernünftigen Grund, warum ich eindeutige Blutergebnisse anzweifeln sollte.“ Sie schluckte kurz. „Ich erkenne dich nicht wieder. Früher hast du den Tatsachen immer ins Auge gesehen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe es bereits vorhin versucht dir zu erklären. Ich habe ein beschissenes Gefühl diesem Dr. Schneider gegenüber. Diese ganze Aktion hier ist nur ein Trick, mich in sein Krankenhaus zu locken. Wo soll ich mir diese Erreger denn eingefangen haben? Überlege nur, ich war noch nie krank. Ich hatte ja noch nicht mal eine Erkältung oder eine von diesen üblichen Kinderkrankheiten. Das ist hier alles erfunden.“
Clara stellte sich vor Markus hin, beugte sich vor, um seinen Kopf zwischen die Hände zu nehmen. Sie suchte offensichtlich nach den richtigen Worten, dabei presste sie ihre Lippen aufeinander. „Ach Marcus.“ Sie verzog das Gesicht, Tränen kullerten ihre Wange hinab. „Halluzinationen gehören zu den ersten A n zeichen, verstehst du? Ich werde die Ärztin nach einem Beruh i gungsmittel fragen.“
Marcus riss ihre Hände aus seinem Gesicht. „Ich habe keine Halluzinationen.“ Für seine Vermutungen gab es keinerlei Beweise, niemand glaubte ihm. „Verdammt! Die letzte Stunde habe ich mir den Kopf darüber zermartert, ob ich dieses Gebäude jemals lebend verlassen werde.“
Sie flüsterte, als würde ihre Aussage dadurch an Gewicht verlieren. „Du wirst es nicht verlassen.“ Sie schloss für einen Moment die Augen, aus denen Tränen rannen. „Der Tumor z u sammen mit diesen Erregern“, ihre Nasenflügel bebten, „du hast keine Chance, Marcus.“
Diese Worte schienen ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Er fiel in eine bodenlose Hoffnungslosigkeit, die ihm die Luft zum Atmen
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