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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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zu grimmig klang. Der große Mann im Festgewand hatte uns nicht darum gebeten, aber stillschweigend vorausgesetzt, dass wir Rücksicht auf die trauernde Familie nehmen würden. »Ich bin ein verlässlicher kaiserlicher Agent, und Aelianus betrachtet, wie Sie wissen, die Arvalbrüder mit großem Respekt.«
    Zu fragen, wer der Aufrücker für den unerwartet frei gewordenen Platz sein würde, wäre zu unhöflich gewesen. Ich gab Aelianus einen Wink, und wir salutierten reihum und gingen.
    Wir hatten den Raum kaum verlassen, als hinter uns eine gemurmelte Unterhaltung begann. Der Stellvertreter des Meisters sagte, als könnte er sich kaum beherrschen: »Er war selbst hier, kurz bevor das alles …«
    Ich warf dem jungen Camillus einen Blick zu, denn ich wollte sehen, wie er unser Gespräch interpretierte. Er war schließlich Helenas Bruder. Im Moment war er wütend darüber, dass wir nicht mehr erreicht hatten. Angesichts der Antipathie, die er bereits hegte, gab er mir die Schuld daran.
    Sein Mund verzog sich angewidert. »Tja, wie ich schon am Anfang des Abends gesagt habe, Falco – das war die reinste Zeitverschwendung!«

XIV
     
     
    Wir machten drei Schritte. Zwischen dem Ausgang und uns zogen die Brüder in feierlicher Prozession zum Speisezimmer des Meisters. Wir blieben stehen. Hinter uns kamen der Meister und seine Kumpane aus dem Raum, den wir gerade verlassen hatten. Der große Mann verharrte kurz, klopfte Aelianus auf die Schulter und entschuldigte sich, dass er uns nicht zum Essen einladen könne, weil das Festmahl in seinem Privathaus stattfinde und die Anzahl der Speiseliegen begrenzt sei. Die Prozession der gewöhnlichen Mitglieder war ins Stocken geraten, damit sich der Meister und die anderen Oberen an die Spitze der Gruppe setzen und sie anführen konnten. Aelianus und ich blieben, wo wir waren, und beobachteten den Aufmarsch der Kornkranzträger zur letzten formalen Völlerei ihres Festes. »Ich dachte, sie hätten dich am ersten Tag als Beobachter mit reingequetscht, Aulus?«
    »Ja.«
    »Aber heute behauptet der Meister, es gäbe zu wenig Platz! Der Speiseraum muss geschrumpft sein.«
    »Du siehst auch überall Verschwörungen, Falco.«
    »Nein, bloß zwei unerwünschte Ermittler, denen man einen sehr klebrigen Haferbrei aus Halbwahrheiten serviert hat.«
    Wahrscheinlich wollte der Meister nur einen tragischen Vorfall vertuschen, um die daran Beteiligten vor einem öffentlichen Skandal zu schützen. Ich hatte Mitleid mit der betroffenen Familie, schließlich hatte meine Familie auch Probleme, die wir lieber verschleiern wollten. Aber ich hasste es, gönnerhaft behandelt zu werden.
    Über die Säume ihrer weißen Gewänder stolpernd, drängelten sich die Brüder an uns vorbei. Sie waren der Stolz der Patrizierschicht, daher war die Hälfte beduselt und einige reichlich senil. Ich zählte sie leise. Es gab ein oder zwei Außenstehende, aber die Kornkränze hoben sich ab. Alle zwölf. Falsch, elf. Einer war gestern Nacht von einer wahnsinnigen Ehefrau in Stücke gehackt worden. Zumindest nahm ich an, dass es die Ehefrau war, obwohl, wenn ich es mir recht überlegte, der Meister das nicht ausdrücklich gesagt hatte. (Ich misstraute ihm jetzt in jeder Hinsicht.)
    »Der ganze Verein. Sag mal, du Möchtegernnovize, nehmen für gewöhnlich alle an den Festmahlen teil?«
    »Nein. Normalerweise rechnet man mit drei bis neun Teilnehmern. Ein volles Quorum hat sich nur einmal gegen Ende von Neros Regierungszeit zusammengefunden, und man spricht heute noch ehrfurchtsvoll davon.«
    »Der damalige Meister muss einen außergewöhnlichen Koch gehabt haben.«
    »Ich nehme an, sie haben über den verrückten Kaiser debattiert.«
    »Was du nicht sagst!«
    Die Gruppe hatte sich in das Triclinium gequetscht. Wir hörten das Gemurmel, während sie sich um die besten Liegen stritten, und das Stöhnen der alten Männer, die sich abmühten, ihre gebrechlichen, in die Falten ihrer Gewänder verhedderten Körper in eine bequeme Lage zu bringen. Ich konnte mir vorstellen, wie begierig sie waren, die obszönen Details des Mordes zu hören und zu erfahren, wie schlimm der ihren Orden betreffende Skandal war.
    »Wird Zeit, dass wir gehen, Falco.« Aelianus besaß die Konzentrationsfähigkeit einer Stechmücke. »Hier gibt’s für uns nichts mehr zu tun.«
    »Genau das wollen sie dir weismachen. Der Meister des von dir so bewunderten Ordens hat unser Innerstes nach außen gekehrt. Jetzt weiß ich, wie sich ein Kaninchen beim

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