Draußen wartet die Welt
spüren.
»Ja«, sagte ich. »Meine Freundin Betty hat Platz für uns beide.«
Bevor wir das Restaurant verließen, hatte ich noch eine letzte Frage an meine Mutter. »Bist du hier, um mich nach Hause zu holen?«
Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Wir haben Mrs Aster gesagt, dass du den ganzen Sommer über für sie arbeiten wirst. Diese Abmachung werden wir einhalten.«
Ich war erleichtert. Sie hatte sich zwar nicht zu meinem Wunsch geäußert, noch länger zu bleiben, aber zumindest wusste ich nun, dass ich nicht vor Ende des Sommers nach Hause zurückmusste. Auf mehr konnte ich im Moment nicht hoffen.
Meine Mutter bezahlte für unser Mittagessen, und während ich sie zurück zum Bahnhof führte, begegnete ich den Menschen, die uns anstarrten, mit einem strahlenden Lächeln. Im Zug stellten wir den Koffer in den engen Fußraum und meine Mutter nahm ihren Korb auf den Schoß. Wir sprachen über zu Hause, und ich bemerkte, dass ich ganz hungrig nach Neuigkeiten über meine Familie und Freunde war. Ruthie war inzwischen eine sehr zuverlässige Hilfe bei den Fremdenabenden, und ich stellte überrascht fest, dass ich ein wenig neidisch darauf war, dass sie meinen Platz an der Seite meiner Mutter eingenommen hatte.
»Und wie geht es Daniel?«, fragte ich, obwohl ich mir nicht sicher war, welche Antwort ich eigentlich hören wollte.
»Es geht ihm gut«, antwortete sie und schaute mich an. »Er scheint die meiste Zeit allein zu sein. Er fragt nach dir, wann immer er in der Werkstatt vorbeikommt.«
Die Tonbandstimme verkündete, dass Evanston die nächste Haltestelle war. Ich hatte Mühe, den Koffer auf den Gang zu schleppen, und ging langsam bis zur Tür. Meine Mutter folgte mir. Wir standen nebeneinander und hielten uns am Geländer fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, als der Zug zum Stehen kam und die Türen sich öffneten.
Als wir Beths Haus erreichten, zeigte ich darauf. Meine Mutter sah es sich genau an, um alles in sich aufzunehmen. Dann lächelte sie mich an. »Ich bin bereit.«
Drinnen führte ich sie ins Gästezimmer, das wir uns teilen würden. Darin standen zwei Einzelbetten, die mit Quilts bedeckt waren, die Beth selbst genäht hatte. Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht meiner Mutter aus. »Meine Schwester quiltet noch?«
»Ja«, erwiderte ich und empfand ein seltsames Gefühl des Stolzes. »Es ist ihre große Leidenschaft.«
Sie legte ihren Koffer aufs Bett und öffnete ihn. Zuoberst lag eine strahlend weiße Kapp. Sie nahm ihre schwarze Haube ab, setzte die Kapp auf und rückte sie mit geübten Fingern zurecht. Ich sah ihr zu und wurde von einem Gefühl der Vertrautheit erfasst.
Ich setzte mich auf das andere Bett, während meine Mutter ihren kleinen Koffer auspackte, die Kleider und den Umhang aufhängte, ihre Nachthemden und Unterwäsche in einer Kommode verstaute und die Toilettenartikel und ihren Morgenmantel ins Badezimmer räumte. Mir wurde die Kargheit des Lebens meiner Mutter bewusst. Die Dinge, die sie auf ihre sechstägige Reise mitgenommen hatte, nahmen nur ein winziges bisschen Platz ein. Am Abend zuvor hatte ich Stunden damit zugebracht, meine Schubladen und meinen Kleiderschrank zu durchsuchen und mich zu entscheiden, was ich mitnehmen und was ich an welchem Tag anziehen wollte. Der Koffer, den ich mir von Rachel geborgt hatte, wölbte sich geradezu.
Als meine Mutter mit dem Auspacken fertig war, zeigte ich ihr das Haus. »Ich weiß noch, wie ich dachte, ich würde nie wieder ohne all diese Maschinen leben können«, sagte sie, als sie sich in Beths Küche umschaute. Sie hielt inne und sah mich an. »Aber es war wirklich kein Problem.«
Ich nickte verständnisvoll. Dann gingen wir ins Wohnzimmer, um auf Beth zu warten. Wir setzten uns Seite an Seite auf die Couch, ein wenig einander zugewandt. Hin und wieder wanderte der Blick meiner Mutter zur Haustür. »Erzähl mir von diesem Mann, den Beth geheiratet hat«, bat sie.
»Er ist sehr klug. Er ist Professor an der Universität. Aber er gibt mit seiner Klugheit nicht an. Du wirst ihn später kennenlernen. Er gibt heute Abend noch Unterricht, deshalb werden zum Abendessen nur wir drei Mädels hier sein.« Meine Mutter wirkte darüber erleichtert.
Im selben Moment hörte ich, wie ein Auto in die Einfahrt fuhr. Meine Mutter rutschte an die Kante der Couch und zupfte sich mit den Fingern geistesabwesend ihre Kapp zurecht.
Die Autotür wurde zugeworfen, und ich hörte eilige Schritte über den Weg huschen und dann
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