Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
Vom Netzwerk:
allerdings noch nicht können – und in dieser Phase lernen sollen –, ist, diese Handlungsziele wieder zu verwerfen oder zu verändern, zum Beispiel weil die Eltern gerade jetzt kein Eis kaufen wollen oder weil es doch noch nicht so recht gelingen mag, die Strumpfhose allein anzuziehen.
Da Kinder in diesem Alter ihren Bedürfnissen zumeist sprachlich noch nicht differenziert Ausdruck verleihen können und das Nichterreichen eines Zieles für sie eine große Frustration und eine emotionale Überforderung darstellt, können sie dieser zunächst nur mit Weinen, Schreien und Sich-auf-den-Boden-Werfen begegnen. Sie zeigen also jene Reaktionen, die wir Erwachsenen als »Trotz« interpretieren.
Eltern neigen dazu, hier das Handeln des Kindes gegen sie persönlich gerichtet wahrzunehmen. Dabei ist nichts, was Kinder besonders in dieser Phase tun, gegen uns Erwachsene gerichtet. Wenn wir diesem Trugschluss unterliegen, beginnt ein Machtkampf zwischen Eltern und Kind, der im Ergebnis nicht das mit sich bringt, was das Kind eigentlich braucht. Es geht für das Kind in diesen Momenten vielmehr darum, zu lernen, mit Frustration umzugehen und sprachliche Ausdrucksmittel für sein inneres Erleben zu erlangen. Die Autonomiephase ist somit eng an die Sprachentwicklung des Kindes gekoppelt, und Eltern können der Überforderung ihres Kindes begegnen, indem sie sowohl die Gefühle des Kindes als auch ihre eigenen benennen. Hierdurch lernt das Kind, seinen Gefühlen immer differenzierter Ausdruck zu verleihen, und die als Trotz wahrgenommenen Überforderungssituationen nehmen ab.
    Der Weg zu einem gehorsamen Kind ist nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Eltern zahlen hierfür einen hohen Preis. Zum Opfer fallen gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung. Und die Eltern berauben sich auch der Möglichkeit einer gemeinsamen Entwicklung. Der Weg wird von viel Ärger und vielen Konflikten gekennzeichnet sein, und es wird wahrscheinlich auch nicht ohne Gewalt, sicher aber nicht ohne Strafe gehen.
Strafen
Wenn Eltern mit ihren Kindern in einen Machtkampf geraten, beginnen sie häufig, Kinder zu strafen. Durch Strafen jedoch nimmt das unerwünschte Verhalten – gerade in der »Trotzphase« – nicht ab, sondern eher zu. Durch Bestrafung erklärt sich der Erwachsene zur Autorität – er hat die Macht und übt Kontrolle aus. Der eigene Wille des Kindes wird gebrochen, der Erwachsene gestärkt. Beim Kind können durch Strafen unerwünschte Verhaltensweisen unterdrückt werden bzw. erwünschte angewöhnt werden, eine eigene Erfahrung kann es jedoch nicht machen. Es lernt nur: Ich muss gehorchen, sonst erfahre ich Schmerzen. Kinder erleben durch Bestrafung Demütigung und Ablehnung. Sie erfahren, dass sie so, wie sie sind, nicht geliebt werden. Wird ein Kind häufig bestraft, so kann die Angst vor der Bestrafung zu einer Dauerbelastung führen. Durch ständige Bestrafung kann sich das Kind nicht nach seinen eigenen Bedürfnissen und Eigenheiten entwickeln. Es wird immer verängstigt sein, die eigene Meinung nicht sagen, wird Konflikten aus dem Weg gehen und sich nichts zutrauen.
    Spätestens jedoch in der Pubertät werden die Auseinandersetzungen dann eskalieren, denn allein mit Machtausübung und Strafen kommen wir Eltern dann nicht mehr weiter. Diese Zeiten sind dann vorbei. Das alles sollte man bedenken.
    Der andere Weg, ein selbstbewusstes, selbst denkendes, verantwortungsbewusstes Kind wachsen zu lassen, ist auch eine Herausforderung und bedeutet, dass Eltern einen Prozess in Gang setzen, der auch sie selbst betrifft – dass sie bereit sind, zu reflektieren und die eigenen Haltungen zu hinterfragen (und hinterfragen zu lassen), Positionen zu finden und diese auch authentisch zu vertreten.
    Das Neue ist, dass wir keine planmäßigen, zielgerichteten Erziehungsmodelle anwenden, sondern dass wir uns einlassen auf eine dynamische, authentische Beziehung zum Kind. Das wiederum setzt eine neue, ganz offene Haltung von Erwachsenen in der Beziehung zu Kindern voraus: dass sie nicht mit einer vorgefertigten Meinung oder Erwartung auf Kinder zugehen und nicht einfach festlegen, was für Kinder gut ist, sondern ihre Rückmeldungen und Signale beachten.
    Wir haben heute zwei Möglichkeiten:
    Wir lassen uns immer wieder neue Erziehungsmodelle »verkaufen«, denen zufolge für alle Beteiligten genau festgelegt und klar definiert ist, was passiert und passieren soll, die wenig Dynamisches ermöglichen und denen Funktionalität

Weitere Kostenlose Bücher