Ein Ring aus Asche
Schädeldecke zu besorgen. Besorg dir verdammt noch mal deine eigenen Zutaten! Und wenn wir schon dabei sind, besorg dir dein eigenes Essen, deinen eigenen Alkohol und dein eigenes Auto.« Sie trat näher an Daedalus heran und hob das Kinn. »D enn im Moment erinnerst du ziemlich stark an einen Parasiten.«
Daedalus glaubte an seiner Wut zu ersticken. »E in Pa-Parasit!?«, würgte er ungläubig hervor. »U nd das aus deinem Munde, das ist schon wirklich ironisch! Du, die nie auch nur einen Finger…«
»A ufhören!« Jules war nach vorne getreten und hatte sich zwischen Daedalus und Axelle gestellt. »A lle beide! Hört auf! Ihr seid müde und frustriert. Das wollt ihr nicht.« Daedalus sah ihn an. Er war so verärgert, dass er kaum sprechen konnte. »S chaut«, fuhr Jules fort, »w ir drei hängen da gemeinsam drin. Wir brauchen einander. Ihr wisst, wie schwierig es wäre, das hier durchzuziehen, wenn wir uns nicht gegenseitig unterstützen würden.« Er ging einen Schritt zurück und blickte von einem zum anderen. »L assen wir es für heute gut sein. Morgen treffen wir uns wieder hier und dann können wir in Ruhe sprechen und alles aufs Tapet bringen. Am Sonntag ist Récolte, da halten wir einen Zirkel ab. Wenn wir drei uns nicht als geschlossene Front präsentieren, dann ist unser Plan zum Scheitern verurteilt. Verstanden?«
Daedalus trat einen Schritt zurück und zwang sich, die Fäuste zu öffnen. So ganz unrecht hatte Jules nicht. Es würde das Beste sein, ihnen allen die Zeit zu geben, sich zu beruhigen. Zweifellos wären sie morgen vernünftiger. Er nickte steif, lief zur Tür und verschwand.
Draußen schien die Luft schwerer und unbewegter als sonst. Es roch durchdringend nach dem Fluss, der zwei Blocks entfernt lag. Vielleicht wehte am Ufer eine Brise. Er würde dorthinlaufen, sich auf einer Bank niederlassen und zusehen, wie die Schlepper vorbeischipperten. Das beruhigte ihn immer.
Daedalus bog nach rechts ein. Bevor er die Straße überquerte, ließ er eine Pferdekutsche vorbeizuckeln. Er hoffte, dass Axelle bis morgen zur Vernunft kommen würde. Wenn nicht, dann würde die ganze Angelegenheit furchtbar unüberschaubar und schwierig werden. Und wo waren eigentlich Marcel und Claire? Sie ignorierten seine wiederholten Aufforderungen. Die beiden einsamen Verweigerer. Grimmig presste er die Lippen zusammen. Bis jetzt war er auf die freundliche Tour vorgegangen, bei Axelle, Jules, bei allen. Aber wenn sich die Dinge nicht bald einrenkten, würde er… überzeugender sein müssen. Was Marcel und Claire betraf, so war es definitiv an der Zeit, sie auf härtere Weise abzuberufen.
Kapitel 25
Weinen war sinnlos
Manon blickte zu Sophie hinüber. Sie hatte den ganzen Morgen vor ihrem Computer gesessen, aber in der letzten Stunde hatte sie sich nicht bewegt, nichts getippt. Ihr Körper war im Hier und Jetzt, doch ihr Geist ganz woanders.
Manon strich sich das Haar aus dem Nacken und streckte sich. Normalerweise konnte sie darauf vertrauen, dass Sophie ihr alles erzählte. Genau das liebte sie an ihr. Die Offenheit ihres Gesichts, ihre Gefühle, die man ihr so ohne Weiteres vom Gesicht ablesen konnte. Doch in letzter Zeit war Sophie verschlossen gewesen, unnahbar. Seit Manons schrecklichem Geständnis.
Manon erhob sich und schloss von hinten die Arme um Sophies Taille. Sie lehnte sich über sie, sodass ihr Kopf auf Sophies Schulter zu liegen kam. Sophie lächelte und wandte sich um. Manon küsste sie zart und blickte ihr tief in die Augen, während sie eine Hand um Sophies Kopf legte.
»W as verheimlichst du mir?«, flüsterte sie.
»N ichts.«
»I ch bin’s doch«, beharrte Manon sanft. »D u kannst mir alles erzählen.«
»I ch will nicht, dass du stirbst«, platzte Sophie heraus und blickte zur Seite. »I ch will nicht, dass du mich verlässt.«
Manon seufzte und lehnte ihren Kopf gegen den von Sophie. Immerhin rückte Sophie nun endlich mit der Sprache heraus. »E s tut mir leid, wenn dich das verletzt«, sagte sie. »I ch will dich nicht verlassen… Ich liebe dich so sehr.«
Noch immer blickte Sophie sie aus waidwunden Augen an. Niemand konnte das besser als sie.
»S ophie, du verstehst einfach nicht, wie es ist, ich zu sein.«
»I ch verstehe das sehr wohl«, erwiderte Sophie, während sie sich erhob. »I ch weiß, dass es frustrierend ist…«
»E s ist so viel schlimmer als frustrierend!«, unterbrach Manon sie. Sie deutete auf ihren schlanken, jungenhaften Körper. »S ieh mich doch an.
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