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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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Luccan hatte beschlossen, keine Anzeige zu erstatten. Ende der Geschichte.«
    »Wurde Dobrynins Name irgendwo erwähnt?«
    »Nein«, sagte Tony bestimmt. »Nicht
im Zusammenhang mit dieser Schlägerei. Nur das Übliche
über seine Auftritte mit der Truppe. Aber das weißt du ja
schon von Melissa.« Er trank seinen Brandy aus, sah mich bittend
an und schob das Glas dann über die Theke, damit der Barkeeper es
wieder füllen konnte.
    »Ja, Alice, das ist alles. Die Sache ist
vertuscht worden. Der Tänzer, der Luccan zusammengeschlagen hat,
war wahrscheinlich Dobrynin, und dabei hat er sich den Finger
ausgerenkt. Aber was ich nicht verstehe, ist, warum sie das
geheimgehalten haben. Warum konnten sie nicht sagen: Ja, es war
Dobrynin? Ich habe immer geglaubt, daß ein Skandal gut für
die Kartenverkäufe ist, von der Auflage der Zeitungen ganz zu
schweigen.«
    Ich antwortete nicht. Die Informationen, die Tony aus
Winnipeg mitgebracht hatte, waren wirklich sehr wichtig, und das
überwältigte mich. Was er herausgefunden hatte,
eröffnete mehrere völlig neue Perspektiven für den Mord
und sein Motiv. Jetzt war es vorstellbar, daß Dobrynin nicht
unbedingt wegen seines Charakters, seiner erotischen Abenteuer oder
weil er ständig die Menschen betrog, die ihn liebten, umgebracht
worden war. Das Motiv konnte ebensogut seine Position in der
internationalen Ballettszene sein - eine Welt voller Glanz, Konkurrenz,
viel Geld und dauernder Täuschung auf allen Gebieten. Eine Welt,
die die Definition des Startums hervorgebracht hatte. Eine Welt, die
schon immer von finanziellen Drahtseilakten geprägt war - denn
keine Balletttruppe der Welt hat jemals Profit gemacht.
    »Hast du mir zugehört, Alice? Warum sollten sie es vertuschen?«
    Diesmal antwortete ich ihm. »Alexander Luccan
mußte die Sache vertuschen, wenn es bei der Schlägerei um
etwas anderes gegangen war als Alkohol, Eifersucht oder
Karriereprobleme.«
    »Okay. Und worum ging es dann?«
    »Wie wäre es denn mit Erpressung? Oder Rache? Oder Folter?«
    »Folter!«
    »Na ja, Dobrynin könnte Luccan doch
zusammengeschlagen haben, um ihn zu zwingen, irgendwelche Informationen
herauszurücken.«
    »Informationen worüber? Das hört sich langsam an wie aus einem Spionagefilm.«
    »O nein, Tony. Ich glaube nicht, daß es so einfach war.«
    Er ließ seinen Kopf schwer in seine Hände
sinken. »Und wohin gehen wir jetzt?« grummelte er.
»Wirst du mich jetzt nach Timbuktu schicken, wo der Pfeffer
wächst?«
    »Folg dem Honig in den Bienenstock«,
sagte ich. Eine ziemlich sprichwörtliche Redensart, aber sie war
mir eben so rausgerutscht.
    »Ich hoffe, das ist wieder so ein Spruch von
deiner Großmutter und nicht von dir«, sagte Tony lachend.
»Sag mal, wo ist denn der Honig? Und wer ist der
Bienenstock?« Diese Fragen fand er noch erheiternder. »Mein
Gott, jetzt fange ich auch schon damit an!« kicherte er.
»Die alte Dame ist dir wirklich ziemlich ähnlich, was?«
    Ich drohte ihm mit der Faust.
    »Das war nur ein Witz, Alice, nur ein Witz.«
    »Ich habe damit gemeint, Tony, daß die
einzig logische Vorgehensweise, die einzige Art, all diese Knoten zu
entwirren, darin besteht, die junge Frau zu finden, die Lenny
dafür bezahlte, daß er den Mund hielt.«
    Tony knallte seine Handfläche auf die Theke.
»Okay. Wir folgen der Spur des Geldes. Wir finden das
Erpressungsopfer, und wir finden den Mörder. Aber wie?«
    »Eine Falle«, antwortete ich. »Eine Falle mit ganz viel klebrigem Honig.« Ich stand auf und bezahlte.
    »Wohin jetzt, Madam?«
    »Keine Sorge, Basillio. Ich schicke dich nicht nach Timbuktu. Nur in das Postamt auf der Twenty-third Street.«
    »Das schaffe ich gerade noch«, sagte er und nahm galant meinen Arm.
    In dem überfüllten Postamt kaufte ich drei
freigemachte Postkarten und ging damit zu einem Pult, auf dem mehrere
billige Kugelschreiber angekettet waren. Einer davon funktionierte
sogar.
    Ich schrieb in Druckbuchstaben LOUIS BEASLEY auf die
eine Karte, dann seine Adresse und schlug dann in einem riesigen, recht
zerfledderten Buch seine Postleitzahl nach.
    Die nächste Karte adressierte ich an Betty Ann Ellenville.
    Die letzte war an Melissa Taniment.
    »Okay, Tony«, sagte ich und reichte ihm den Kugelschreiber und die Karten, »jetzt bist du dran.«
    »Womit?«
    »Schreib, was ich dir sage, auf die
Rückseite jeder Karte. Du hast so eine schöne
Handschrift.« Das stimmte. Tony hat sich mit Kalligraphie
beschäftigt. Ich mag seine kräftige Schreibschrift

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