Draußen wartet die Welt
Vorstellung, dass ich ihm an die Universität folgen würde. Ich würde mich um das Baby kümmern, während er studierte. Es war töricht, ich weiß.«
»Was hat Matthew gesagt?«, fragte ich.
»Er hat all das gesagt, was ihr wahrscheinlich auch gerade denkt. Wo sollten wir leben? Wie sollte er die Schule zu Ende bringen, wenn er gleichzeitig für ein Baby sorgen musste?« Sie machte eine Pause und wir warteten schweigend ab. »Aber er war nicht gemein. Er hatte nur Angst. Er sah aus wie ein Kind, dem eine Tracht Prügel bevorsteht. Es war ganz und gar nicht die Reaktion auf meine großen Neuigkeiten, die ich mir von ihm gewünscht hatte.«
»Und das war’s?«, wollte Beth wissen. »Er ist einfach gegangen?«
»Nicht ganz. Er hat sich entschuldigt und geweint. Wir haben beide geweint. Dann hat er mich nach meiner Adresse zu Hause gefragt, damit er mir jeden Monat Geld für das Baby schicken konnte. Ich habe verstanden, dass er wollte, dass ich gehe. Und ich wusste, dass ich ihn nie wiedersehen würde.«
»Und was hast du dann gemacht?«, fragte Beth.
»Ich lag die ganze Nacht wach«, antwortete meine Mutter, »und habe Pläne geschmiedet. Ich habe in ein dickes Handtuch geweint, damit ich niemanden aufwecke. Am Morgen bin ich in die Stadt gegangen, habe mir eine Zugfahrkarte gekauft und ein Telegramm an unsere Eltern geschickt, um ihnen mitzuteilen, dass ich am nächsten Tag nach Hause kommen würde, weil der Schneider mich nicht mehr brauchte. Dem Schneider und seiner Frau erzählte ich, dass meine Familie mich zu Hause brauchte. Mein Leben war nur noch eine einzige Lüge.«
Ich erhob mich vorsichtig von meinem Stuhl und setzte mich neben meine Mutter auf die Couch. Sie legte ihren Arm um mich. »Es tut mir leid, Mom«, flüsterte ich.
»Es ist schon gut«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Jetzt ist alles gut. Ich gebe zu, dass ich eine Zeit lang geglaubt habe, ich stecke in einem Schlamassel, aus dem ich nicht mehr herauskommen würde. Aber am Ende hat sich alles zum Guten gewendet.«
»Wie?«, fragte ich.
Meine Mutter lächelte und wandte sich an Beth. »Nun, du hast es zwar damals nicht gewusst, aber du hast mir sehr geholfen. Gleich als ich nach Hause gekommen bin, habe ich dich gebeten, zu Amos zu gehen und ihm zu sagen, dass ich auf seine Laterne warten würde. Und tatsächlich: Kaum war ich an jenem Abend auf mein Zimmer gegangen, als ich auch schon seine Laterne draußen im Hof leuchten sah. Ich habe mich aus dem Haus geschlichen und dafür gebetet, dass Amos mich immer noch liebt und mich nach wie vor heiraten will. Wir sind zusammen zum Teich spaziert. Oh, er hat sich so gefreut, mich zu sehen.« Ihre Stimme erstarb.
»Und was hast du dann gemacht?«, wollte Beth wissen.
Meine Mutter antwortete mit fester Stimme: »Ich habe aufgehört, zu lügen. Ich habe ihm alles erzählt. Wenn wir wirklich ein gemeinsames Leben beginnen würden, dann wollte ich, dass es ein ehrliches Leben war.«
»Und wie hat er die Nachricht aufgenommen?«, fragte Beth sanft.
»Anfangs war er vollkommen still. Als er nichts sagte, habe ich ihn gefragt, was er denkt.« Ihre Stimme erstickte, als sie weitersprechen wollte, und sie unterbrach sich kurz. Wir lehnten uns noch weiter nach vorn. Sie atmete tief ein und begann erneut. »Er hat gesagt: ›Bevor ich dich bitte, mich zu heiraten, muss ich sicher sein, dass dieses Kind keinen anderen Vater haben wird als mich.‹«
»Und was hast du erwidert?«, flüsterte Beth.
»Ich habe gesagt, dass das Baby großes Glück hätte, ihn als Vater zu haben.«
Eine Träne lief meine Wange hinunter. Ich sah, wie Beth nach einem Taschentuch griff. Nur die Augen meiner Mutter blieben trocken. Ihr Gesicht wirkte mit einem Mal ganz friedlich. Genauso sah es immer aus, wenn sie das Tischgebet vor den Mahlzeiten sprach. Mir wurde bewusst, dass das Teilen ihrer Geschichte mit uns einem Gebet glich.
»Ich kann nicht glauben, dass das alles wirklich passiert ist und ich nicht die geringste Ahnung davon hatte«, sagte Beth. Sie klang völlig außer Atem, so als habe sie eine lange Wanderung hinter sich.
»Nun, zu Hause herrschte plötzlich sehr geschäftiges Treiben. Wir haben keine Zeit verloren, weil wir nicht wollten, dass es Gerede darüber gab, wie schnell das Baby nach der Hochzeit zur Welt kam. Nur einen Tag nachdem ich wieder nach Hause zurückgekehrt war, haben wir unseren Eltern erzählt, dass wir heiraten wollten. Mom hat sofort den Sellerie gepflanzt, während Dad mit dem
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