Dungirri 01 - Schwarze Dornen
Streicheleinheiten anbetteln.
Und dann Alec.
Sie legte die Wange an Tanyas Haar. Solange noch ein Atemzug in seinem Körper war, so lange würde Alec nicht aufhören, nach ihnen zu suchen, um das Versprechen einzulösen, das er Beth und Ryan gegeben hatte. Denn so ein Mensch war er: bis ins innerste Wesen durchdrungen von Ehre und Integrität, und er hatte sein Versprechen nicht leichtfertig gegeben.
Sie verdrängte die Erinnerung daran, wie er ins Feuer zurückgerannt war, verdrängte die Möglichkeit, dass er tot sein oder schwere Verbrennungen erlitten haben könnte. Nein, sie stellte ihn sich dort draußen vor, wie er nach ihr suchte. Wie er führte, koordinierte, alle im Team arbeiten ließ, jedem Hinweis nachging.
Sie lauschte nach einem Geräusch, doch nur Tanyas Atem und ihr eigener durchdrangen die schwarze Stille.
»Sie werden kommen, Tanya«, flüsterte sie dem Mädchen zu. »Es sind gute Menschen, starke Menschen, und sie werden nicht aufgeben. Und ich auch nicht.«
Alle waren gekommen, die gesamte Einwohnerschaft von Dungirri drängte sich in der Bar des Pubs, und etliche fanden nur draußen auf dem Hinterhof Platz. Männer und Frauen in SES-Uniformen oder in Rotary- und CWA-Jacken; Viehtreiber und Züchter und ehemalige Holzfäller gemeinsam mit den Frauen, die mit ihnen zusammenarbeiteten; Jugendliche und Kinder. An einem Tisch im Hinterhof saßen Delphi und die Wilsons zusammen mit Mark Strelitz und Jeanie.
Als Alec den Hof betrat, verstummten alle und wandten sich ihm zu. Still und ernst erwarteten sie die Neuigkeiten.
Nur Finn, der neben Delphi saß, blieb nicht ruhig, er sprang auf, bellte und zerrte an seiner Leine.
Alec bahnte sich einen Weg zum Tisch, an dem Delphi und die Wilsons saßen, und konzentrierte sich allein auf diese Gruppe. Ryan hielt seine jüngste Tochter auf dem Schoß, im Arm hielt er Beth und ihre mittlere Tochter. Delphi, mit kerzengeradem Rücken und starren Schultern, hielt die Hände auf dem Tisch fest verschränkt.
Mark stand auf und machte ihm Platz. Alec dankte ihm mit kurzem Nicken, setzte sich und spürte dumpf die Erschöpfung, die an seinem Körper zerrte, nachdem das Adrenalin, das ihn angetrieben hatte, langsam verschwand.
»Wir haben sie noch nicht gefunden.« Die drängendste, unausgesprochene Frage beantwortete er zuerst. »Sie waren nicht in den Höhlen. Aber wir sind überzeugt - ich bin sicher -, dass sie noch leben.«
Alle atmeten auf, und mit bebenden Schultern barg Beth den Kopf an der Brust ihres Mannes.
»Darren?«, fragte Jeanie.
»Er ist … tot. Er hat sich erschossen.«
Wieder tanzte das Bild des lachenden Oldhams, der sich die Pistole an die Schläfe setzte, durch seine Gedanken, und seine Kehle brannte. Hass hatte einen Geschmack, das hatte er in der vergangenen Stunde gelernt, und er war heiß, bitter und gemein.
»Aber warum der Notarzt?« Das war Mark. Niemand sonst schien Worte zu finden.
»Detective Fraser wurde ins Bein geschossen. Er kommt durch.«
In Wellenbewegungen breitete sich die Nachricht in taktvollem Flüstern aus, er aber achtete nur auf die Gruppe um ihn herum. Sie brauchte ihn am nötigsten.
Eine Träne fiel von Delphis Wange auf den Tisch, und dieser winzige Tropfen besänftigte die tobende Wut in ihm ein wenig. Delphi, die auf der Welt nur Bella hatte, weinte aus Angst um die Nichte, mit der sie den Stolz und eisernen Willen aber auch die Verschlossenheit teilte. Sie brauchte seine Menschlichkeit, er durfte seine Energie nicht auf Hass und Wut verschwenden. Alec streckte die
Hand aus und schloss sie um ihre rauen Finger, und obwohl die Geste sie hatte trösten sollen, bezog auch er eine seltsame Kraft aus dieser schlichten Berührung.
»Sie leben«, wiederholte er, ebenso für sich selbst wie für sie. »Das gehörte zu Oldhams Spiel, aber jetzt kann er ihnen nichts mehr tun. Wir müssen sie nur noch finden.«
»Sagen Sie uns, wie wir helfen können und was Sie brauchen«, forderte Mark.
Was brauchte er? Wie konnte er all diese Menschen sinnvoll zur Unterstützung einsetzen? Er dachte nach. Einige von ihnen hatten ihr gesamtes Leben hier verbracht, entstammten Familien, die schon seit Generationen hier ansässig waren - wie Oldham.
Er stand auf, drängte sich durch die Menge und stieg auf einen Tisch in der Nähe der Tür, wo die meisten Leute ihn sehen konnten.
Das Gemurmel verstummte, und jeder wandte sich ihm gespannt und erwartungsvoll zu. Normale Menschen. Menschen, die im Lauf des letzten Jahres
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