Du bist schön Marie (Geschichtentrilogie Band 1 Erotische Geschichten)
Sie war noch nicht oft geflogen. Nur zweimal mit so einer kleinen lauten Maschine nach Prag. Jetzt blickte sie begeistert durch das kleine runde Fenster. Die Maschine stieg noch immer. Das glänzende Weiß wurde golden überstrahlt von einer riesigen unsichtbaren Sonne. Märchenhaft.
Nur die Geräusche störten unangenehm ihre empfindlichen Ohren.
Else und Karl schien es nichts auszumachen. Karl freute sich wie ein kleines Kind und sog gierig die Schönheit des Himmels in sich auf. Es war sein erster Flug.
Else genoss den herrlichen Anblick auf ihre Weise. Immer wieder erzählte sie enthusiastisch von ihren anderen Flügen, die sie rund um die Welt geführt hatten. Insgeheim beneidete Lily sie ja. Ihre Träume starben nie. Und sie liebte das Fliegen über alles. Sie, Lily, konnte nicht sagen:
„Nur Fliegen ist schöner.“
Sie dachte an Nobert. Und die Liebe mit ihm. Die fantastische. Zügellose. Manchmal zu aufdringliche. Und dagegen war Fliegen gar nichts.
- Ich kann nicht sagen: 'Nur Fliegen ist schöner', schrieb Lily in ihr Reisetagebuch. - Wir sind in Madrid. Sitzen fest auf dem riesengroßen Flughafen. Haben keine Peseten. Niemand spricht deutsch. Gehetzt laufe ich mit dem deutsch-spanischen Wörterbuch, das ich noch im letzten Moment am Kiosk auf dem Flughafen Schönefeld gekauft habe, herum und radebreche, indem ich auf die Wörter zeige, irgendwelche unverständlichen Laute. So haben wir wenigstens herausgefunden, wo wir unser Gepäck lassen können. Mein Handgepäck ist schwer. Mein Bruderherz zu faul zum Tragen. Und kein Gentleman. Nobs wäre einer. Ich vermisse schon jetzt seine Aufmerksamkeiten. Er hätte mich nie etwas tragen lassen. Hat sich immer selbst bepackt wie ein Maulesel. Die Schließfächer befinden sich außerhalb des Flughafens, sicher abgesichert. Und Madrid ist kilometerweit entfernt vom Flughafen. Per pedes kommen wir also nirgends hin und müssen so die lange Zeit bis zum Weiterflug nach Buenos Aires, es sind sieben Stunden, in so etwas ähnlichem wie einem Café verbringen.
Peseten haben wir inzwischen eingewechselt und uns etwas zu Essen gekauft. So sitzen wir wie angenietet in dem Café. Mutti sieht aus wie eine reiche Spanierin mit ihrem sonnengegerbten, fröhlichen Gesicht und dem hellblauen Filzhut auf ihrem roten Haar und dem Modeschmuck, der überall an ihr herumbaumelt. Neuerdings hat sie ein Faible dafür. Karl, lässig eine Zigarette nach der anderen rauchend, sieht aus wie James Bond. Und ich wie Yvon aus der Olsenbande, mit grauen Leggins und einem dazu passenden Mantel, den ich in der Taille mit einem breiten, schwarzen Ledergürtel zusammengehalten habe, und den schwarzen Siebzigerjahre Lackschuhen mit der großen Schnalle. Ein Bild für die Götter. Hahahaha…-
Lily, Else und Karl saßen in einem kleinen Bistro auf dem Flughafen und erzählten sich lustige Anekdoten aus ihrem Leben, um sich so die lange Wartezeit zu vertreiben. Zwischendurch musste immer wieder einer von ihnen ganz dringend die Toilette aufsuchen oder lief neugierig die langen Gänge entlang. So verging die Zeit.
„Wie spät ist es eigentlich?“, fragte Karl irgendwann.
Else sah auf ihre Glitzeruhr und sagte:
„Zehn Uhr.“
„Genau. Zehn Uhr“, bestätigte Lily, nachdem sie einen flüchtigen Blick auf ihre Glitzeruhr geworfen hatte. „22 Uhr.“
„Dann wird es ja langsam Zeit für uns.“
Karl drückte seine Zigarette im Ascher aus und stand auf. Else und Lily schlenderten hinter ihm her, zum Transitraum.
In der Pass- und Zollkontrolle wurde Karl mehrmals zurückgeschickt, weil immer etwas nicht Ordnung war. Was, konnte niemand sagen. Jedenfalls piepte es immerzu, wenn er die Kontrolle passieren wollte. So dauerte es seine Zeit, bis sie endlich abgefertigt waren.
„Was hat denn bei dir so gepiept?“ Lily tippte Karl an die Stirn. „Piep. Piep.“
„Kleingeld“, witzelte Karl und tippte Lily an die Stirn. „Piep. Piep.“
Sie lachten übermütig und schlenderten weiter. Sie hatten ja noch so viel Zeit bis zum Weiterflug. Plötzlich sahen sie eine Uhr an der Wand. Die Zeiger leuchteten provozierend.
„Guckt mal“, sagte Karl ganz ruhig. „was ist denn das?“
„Eine Uhr“, lachte Lily.
„Eine Uhr.“ Karl war ruhig und gefasst. „Und guckt mal genau hin, wie spät es ist.“
Lily und Else guckten genau hin und staunten. Na, so was. Es war genau eine Stunde später, als es sein sollte.
„Das Flugzeug!“, rief Else. „Schnell.
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