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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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sah sich um.
    »Nicht tsk, tsk!« Die Frau leg­te ih­ren nas­sen Re­gen­schirm
quer über den Tisch und setz­te sich ent­schlos­sen. Al­bert schi­en nicht
über­rascht zu sein. »Chérie«, sag­te er und be­gann zu flüs­tern.
    Ra­vic lä­chel­te und hob sein Glas. »Wir wol­len das hier
ein­mal auf einen Schluck aus­trin­ken. Sa­lu­te.«
    »Sa­lu­te«, sag­te Jo­an Ma­dou und trank.
    Die Vor­spei­sen wur­den auf klei­nen Wa­gen her­bei­ge­rollt.
»Was möch­ten Sie?« Ra­vic sah die Frau an. »Ich glau­be, das ein­fachs­te ist, ich
stel­le Ih­nen et­was zu­sam­men.«
    Er häuf­te einen Tel­ler voll und gab ihn ihr hin­über. »Es
macht nichts, wenn Ih­nen da­von nichts schmeckt. Es kom­men noch ein paar an­de­re
Wa­gen. Dies ist nur der An­fang.«
    Er füll­te sich selbst einen Tel­ler und be­gann zu es­sen,
oh­ne sich um sie wei­ter zu küm­mern. Er spür­te plötz­lich, daß auch sie aß. Er
schäl­te ei­ne Lan­gus­ti­ne und hielt sie ihr hin­über. »Pro­bie­ren Sie das ein­mal.
Bes­ser als Lan­gus­ten. Und nun die Paté Mai­son. Mit ei­ner Krus­te von dem wei­ßen
Brot da­zu. So, das geht ja ganz gut. Und jetzt et­was von dem Wein. Leicht,
her­be und kühl.«
    »Sie ma­chen sich viel Mü­he mit mir«, sag­te die Frau.
    »Ja, wie ein Ober­kell­ner.« Ra­vic lach­te.
    »Nein. Aber Sie ma­chen sich viel Mü­he mit mir.«
    »Ich es­se nicht gern al­lein. Das ist al­les. Ge­nau wie
Sie.«
    »Ich bin kein gu­ter Part­ner.«
    »Doch«, er­wi­der­te
Ra­vic. »Zum Es­sen schon. Zum Es­sen sind Sie ein erst­klas­si­ger Part­ner. Ich kann
kei­ne ge­schwät­zi­gen Men­schen lei­den. Und kei­ne, die zu laut spre­chen.«
    Er sah zu Al­bert hin­über. Der ro­te Fe­der­hut er­klär­te dem
ge­ra­de sehr ver­nehm­lich, warum er ein sol­ches Schwein sei, und klopf­te da­bei
rhyth­misch mit dem Re­gen­schirm auf den Tisch. Al­bert hör­te ge­dul­dig zu und war
nicht sehr be­ein­druckt.
    Jo­an Ma­dou lä­chel­te flüch­tig. »Das kann ich nicht.«
    »Hier kommt der nächs­te Vor­rats­wa­gen. Wol­len wir gleich
her­an, oder wol­len Sie vor­her ei­ne Zi­ga­ret­te rau­chen?«
    »Lie­ber vor­her ei­ne Zi­ga­ret­te.«
    »Gut. Ich ha­be heu­te an­de­re bei mir als die mit dem
schwar­zen Ta­bak.«
    Er gab ihr Feu­er. Sie lehn­te sich zu­rück und at­me­te tief
den Rauch ein. Dann sah sie Ra­vic voll an. »Es ist gut, so zu sit­zen«, sag­te
sie, und es schi­en ihm einen Au­gen­blick, als wür­de sie so­fort in Trä­nen
aus­bre­chen.
    Sie tran­ken Kaf­fee im »Co­lysée«. Der große Raum zu den
Champs Elysées war über­füllt, aber sie be­ka­men einen Tisch un­ten in der Bar, in
der die obe­re Hälf­te der Wän­de mit Glas­schei­ben ver­klei­det war, hin­ter de­nen
Pa­pa­gei­en und Ka­ka­dus hock­ten und bun­te tro­pi­sche Vö­gel hin und her flo­gen.
    »Ha­ben Sie schon dar­über nach­ge­dacht, was Sie tun
wol­len?« frag­te Ra­vic.
    »Nein, noch nicht.«
    »Hat­ten Sie ir­gend­was Be­stimm­tes vor, als Sie hier­her
ka­men?«
    Die Frau zö­ger­te. »Nein, nichts Ge­nau­es.«
    »Ich fra­ge Sie nicht aus Neu­gier.«
    »Das weiß ich. Sie mei­nen, ich sol­le et­was tun. Das will
ich auch. Ich sa­ge es mir selbst je­den Tag. Aber dann  ...«
    »Der Wirt sag­te mir, Sie sei­en Schau­spie­le­rin. Ich ha­be
ihn nicht da­nach ge­fragt. Er sag­te es mir, als ich nach Ih­rem Na­men frag­te.«
    »Wuß­ten Sie ihn nicht mehr?«
    Ra­vic blick­te auf. Sie sah ihn ru­hig an. »Nein«, sag­te
er. »Ich hat­te den Zet­tel im Ho­tel ge­las­sen und konn­te mich nicht mehr
er­in­nern.«
    »Wis­sen Sie ihn jetzt?«
    »Ja. Jo­an Ma­dou.«
    »Ich bin kei­ne gu­te Schau­spie­le­rin«, sag­te die Frau. »Ich
ha­be nur klei­ne Rol­len ge­spielt. In der letz­ten Zeit nichts mehr. Ich spre­che
auch nicht gut ge­nug Fran­zö­sisch da­für.«
    »Was spre­chen Sie denn?«
    »Ita­lie­nisch. Ich bin da auf­ge­wach­sen. Und et­was Eng­lisch
und Ru­mä­nisch. Mein Va­ter war Ru­mä­ne. Er ist tot. Mei­ne Mut­ter Eng­län­de­rin; sie
lebt noch in Ita­li­en, ich weiß nicht, wo.«
    Ra­vic hör­te nur halb zu. Er lang­weil­te sich und wuß­te
nicht mehr recht, was er re­den soll­te. »Ha­ben Sie au­ßer­dem noch et­was ge­tan?«
frag­te er, um et­was zu fra­gen.

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