Dunkler Grund
bin der Anwalt von Mrs. Farraline. Ich bin gekommen, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Ich nehme an, Sie haben von ihrem kürzlichen Tod erfahren?«
»Kenne keine Mrs. Farraline«, erwiderte Arkwright sofort, aber in seinen Augen flackerte es. Er log ebenfalls.
»Sonderbar«, sagte Monk und lächelte, nicht freundlich, sondern selbstzufrieden. »Wo Sie doch in ihrem Haus leben.«
Arkwright erblaßte, verzog jedoch keine Miene. Er beobachtete Monk wachsam. »Keine Ahnung, was für ’n Name auf der Urkunde steht, aber ich hab’ die Bude von einem Mann namens McIvor gepachtet, und das geht sie einen feuchten Dreck an, Mr. Crow.«
Monk hatte sich nicht vorgestellt, aber den Spottnamen für einen Anwalt kannte er wohl.
Er hob skeptisch die Augenbrauen. »Sie zahlen die Pacht an Mr. McIvor?«
»Ja. So ist es.« Arkwright wirkte streitlustig, aber unsicher.
»Wie?« wollte Monk wissen.
»Was meinen Sie damit, wie? Mit Geld natürlich. Was ha’m Sie gedacht? Mit Kartoffeln?«
»Wie machen Sie das? Fahren Sie nach Inverness und bringen einen Geldbeutel zum Nachtzug nach Edinburgh? Wie oft? Wöchentlich? Monatlich? Das dauert doch ’n paar Tage.«
Arkwright fühlte sich in die Enge getrieben. Einen Moment lang schien es, als wolle er Monk mit einem Faustschlag niederstrecken, doch angesichts der schlanken, geschmeidigen Gestalt seines Gegenübers überlegte er es sich anders.
»Das geht Sie nichts an«, knurrte er. »Ich stehe nur Mr. McIvor Rede und Antwort, nicht Ihnen. Woher soll ich wissen, wer Sie sind, oder daß diese Mary Soundso wirklich tot ist?«
Kurz flackerte der Triumph in seinen Augen auf. »Sie können ja sonstwer sein!«
»Möglich«, stimmte Monk zu. »Ich könnte von der Polizei sein.«
»Von der Schmiere?« Er erblaßte. »Und weshalb? Ich bin ’n Bauer. Das is ja wohl nich’ verboten. Sie sind nich’ von der Schmiere, Sie sind bloß ’n vorlauter Mistkerl, der besser auf sein Mundwerk aufpassen sollte!«
»Vielleicht interessiert es Sie zu erfahren, daß Mr. McIvor das Geld, das Sie immer brav zum Zug gebracht haben, nie weitergegeben hat?« Monks Frage triefte vor Sarkasmus.
Arkwright versuchte sich an einem spöttischen Lächeln, doch dahinter flackerte eine seltsame Angst.
»Das ist ja wohl sein Problem, oder?«
Plötzlich hatte Monk begriffen, daß Baird McIvor diesen Arkwright niemals verraten würde, und daß Arkwright sich dessen absolut sicher sein konnte. Aber wenn Baird die Kontrolle über das Anwesen verlieren würde, dann wäre es auch für Arkwright verloren. Erpressung. Das war die einzig schlüssige Antwort. Warum? Womit? Woher kannte dieser Kerl einen Gentleman wie Baird McIvor?
Betont beiläufig zuckte Monk die Schultern und drehte sich um, als wollte er gehen.
»McIvor wird’s mir schon erzählen«, bemerkte er selbstgefällig. »Der verpfeift Sie sicher.«
»Nee, das tut er ganz bestimmt nich’!« erwiderte Arkwright siegesgewiß. »Das wagt er nich’, weil er sich damit selber reinreitet!«
»Quatsch! Wer würde Ihnen denn schon glauben? Und ob der sie verpfeift. Er muß schließlich für das Geld geradestehen.«
»Jeder, der lesen kann, wird mir glauben«, höhnte Arkwright.
»Hab’ ich alles schriftlich. Und außerdem hat er noch die Striemen vom Schrittschleifer auf ’m Hintern!«
Gefängnis. Das war also die Antwort. Baird McIvor hatte irgendwann einmal im Gefängnis gesessen. Wahrscheinlich wußte Arkwright darüber Bescheid, weil er mit ihm zusammen gesessen hatte. Vielleicht hatten sie Seite an Seite im »Schrittschleifer« gestanden, dieser fürchterlichen Maschine, besser bekannt wohl unter der Bezeichnung Tretmühle, eine Vorrichtung, in die man die Häftlinge jeweils eine Viertelstunde lang einspannte und in der sie ein Rad mit vierundzwanzig Sprossen treten mußten, das mit einer langen Achse und einem raffinierten Arrangement von Wetterfahnen verbunden war, die sich immer in genau der richtigen Geschwindigkeit drehten, um für maximale Erschöpfung und Atemnot zu sorgen. Der Spitzname rührte von den Schmerzen her, die ein ledernes Geschirr verursachte, an dem die zartesten Hautpartien der Häftlinge sich rieben.
Hatte Mary Farraline das gewußt? Oder hatte er sie töten müssen, um sein furchtbares Geheimnis zu bewahren, so wie er Arkwright mit einem pachtfreien Bauernhof zum Schweigen gebracht hatte? Es erschien so offensichtlich, daß es kaum zu bestreiten war.
Warum schmerzte es Monk? Wollte er einen anderen Mörder haben? Das war
Weitere Kostenlose Bücher