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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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nach unserer Ermittlung nicht bestätigt, denn die Freundin wusste nichts von dieser Verabredung. Die Kriminalpolizei geht deshalb davon aus, dass die junge Frau heimlich auf eigene Faust losgezogen ist. Wahrscheinlich wollte sie per Anhalter dort hinkommen.«
    »Wir bitten deshalb jede Person, die in der Zeit von 16 bis 20 Uhr in Oldenswort, Witzwort oder Simonsberg irgendetwas beobachtet hat, zum Beispiel ein fremdes Fahrzeug, oder eine Frau, die in ein fremdes Fahrzeug gestiegen ist, dieses unverzüglich der Polizeidienststelle Husum zu melden«, beschwört Rebinger weiter.
    »Handelt es sich um ein Sexualdelikt?«, ruft einer der Journalisten aus der hinteren Reihe dazwischen.
    »Das können wir selbstverständlich nicht ausschließen, wir konnten allerdings keine Spermaspuren am Opfer sicherstellen.«
    »Gibt es sonst irgendwelche Hinweise auf den Täter?«, hakt der Mann nach.
    »Unsere Laboruntersuchungen haben bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Spuren, die auf den Täter hindeuten, ergeben.«
    »Herr Swensen«, meldet sich Maria Teske, »soweit ich das mitbekommen habe, handelt es sich bei der Ermordeten um ein 18-jähriges Mädchen?«
    »Das haben sie richtig mitbekommen, Frau Teske«, antwortet der Hauptkommissar.
    »Und soweit ich mich erinnere, gab es vor einigen Jahren schon einmal einen Mordfall in Nordfriesland, bei dem eine junge Frau ermordet wurde.«
    »Frau Teske, Sie sind mit ihrer Vorliebe für Spekulationen nicht ganz unbekannt. Also bleiben Sie bitte bei der Sache!«, fährt der Staatsanwalt mit ungewohnt scharfer Stimme dazwischen.
    »Ich bleibe grundsätzlich bei der Sache, Herr Rebinger!«, sagt die Journalistin mit einem verächtlichen Seitenblick. »Mich interessiert, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Mordfall in Witzwort und diesem ungeklärten Mord vor einigen Jahren geben könnte.«
    »In diesem Fall kann ich dem Herrn Staatsanwalt nur beipflichten«, übernimmt Swensen die Situation erneut. »Wenn die Kriminalpolizei einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen sehen würde, hätten wir das hier bekannt gegeben. Das ist im Moment aber nicht der Fall. Also, meine Damen und Herren von der Presse, berichten Sie bitte nur über unsere Ermittlungsergebnisse und lassen Sie sich nicht zu irgendwelchen Vermutungen hinreißen. Ich danke Ihnen. Die Pressekonferenz ist damit beendet.«
    »So geht das aber nicht!«, wehrt sich Maria Teske. »Die Bevölkerung hat so lange Angst, bis sie handfeste Ergebnisse bekannt geben. Jeder weiß, dass der Täter jederzeit wieder zuschlagen könnte.«
    »Sehen Sie, meine Damen und Herren«, bellt Staatsanwalt Rebinger. »So können Sie die Menschen in Panik versetzen. Dafür besteht aber überhaupt kein Grund. Sie wissen jetzt genau das, was auch wir wissen. Keine weiteren Fragen bitte!«
    Im Saal setzt allgemeines Gemurmel ein. Maria Teske findet die Luft im Raum plötzlich stickig, eilt hastig aus dem Gebäude und atmet tief durch.

April 2003
    Jan Swensen erwacht aus dem Tiefschlaf und spürt, dass ihm kalt ist. Irgendwie muss er im Schlaf die Decke weggestrampelt haben. Die Fensterläden sind geschlossen und es ist stockdunkel im Raum, aus der Ferne schimmert die Zeitangabe des Digitalweckers herüber, 7.27 Uhr.
    Dein erstes freies Wochenende nach über einem Monat, und du wachst wie gewohnt um halb acht auf, denkt der Hauptkommissar leicht ungehalten. Neidisch hört er auf die gleichmäßigen Atemzüge von Anna, die an einem Wochenende gewöhnlich nichts vor zehn aus dem Schlaf bringen kann. Er zieht die Bettdecke wieder zurecht, kuschelt sich ins Kissen und schließt die Augen. Das Konzert der Vögel hat fast die Fülle einer Beethoven Symphonie erreicht. Nach kurzer Zeit wird ihm klar, dass er nicht wieder einschlafen wird, denn viel zu intensiv drängen sich die Erinnerungsfetzen der letzten Wochen in seinen Wachzustand. Er versucht, dem Wirrwarr mit seinem Verstand beizukommen, die Bilder und Fakten innerlich zu ordnen, sie in einen linearen Verlauf zu zwingen. Doch der Dauerdienst, die täglichen Überstunden bis spät in den Abend, Woche für Woche, haben seine Konzentrationsfähigkeit angegriffen.
    »Eine junge Frau ist ermordet worden«, hatte Jean-Claude Colditz eine der allerersten Frühbesprechungen begonnen. »Es wurden K.-o.-Tropfen in ihrem Blut nachgewiesen. Das ist unsere vorrangige Spur! Trotzdem, bevor wir uns nur darauf stürzen, etwas Allgemeines zur Erinnerung vorweg, Kollegen. In den meisten Fällen geht einer solchen Tat

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