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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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ihr trotzdem nie gehören, selbst wenn sie ihm ihre Seele schenkte und alles für ihn tat. In seinem Herz wohnte etwas anderes, ein verzehrender Hass.
    All die Frauen, die James Nacht für Nacht mitbrachte, sie stellten keine Gefahr dar. Früher oder später hatte er noch jede wieder fortgeschickt, ihre Träume platzen lassen wie eine Seifenblase. Nur Talamara blieb. Und sie liebte ihn. Er hatte sie gekauft und nun gehörte sie ihm. Sie sah zu, wie seine Mutter ihn sanft auf die Wange küsste. Eine zarte, aristokratische Frau, die sich würdevoll die Tränen des Abschieds abtupfte. Nun kam Lord Fayford an die Reihe. Er redete ernst auf seinen Sohn ein. James Haltung verriet eine leichte Ungeduld. Talamara richtete den Blick für einen Moment auf die tuschelnden Damen. Schon stieg die Eifersucht wieder hoch. Diese naiven Gänse, die James so anhimmelten, was wussten sie schon von ihm? Sie sahen nur den schönen jungen Mann, der auf eine abenteuerliche Reise ging. Für ihn bedeutete es viel mehr als ein Abenteuer. Doch er sprach nie mit ihr von den Dingen, die ihn beschäftigten. James musterte sie kurz über die Menge hinweg. Sie fühlte eine Welle der Erregung durch ihren Körper laufen. Aus dieser Entfernung wirkten seine Augen fanatisch, vielleicht schien es ihr auch nur so. Talamara dachte an die vergangene Nacht mit ihm.
    "Die Macht über einen Menschen ist wie ein Rausch", hatte er ihr zugeflüstert. „Und nie kann man genug davon haben.“
    Alle r Augen folgten ihm, als er die Gangway hinauf marschierte, schmuck in seiner Uniform und mit dem Degen um die schmalen Hüften. Talamara vermisste ihn schon jetzt schmerzhaft.
    Die Leute winkten, einige weinten um ihre Lieben, die sie lange nicht wiedersehen würden. Die Matrosen hatten kaum Zeit, zurückzuwinken. Es war keine Vergnügungsfahrt, sie fuhren in den Krieg. James hatte das Kommando über eine kleine Flotte erhalten, welche die britischen Kolonien in Übersee unterstützen sollte. Das war keine leichte Aufgabe, sie würden von Anfang an fast ganz allein auf sich gestellt sein. Doch sie hatten ein hervorragendes Schiff, es war eine nagelneue Konstruktion. In Plymouth sollte der Rest der Flotte zu ihnen stoßen. Danach stand dann die Atlantiküberquerung an, zu jeder Jahreszeit ein Risiko.
    James s tellte sich neben den Steuermann und behielt das Ufer der Themse im Auge. Der Fluss war nicht breit genug, um darauf großartige Manöver zu machen. Aber der Steuermann verstand seine Arbeit und James konnte sie ihm letztendlich ganz überlassen. Nachdenklich betrachtete er die vorbeiziehende Landschaft. Sein Bemühen der vergangenen Monate war erfolgreich gewesen. Er hatte an Macht gewonnen, man kroch ihm zu Füßen und heischte um Aufmerksamkeit. Lord Fayford hatte gehofft, sein Sohn werde nun in London bleiben und noch mehr Macht erringen. Er verstand nicht, warum es James auf das Meer hinauszog. Wie konnte er auch von der Sucht wissen, die das Meer auslöste? Niemals hatte er auf einem Schiff gestanden und hatte sich über die glitzernde Fläche hinweg schweben sehen. Dort fühlte man sich wirklich lebendig. Der Lord schien nur seine Welt zu kennen, das Intrigen spinnen und das Spiel um die Macht. Doch weiter draußen gab es noch eine andere Macht und diese zog James fort, weg vom Hof, obwohl er damit das Wagnis einging, Zeit und Macht zu verlieren. Ein kleines Lächeln verzerrte seinen Mund, als er an die Ekstase der Macht dachte.
     
    Edward hockte mit William auf dem Schoß an Deck. Ramis beriet sich soeben mit dem Schiffsrat, der wie zu Bess Zeiten in ihrer Kajüte tagte. Da William die Gespräche gestört hätte, nahm Edward ihn mit nach draußen. Heute war eine sternenklare Nacht und so zeigte Edward dem Kleinen die Sternbilder am Himmel. Zwar war William noch kein Jahr alt und verstand nicht, was man ihm erzählte, aber Edward hielt überhaupt nichts davon, mit Babys in Brabbelsprache zu sprechen. Das erinnerte ihn zu sehr an die Frauen, die sich mit ihrem süßlichen Parfüm über ihn gebeugt hatten und sich albern aufgeführt hatten, auch als er schon vier Jahre alt gewesen war. Er hatte das immer gehasst. Als er älter und ungezogener wurde, fanden sie ihn auf einmal nicht mehr niedlich. Und doch hatte er ihre Hände nicht vergessen, diese klebrigen Finger, mit denen sie ihren Freiern Vergnügen verschafft hatten.
    "Wie süß! Ach, wie unschuldig!" , säuselten sie dann.
    Dabei war er nie unschuldig gewesen. Er war schon sündig auf die Welt

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