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Elsas Küche: Roman (German Edition)

Elsas Küche: Roman (German Edition)

Titel: Elsas Küche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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Pisti landete, den Elsa zuvor geschubst hatte – derjenige, der sich aus unerfindlichen Gründen instinktiv zurückgelehnt hatte, bis er aus dem Gleichgewicht geraten war. Als Elsas Hand ihn traf, verlor er das Gleichgewicht ganz. Zwar drehte er sich noch zur Seite, während er stürzte, aber er konnte sich nicht mehr abstützen. Es ging alles zu schnell, und er fiel mit dem Gesicht auf die Bordsteinkante.
    Als Elsa sie abgeschüttelt und eines der Kinder getroffen hatte, fühlte sie sich einen Augenblick lang besser, aber das Gefühl dauerte höchstens eine halbe Sekunde. Es verflog, als ein dumpfer Schlag ertönte, so als hätte jemand auf eine feuchte Trommel gehauen. Dann das Knirschen von Knochen, die aufs Pflaster krachten. Ihr drehte sich der Magen um. Sie meinte zu hören, wie ihre Restaurantgäste nach Luft schnappten. Plötzlich war sie wieder bei sich und wusste genau, was passiert war.
    »Es tut mir leid!« Sie rannte zu dem Kind, das am Boden lag. Der Wachtmeister mit dem Motorrad und der Postinspektor standen schon an der Tür.
    Ein paar Passanten waren stehen geblieben. Auch sie hatten das grauenhafte Geräusch gehört.
    »Was fällt Ihnen ein?«, rief eine Frau.
    »He da!«, eine andere.
    Elsa, die neben dem schwer angeschlagenen Kind kniete, sah die Frauen an.
    »Es war ein Unfall«, sagte sie. »Es war keine Absicht. Sie haben mich am Arm gezerrt und mir mit den Händen im Gesicht rumgewedelt – da hab ich zugeschlagen.«
    Sie drehte den Jungen um. Sein Gesicht war voller Blut, und er stöhnte benommen. Beim Anblick des Bluts stockte den Passanten der Atem. Elsas Magen krampfte sich zusammen.
    Sie hielt den Jungen an der Schulter fest und holte ein Papiertaschentuch aus der Tasche. Als sie ihm das Gesicht damit abwischte, schubsten sie die anderen Jungen. Sie fiel hin und ließ den verletzten Jungen los. In diesem kurzen Moment hatten die gesunden Jungen, bevor der Wachtmeister sie schnappen konnte, den verletzten auf die Füße gestellt und ihn, so schnell es sein Zustand erlaubte, weggezerrt. Sie schleppten ihn die Straße hinunter und rannten dabei, wenn auch nicht so schnell wie sonst.
    »He, kommt zurück!«, rief der Wachtmeister.
    »Ihr müsst ihn ins Krankenhaus bringen«, sagte eine Passantin.
    Einer der Jungen drehte den Kopf und schrie wild gestikulierend Flüche. Die Passanten machten ihrem Unmut Luft. Der Wachtmeister rannte noch ein paar Schritte hinter ihnen her, doch die Jungen verschwanden im Verkehrsgetümmel, wobei sie den verletzten Kleinen immer noch im Schlepptau hatten. Er schlurfte und hielt sich den Kopf. Blut tropfte aufs Pflaster, und er konnte nicht geradeaus laufen, sondern wankte wie ein Betrunkener.
    »Kommt zurück!« Elsa war aufgestanden. Sie ging ein paar Schritte in die Richtung, die die Jungen eingeschlagen hatten, war aber froh, dass sie verschwanden. Sie war so froh darüber! Und sie war froh, dass der Wachtmeister nicht allzu dynamisch Jagd auf sie machte. Er lief ein paarSchritte hinter ihnen her, merkte aber schnell, dass sie verschwinden wollten, und ließ sie laufen. Sie hielt die Luft an und wünschte sich, dass sie noch schneller rannten und völlig aus ihrem Gesichtsfeld verschwanden. Dass sie sich wieder in das Dunkel auflösten, aus dem sie aufgetaucht waren.
    »Kommt zurück!«
    Die Passanten gackerten besorgt wie eine freigelassene Hühnerschar.
    »Sehen Sie?«, sagte Elsa zu ihnen, als die Jungen verschwunden waren. Mit wütender Miene schüttelte sie den Kopf, während der Wachtmeister zurückkam. Er war außer Atem. Sein Bauch hob und senkte sich. Er zuckte die Achseln. Elsa wedelte mit den Händen, als versuchte sie, einen schlechten Geruch zu vertreiben.
    »Sehen sie«, wandte Elsa sich an die Umstehenden, »sie sind weggerannt! Anscheinend ist es nicht so schlimm. Ich weiß, dass es ihnen gut geht. Morgen sehen wir sie wieder.«
    »Zigeuner«, sagte der Wachtmeister mit dem Motorrad kategorisch zu der Menschenmenge, die sich angesammelt hatte. Dann ging er zurück ins Restaurant, um sein Mahl zu beenden. »Ich würde mir keine großen Gedanken machen. Die Sache verdient keine Anzeige.«
    Dafür hätte Elsa ihn küssen mögen.
    Die Passanten überlegten. Sie blickten die Straße hinunter, doch von den Jungen war nichts mehr zu sehen. Sie blickten durch die Restaurantfensterscheibe auf den Wachtmeister und den Postinspektor. Beide aßen weiter und wirkten völlig gelassen. Die Passanten liefen noch ein wenig herum und wussten nicht, was sie

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