Ein gefaehrlicher Liebhaber
überwältigend. Ihr wurden die Knie weich. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er so groß war, an die eins neunzig. Dass er nur aus harten Muskeln bestand, wusste sie ja bereits. Mit einem solchen Mann im Bett, das wäre...
Halt. Daran durfte sie gar nicht erst denken. Tatsächlich war sie entsetzt über sich.
»Jillian.« Er sagte ihren Namen mit leiser, lockender Stimme. »Schau mich an.«
Sie schluckte. »Nein.«
Wieder dieses tiefe, anerkennende Glucksen. »Sture Kleine.« Dann fuhr seine Linke plötzlich in das Haar in ihrem Nacken, und er zog langsam ihren Kopf nach hinten, sodass sie ihn ansehen musste. Nur für eine Sekunde sah sie wild funkelnde Augen, dann beugte er den Kopf und presste seine Lippen entschlossen auf ihren Mund.
Sie erschauderte, dann verharrte sie reglos, die Augen geschlossen. Dass es so schön war, traf sie wie ein Schock. Sie hatte erwartet, es zu erdulden, nicht mehr. Stattdessen musste sie gegen den Wunsch ankämpfen, die Lippen seiner forschenden Zunge zu öffnen. Jäh erkannte sie, dass sie seine Verführungskünste schwer unterschätzt hatte. Sein Mund schmeckte sauber und wunderbar rauchig nach Whiskey; seine Lippen waren fest und doch sanft, während sie die ihren liebkosten. Brutaler Gewalt hätte sie mit Leichtigkeit widerstehen können, aber er gebrauchte keine Gewalt; er gebrauchte zarte, verharrende Küsse; er lockte sie mit einer Andeutung von Leidenschaft, die sie nur flüchtig erhaschte, bevor er sie rasch wieder verbarg, er verwöhnte sie mit seiner animalischen Wärme, mit seiner Stärke, die einlud, sich an ihn zu lehnen.
Himmel, der Mann war gefährlich.
Sie ballte die Hände zu Fäusten, dass sich ihre Nägel in die Handflächen gruben vor lauter Anstrengung, ihm zu widerstehen. Sie öffnete ihm nicht ihre Lippen, nein, sie weigerte sich, den Mund zu öffnen, aber sie wollte es, ja, ersehnte es so sehr, dass sie zitterte.
Er selbst beendete die Folter, indem er nach einem letzten, langen Kuss, der sie beinahe ihre letzte Beherrschung gekostet hätte, den Kopf hob. »Süß«, murmelte er und strich mit dem Daumen über ihre Unterlippe. Dann bohrten sich seine blauen Augen in die ihren und schienen zufrieden mit dem zu sein, was sie sahen.
»Ich kriege dich schon noch«, prophezeite er. »Und verriegle die Tür hinter mir.«
Doch sie stand bloß da und mühte sich um Fassung, während er zur Tür ging. Er blieb stehen und betrachtete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Er machte wieder einen Schritt auf sie zu. Jillian hatte sich aber endlich so weit in der Hand, dass sie ihn nun mit zornig verengten Augen anblitzen konnte. Da lachte er, hob die Hand zu einem lässigen Salut und verschwand ohne ein weiteres Wort, wofür sie ihm dankbar war.
Nach einer Minute ging sie zur Tür und verriegelte sie. Dann ließ sie sich in den Sessel sinken, den er soeben frei gegeben hatte, um Ordnung in ihre wirbelnden Gedanken zu bringen. Aber das war schwer, sehr schwer, denn im Moment wollte sie nur noch in den köstlichen Gefühlen baden, die er in ihr hervorgerufen hatte.
Warum konnte er nicht einfach so sein, wie es zuerst den Anschein gehabt hatte - ein runtergekommener, unverschämter Prolet, der den Whiskey zu sehr liebte? Einem solchen Mann hätte sie kinderleicht widerstehen können, aber der, als der er sich jetzt gezeigt hatte, der wahre Ben Lewis, war ein anderes Kaliber. Dieser Ben Lewis war charmant, trotz seiner unverfrorenen Anmache, oder vielleicht ja gerade deswegen. Ihr war noch nie jemand untergekommen, der seiner sexuellen Ausstrahlung so sicher war und sich so sehr damit wohlfühlte wie Ben Lewis. Aber was noch schlimmer war, der Mann war intelligent und wachsam. Er hatte sofort gemerkt, dass Kates nichts Gutes im Schilde führte. Leider hatte er aber auch gemerkt, wie leicht es war, ihre Abwehrmecha-nismen zu unterlaufen, was er mit geradezu teuflischem Vergnügen - und mit Erfolg - getan hatte.
Nur eine Närrin würde freiwillig zwei oder mehr Monate in seiner Gesellschaft verbringen. Sie hatte sich nicht etwa deshalb mit der Anti-Baby-Pille eingedeckt, weil sie scharf auf eine Liebelei war, nein, die reine Vernunft und der Selbstschutz hatten es ihr diktiert. Einer Frau konnte in einem fremden Land, unter unzivilisierten Umständen, alles Mögliche zustoßen. Sie würde auf der Hut sein und versuchen, sich, so gut sie konnte, zu verteidigen. Doch der ihr eigene hartnäckige Realitätssinn sagte ihr, dass es dennoch zum Schlimmsten kommen konnte. Sich
Weitere Kostenlose Bücher