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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Trampeln einer ganzen Herde Dickhäuter. Mein Vorteil, so überlegte ich eine Sekunde lang, ist die Dunkelheit und meine genaue Kenntnis dieses alten Gemäuers. Ich spürte keine Furcht, eher so etwas wie eine konzentrierte Neugier, und lächerlicherweise dachte ich auch: Wer soll uns schon etwas wollen?
    Da verlor ich den Vorteil der Dunkelheit. Die Küchentüre ging auf, und das Licht fiel auf mich.
    Es waren drei Männer, und sie wirkten trotz meiner leicht erhöhten Position sehr groß. Sie trugen dunkle Pullover, die am Hals nahtlos in eine Kopfhaube übergingen und die hierzulande nur von den Sondereinsatzkommandos der Bundeswehr, des Grenzschutzes oder der Polizei getragen werden. Die Hauben hatten im Gesicht nur einen schmalen Sehschlitz.
    »Sieh einer an, der Baumeister«, sagte der erste knödelig und machte einen Schritt nach vorn.
    »Guten Morgen«, entgegnete ich lahm, weil mir nichts Besseres einfiel. »Kann ich etwas für Sie tun?« Erst jetzt bemerkte ich, daß jeder einen Baseballschläger in der Hand hatte.
    »Wir wollen mal nach dem Rechten sehen«, fuhr der erste fort. »Wir haben gedacht, wir machen mal eine Tour in den Eifelschnee.«
    »Das ist schön«, sagte ich. »Wir lieben Touristen. Besonders, wenn sie durchs Fenster kommen.«
    »Der hat Nerven«, staunte ein zweiter, wobei ich nicht ausmachen konnte, wer es sagte.
    »Bauernland ist immer gut für die Nerven.« Ich wußte genau, daß sie nicht gekommen waren, um zu plaudern. Dieser friedliche Zustand würde in den nächsten Sekunden enden. Also griff ich an. »Was soll der Scheiß?« fragte ich.
    Sie ließen sich nicht auf einen verbalen Streit ein, der erste hob den Baseballschläger und zischte: »Wir bringen dir schöne Grüße, du Schwein.« Dann schlug er wischend zu, verfehlte mich aber, weil ich ganz automatisch eine Treppenstufe nach oben ausgewichen war.
    »Ach du lieber Gott«, stöhnte ich. »Mamis Lieblinge wollen sich prügeln. Pumpt ihr mir einen von euren Schlägern?«
    Er schlug wieder zu, ich stand jetzt vier Stufen über ihm, und sein Schlag glitt an einem Pfosten der Treppe ab.
    »Du sollst dich raushalten, Opa«, knurrte er. Dann drehte er leicht den Kopf und setzte hinzu: »Ihr könnt ja schon mal die Möbel zurechtrücken.«
    Einige Sekunden lang herrschte Stille, dann sagte einer der beiden anderen: »Na gut.« Er ging in die Küche. Ein wahnwitziger Krach setzte ein, als er mit dem Schläger die Glasscheiben im Küchenschrank einschlug und anschließend das uralte Bauernregal mit dem Tongeschirr von der Wand fegte. Der Dritte war wohl gleich in die große Stube gegangen. Das erste, was ich wahrnahm, war der Knall, mit dem er das Kristallglas von der alten Standuhr zerschmetterte. Das Läutwerk der Uhr schwang mit und erzeugte einen seltsam schmerzlichen Laut.
    »Schweine«, schrie ich, während ich den nächsten Schlag kommen sah und eine weitere Stufe ausweichen mußte.
    »Ich vermute da oben die Hure, mit der du immer bumst«, sagte der Schläger. Er war sehr siegessicher. »Wir sind extra gekommen, um sie zu besuchen.«
    »Das versuch mal«, entgegnete ich. »Aus welcher Sache soll ich mich übrigens raushalten?«
    »Du weißt schon, aus welcher«, sagte er.
    Ich wußte, daß er auf gleicher Ebene ungleich stärker sein würde mit dem Prügel in der Hand. Ich durfte einfach nicht zulassen, daß er mich die Treppe bis ans Ende hinauftrieb.
    »Hast du Ole das Genick gebrochen?« fragte ich leise.
    Er antwortete nicht, schlug nicht mehr, er versuchte mit dem Baseballschläger eine stechende Bewegung. Er erwischte mich am linken Oberschenkel, weil es zu plötzlich kam und ich nicht damit gerechnet hatte. Ich befand mich noch drei Stufen über ihm.
    »Hast du Betty auch das Genick gebrochen? Als sie sich nicht wehren konnte? Du wirkst wie ein Feigling, du könntest es gewesen sein. Außerdem hast du kein Hirn, das sieht man trotz dieser dämlichen Maske. Bist du Analphabet oder sowas?« Ich drehte mich leicht von ihm weg. »Ich habe keine Angst, Kleiner, ich habe nicht die geringste ...« Ich duckte mich und sprang rückwärts auf ihn hinunter. Er bekam den Baseballschläger nicht mehr hoch, und ich traf ihn mit meinem ganzen Gewicht. Erschreckt atmete er ein. Dann stürzte er nach hinten weg, und ich schien auf die weiße Wand zuzufliegen. Ich landete auf seinem Brustkorb und hatte einen Moment lang diese Maske vor meinem Gesicht, ehe ich zuschlug und der Typ mit einem merkwürdig erstickten Laut reagierte. Er lag

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