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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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Wolkenfetzen durchzogen und hielt die Sonne weiterhin auf Abstand. Wind trieb graugelben Staub über den Bordstein und blies Roberts Angstschweiß trocken. Ein Gewitter kündigte sich an, und plötzlich sehnte er sich wieder nach der kleinen regnerischen Insel und dem Häuschen am Meer, in dem er, abgeschieden von der Welt, sorglos hatte arbeiten und lieben können. Anne hatte recht. Es war Zeit, heimzufahren.
    Er sah das Hotel schon in greifbarer Nähe, da vernahm er ein Krächzen. Über ihm, auf einer verrosteten Dachrinne, hockte eine Krähe und lachte ihn aus. Ja, sie
lachte
. Zumindest kam es Robert so vor, als er den Vogel mit sperrangelweit geöffnetem Schnabel, nickendem Kopf und geplustertem Federkleid dort sitzen sah.
    »Hau ab, du Scheißvieh!«, schrie Robert. »Verschwinde!«
    Tatsächlich erhob sich der Vogel in die Lüfte – aber nur, um nach kurzem Gleitflug zur neuerlichen Landung anzusetzen, direkt vor Roberts Füßen. Flatternd und zeternd hüpfte er auf und ab, als wolle er ihn verspotten.
    »Was ist?«, schimpfte Robert und versuchte, das Tier zu umrunden. »Willst du mir Angst machen? So weit ist es mit mir noch nicht gekommen!«
    Die Krähe ließ ihn nicht vorbei.
    »Himmelherrgott noch mal! Hat es denn heute jeder auf mich abgesehen?«
    Eine Frau, die ihm auf der anderen Straßenseite entgegenkam, bekreuzigte sich rasch, als sie sein Zwiegespräch mit der Krähe bemerkte, und eilte weiter. Die abergläubische Geste erinnerte Robert an etwas, das er vor ein paar Monaten für sein Buch recherchiert hatte.
    Rabenvögel wurden in der Mythologie verschiedenster Kulturen als Boten oder magische Begleiter genannt. Wesen, die gute Ratschläge gaben, vor Gefahren warnten oder Beistand leisteten. Einzig die Christen sahen sie als böses Omen an. Bestand vielleicht die Möglichkeit, dass die Krähe ihn warnen oder sogar aufhalten wollte? Und zwar vor Anne? Nie hatte Robert versucht, vor ihr wegzulaufen. Die Liebe, die seit der ersten Begegnung durch seinen Körper flutete, war einfach zu stark gewesen. Und auch nun, da er das erste Mal den Gedanken formte, fuhr ihm ein Stich ins Herz – ein Vorgeschmack auf das Gefühl, ohne sie sein zu müssen.
    Nein. Er konnte nicht. Nicht mal, wenn um ihn herum die Hölle auf Erden ausbrechen würde. Er brauchte Anne.
    Ich liebe sie mehr als mein Leben
.
    Diese Erkenntnis sprengte die Kruste aus Wut und Zweifel auf seinem Herzen. Bei ihr sein zu dürfen, sie zu halten, nur darauf kam es an. Es war an der Zeit, die volle Wahrheit zu erfahren. Das, was Anne in dieser Sache rund um die Blutgräfin offensichtlich vor ihm geheim hielt. Mit neuer Entschlossenheit schritt Robert über den lärmenden Vogel hinweg und steuerte den Hauseingang mit dem Schild
Penzión Stefania
an.
    Das »Hotel« entpuppte sich als bescheidene Pension in einem umfunktionierten Reihenhaus. Es gab Platz für allerhöchstens sechs Zimmer im ersten und zweiten Obergeschoss und eine einfache Gaststube. Auf die schüchterne Nachfrage des jungen Mädchens am Empfang überreichte Robert seinen Ausweis und erhielt die Auskunft, dass Anne und er in Zimmer Nummer zwei untergebracht seien.
    Es ging eine schmale gewundene Treppe hinauf, die gerade so breit war, dass Roberts Schultern nicht an der kitschig geblümten Tapete entlangschleiften. Stufen und Boden schmückte ein grüner Teppich aus den Siebzigern. Im ersten Stock angekommen, stand Robert vor drei dicht aneinander liegenden Türen. Zimmer zwei lag in der Mitte, und Robert hoffte inständig, dass Saul Tanner nicht in einem der anderen nächtigte.
    Bevor er klopfte, hielt er inne und sammelte seine Gedanken. Diesmal würde er nicht zulassen, dass Anne ihm auswich. Er wollte hören, was sie verschwieg, seit der Name Elisabeth Báthory gefallen war. Als er sich bereit fühlte und mit dem Knöchel des Zeigefingers gerade gegen das weiß lackierte Holz klopfen wollte, kam ihm Anne zuvor und öffnete die Tür.
    Sie wirkte wunderschön, wie sie so dastand. Einen halben Kopf kleiner als er, mit wallendem schwarzem Haar, das sich um ihr kühles Antlitz rankte. Der blasse Körper notdürftig bedeckt mit einem Handtuch.
    Wortlos trat sie zurück, und Robert folgte ihr ins Zimmer. Die Einrichtung war auf das Nötigste begrenzt: ein Bett, ein Schrank und zwei Nachttischchen mit Schirmlampe. Anne setzte sich auf die Bettkante und sah ihn an. Kein lüsterner Blick, kein lockendes Wippen in den Hüften. Sie saß da und wartete darauf, dass er aussprach, was sie

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