Ein süßer Traum (German Edition)
Sagt Rebecca. Dabei sterben sie an Aids.«
»Oh, Aids.«
»Erstaunt Sie das etwa? Es ist eine Tatsache.«
»Weil es nur die Spitze des Eisbergs ist«, sagte Edna Pyne. »Deswegen. Ständig kommen sie aus der Siedlung her und wollen
muti
. Ich sage ihnen, dass es gegen Aids kein
muti
gibt, aber anscheinend denken sie, ich habe
muti
und will es ihnen nicht geben.«
»Ich kenne den
n’ganga
«, sagte Sylvia. »Manchmal bitte ich ihn, mir zu helfen.«
»Und so«, sagte Cedric, »geht man ganz unschuldig in die Höhle des Löwen, wenn man so will.«
»Oh, bitte nicht –«, sagte Edna und klang gereizt, als wäre sie am Ende ihrer Kräfte, und es klang absichtlich so.
»Wenn ich Fälle habe, gegen die unsere Medizin nichts ausrichten kann – und die gibt es –, und Rebecca mir sagt, dass sie glauben, es liegt am bösen Blick, dann bitte ich ihn zu kommen. Ich bitte ihn, ihnen zu sagen, dass sie nicht – verflucht sind oder was auch immer … Dabei betone ich, dass ich mich nicht in seine Medizin einmischen will. Dass ich nur seine Hilfe brauche. Beim letzten Mal ist er zu allen Leuten gegangen, die da lagen und von denen ich dachte, dass sie sterben würden. Er hat etwas zu ihnen gesagt, und manche sind einfach aufgestanden und gegangen – sie waren geheilt.«
»Und die anderen?«
»Der
n’ganga
weiß über Aids Bescheid – über Slim. Er weiß mehr darüber als die Leute von der Regierung. Er hat gesagt, dass er Aids nicht heilen kann. Er meint, er könne ein paar Symptome behandeln, wie Husten. Verstehen Sie – ich bin froh, dass ich seine Medizin nutzen kann, ich habe so wenig. Die meiste Zeit habe ich nicht einmal Antibiotika. Als ich heute Nachmittag in die Medizinhütte gegangen bin – ich war in London –, war kaum mehr etwas da; fast der ganze Vorrat war gestohlen.« Sie klang schrill und war den Tränen nah.
Die Pynes sahen einander kurz an, und Edna sagte: »Es wächst Ihnen über den Kopf. Es ist nicht gut, wenn man sich alles zu Herzen nimmt.«
»Du musst gerade reden«, sagte Cedric.
»Na schön«, sagte Edna. Und zu Sylvia: »Ich weiß, wie das ist. Man kommt aus England zurück und hat einen Adrenalinstoß bekommen, man stürzt sich wieder in die Arbeit, und dann – wumm, gibt’s einen Schlag, und man kann sich ein paar Tage nicht rühren. Jetzt gehen Sie rein und legen sich eine Stunde hin. Ich rufe die Mission an und sage Bescheid.«
»Warten Sie einen Moment«, sagte Sylvia, denn ihr fiel das Wichtigste ein, was sie fragen wollte. Beim Mittagessen hatte Sylvia gehört, dass sie – Sylvia – eine südafrikanische Spionin sei.
In Tränen aufgelöst, erzählte sie ihnen davon, aber Edna lachte und sagte: »Denken Sie sich nichts dabei. Verschwenden Sie dafür keine Tränen. Wir sind angeblich auch Spione. Wenn einem das einmal anhängt, wird man es nicht mehr los. Südafrikanischen Spionen kann man guten Gewissens die Farm stehlen.«
»Sei nicht albern, Edna«, sagte Cedric. »Das ist gar nicht nötig. Sie können sie sich einfach nehmen.«
Von Ednas starkem Arm umfasst, wurde Sylvia in ein großes Zimmer hinten im Haus geführt und auf ein Bett gelegt. Edna zog die Vorhänge zu und ging. Die ziehenden Wolken warfen flüchtige Schatten auf die dünne Baumwolle der Vorhänge, das gelbe Sonnenlicht des Spätnachmittags kehrte zurück, dann war es plötzlich dunkel, und Donner krachte, und der Regen prasselte mit einem Höllenlärm auf das Eisendach. Sylvia schlief. Von einem lächelnden Schwarzen wurde sie mit einer Tasse Tee geweckt. Während des Befreiungskrieges hatte der getreue Koch der Pynes den Guerilla-Kämpfern den Weg ins Haus gezeigt und war dann weggegangen, um sich ihnen anzuschließen. »Er hatte keine andere Wahl, als sich ihnen anzuschließen«, hatte Pater McGuire gesagt. »Er ist kein schlechter Mensch. Er arbeitet jetzt für die Finleys drüben in Koodoo Creek. Nein, natürlich kennen die seine Geschichte nicht, was würde das auch bringen?« Die Bemerkungen, die der Priester über derlei Ereignisse machte, waren so distanziert wie die eines Historikers, auch wenn sie von seinem typischen Gebrummel begleitet waren. Wenn man nach dem Tonfall ging, besaß Pater McGuires Magenverstimmung den gleichen Stellenwert wie Schwester Mollys Missbilligung des Papstes und wie die Klagen der Pynes über die schwarze Regierung – und wie Sylvias Tränen, wenn ihre Medizinhütte leer war.
Ein Sundowner auf der Veranda: Das Gewitter war vorbei, die Büsche und
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