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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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jeder einzelnen Zelle vorhanden sind. Das wirft neue Fragen auf: Gibt es ein übergeordnetes Zellengedächtnis? Werden auch Gefühle und Erinnerungen des Menschen in jeder Zelle gespeichert? Um diese Fragen zu beantworten, ist es nützlich z. B. eine Herzzelle mit Gehirnzellen zu vergleichen.
    Die moderne Wissenschaft nimmt an, dass die Zellen im Gehirn in komplexen Netzwerken von Feedbackschleifen lernen. So erzeugen sie mit der Zeit eine integrative, systemische Erinnerung. Aber gilt das nur für Gehirnzellen?
    Das Herz ist das Organ, das über die Blutzirkulation biochemische Nährstoffe in jede Körperzelle pumpt. Pumpt es gleichzeitig auch Energie- und Informationsstrukturen in die gleichen Zellen?
    Im Elektrokardiogramm kann das elektrische, vom Herzen erzeugte Potenzial erkannt werden und aufgrund der Volumenleitung von jeder Stelle des Körpers abgelesen werden.
    1995 entdeckte Dr. Ming-He Huang, ein Forscher an der Harvard Medical School in Boston, einen neuen Zelltypus im Herzen. Diese so genannten ICA-Zellen, die eine magnetische Eigenschaft aufweisen, vermutete man bis dato ausschließlich im Gehirn. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es zwischen Herz- und Gehirnzellen eine elektromagnetische Verbindung geben könnte. Wenn wir also voraussetzen, dass alle Zellen Wissen und Energie speichern, kann gerade das Herz, wegen seiner zentralen Lage, an solchen Prozessen besonders beteiligt sein und eine Art Zellgedächtnis aufweisen. Die alte Weisheit, etwas tief im Herzen zu wissen, ist vielleicht nicht nur eine geläufige Redensart.
     
    Mein Zellgedächtnis scheint nicht besonders ausgeprägt zu sein, denkt Maria Teske, denn sie hat gerade nichts von dem gelesenen Inhalt begriffen. Erleichtert sieht sie das Essen kommen und steckt das Papier in ihre Tasche zurück. Gleichzeitig schrickt sie zusammen, weil ihr Herz zu stolpern scheint und dann zu rasen beginnt. Auf ihrer Stirn bilden sich Schweißperlen. Sie kramt hastig einen Tablettenstreifen hervor, drückt eine 10-mg-Valium heraus und schluckt sie mit dem Orangensaft hinunter. Gleichzeitig schweifen ihre Gedanken hektisch zu der bevorstehenden Pressekonferenz und sie bemerkt, dass sie ihr Essen schon wieder gedankenlos in sich hineinschaufelt. Darüber thront die Angst, wie lange sie diesen Zustand noch aushalten wird.
    Du bist ein elendes Gedankenmonster!
    Sie geht an die Kasse, bezahlt und stürmt auf die Straße. Die feuchte Kälte, die über Husum liegt, empfängt sie vor der Tür. Fünf Minuten später tritt sie in die Drehtür am neuen Rathaus und drückt sich nach drinnen. Die Türen zum großen Saal stehen offen und der Raum hat sich bereits mit Journalistenkollegen gefüllt. Maria Teske sieht die altbekannten Gesichter und begrüßt, indem sie kurz die Hand hebt, Fred Petermann vom Lokalradio. Auf dem Podium am Kopfende des Raums sitzen Hauptkommissar Jan Swensen und Dr. Ulrich Rebinger, der bereits das Wort ergriffen hat. Als er die Journalistin erblickt, verfinstern sich seine Gesichtszüge.
    Immer noch nachtragend, der feine Herr Staatsanwalt, denkt Maria Teske spürbar benommen von dem Valium.
    Wenn hier einer Grund hat, sauer zu sein, dann bin ich das.
    Sie nimmt demonstrativ auf einem leeren Stuhl in der ersten Reihe Platz.
    Der hat schließlich im letzten Jahr hinter meinen Rücken bei Think Big interveniert, um einen unliebsamen Artikel über seine Person aus der Zeitung zu kicken.
    Das schmale Gesicht des Staatsanwalts wirkt grau und genervt. Er beugt sich angespannt über sein Mikrofon.
    »Der Täter ist mit äußerster Brutalität vorgegangen. Am Tatort im Innenraum der Witzworter Kirche bot sich unseren Polizeibeamten ein schreckliches Bild. Die Getötete ist mit sechs Messerstichen attackiert worden, von denen zwei das Opfer tödlich verletzt haben. An weiteren Verletzungen waren Spuren einer massiven Würgehandlung vorhanden, die noch zu Lebzeiten gesetzt worden sind. Das Spurenbild ergab, dass das Opfer sich nicht gewehrt hat. Im Blut wurden nur 0,3 Promille Alkohol gefunden. Aber dafür ergab die toxikologische Untersuchung Restspuren von Oxybaten, welches in den sogenannten K.-o.-Tropfen enthalten ist. Das Opfer wurde also mit Sicherheit im Vorfeld der Tat von dem Täter betäubt.«
    »Von den Eltern der Ermordeten wissen wir, dass ihre Tochter am 21. Februar zum Biikebrennen nach Simonsberg unterwegs war«, ergänzt Hauptkommissar Swensen. »Sie soll sich mit einer Freundin verabredet haben. Diese Angabe hat sich

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