Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
Vom Netzwerk:
Atelier beschlagnahmt. Man brauchte kein Wort dieser Sprache zu verstehen, um zu begreifen, was hier geschehen war.
    Die Empörung ihrer Kollegen schlug schon bald in Zorn um. Isaac zerrte wütend an dem Schloss.
    Â»Wie können sie es wagen?«, brüllte er. »Wir reißen das Ding einfach ab!«
    Â»Beruhige dich«, sagte sein Vater und berührte vorsichtig seinen Arm. »Ich finde, wir sollten nach Hause gehen.«
    Â»Nach Hause?«, schrie Isaac.
    Seine Worte hallten durch die Straßen. Er war außer sich vor Erregung und Schmerz. Zum ersten Mal in ihrem Leben sah Katerina einen Mann hemmungslos weinen. Es war ein schockierender Anblick.
    Die Gruppe der Angestellten löste sich langsam auf, und alle gingen in das Viertel zurück, das für die Juden eingerichtet worden war. In ihr Getto.
    Â»Komm uns bald besuchen, Katerina«, sagte Roza Moreno und versuchte, einen normalen Tonfall anzuschlagen. »Ich denke, wir sollten jetzt auch gehen.«
    Katerina nickte schweigend. In Gegenwart ihrer Freunde wollte sie tapfer sein.
    Seitdem sie im Getto leben mussten, hatten die Juden vor Sonnenuntergang in ihren neuen Unterkünften zu sein. Doch schon bald darauf wurden die Regeln weiter verschärft. Um den gesamten Bereich wurde ein Bretterzaun errichtet und die Ausgänge rund um die Uhr bewacht. Die Menschen durften das Getto überhaupt nicht mehr verlassen. Dafür sorgte der zusätzliche Stacheldraht auf der Umzäunung.
    Eines Abends Anfang März saßen Eugenia und Katerina nahe am Herd beim Essen. Gegen neun Uhr klopfte es leise an der Tür. Für einen Besuch war es schon ziemlich spät, und sie sahen sich ängstlich an.
    Um diese Zeit waren eigentlich nur noch Soldaten und Militärpolizisten unterwegs. Eugenia schüttelte den Kopf und legte den Finger auf die Lippen.
    Das Klopfen wurde entschlossener. Wer auch immer vor der Tür stand, hämmerte inzwischen fest dagegen und ließ sich von der Stille im Innern nicht täuschen.
    Â»Kyria Eugenia!«
    Es war eine vertraute Stimme.
    Â»Es ist Isaac!«, flüsterte Eugenia und sprang auf. »Schnell! Wir müssen ihn reinlassen.«
    Sie hastete zur Tür und öffnete ihm. Isaac schlüpfte schnell ins Haus. Er sah schrecklich aus. Schon bei seiner Übersiedlung ins Getto war er dünn gewesen, aber jetzt bestand er buchstäblich nur noch aus Haut und Knochen.
    Â»Komm rein, komm rein«, sagte Eugenia.
    Er zitterte am ganzen Körper.
    Â»Du hast bestimmt Hunger?«
    Er nickte, und sie füllte ihm eine Schale mit Linsensuppe.
    Ein paar Minuten lang sagte Isaac nichts. Er hob die Schale an den Mund und trank die Flüssigkeit in einem Zug. Er hatte seit Tagen nichts mehr gegessen, und seine Gier nach Nahrung ließ ihm keine Zeit für gute Manieren.
    Â»Füll ihm nach«, sagte Eugenia zu Katerina. »Isaac, sag uns, was passiert ist …«
    Isaac erzählte ihnen, dass Rabbi Koretz ins Getto gekommen sei und ihnen gesagt habe, dass man sie alle in ein anderes Land bringen würde, um dort ein neues Leben anzufangen. Die ersten Transporte gingen bereits ab.
    Â»Aber wohin?«, rief Katerina fassungslos.
    Â»Nach Polen. Krakau.«
    Â»Aber warum denn? Da ist es doch furchtbar kalt!«
    Â»Er behauptet, dort gäbe es Arbeit für uns. Meinen Eltern wurde sogar erlaubt, zur Bank zu gehen. Wir sollten unsere Drachmen in Zloty umtauschen. Und man hat uns instruiert, was wir auf die Reise mitnehmen sollten.«
    Eugenia und Katerina hörten schweigend mit sorgenvoll gerunzelter Stirn zu.
    Â»Koretz erklärt den Leuten, es sei nicht anders als beim letzten Mal.«
    Â»Was meint er damit?«, fragte Katerina.
    Â»Er meinte, dass wir alle ja schon einmal in Massen umgezogen seien, als unsere Vorfahren aus Spanien herkamen. Und jetzt sei es eben an der Zeit, wieder umzuziehen. Also sei es eigentlich ganz genauso wie damals.«
    Â»Vielleicht ist da etwas Wahres dran«, sagte Eugenia. Sie erinnerte sich an ihre eigene Vertreibung, hatte aber schließlich auch einen neuen Anfang machen können.
    Â»Ein paar von uns haben versucht auszubrechen«, sagte Isaac trotzig. »Die Männer, mit denen ich abgehauen bin, wollen sich dem Widerstand anschließen.«
    Â»Aber wird man sie nicht fassen?«, fragte Eugenia. »Wird euer Akzent euch nicht verraten?«
    Â»Und was ist mit der Militärpolizei? Sie halten doch ständig Leute auf und

Weitere Kostenlose Bücher