Emma - endlich vom Glück umarmt
einige Meter zurückgelegt, als Rob aus der Kutsche stieg.
„Lily, komm zurück!“ Er bekam sie am Arm zu fassen. Mit herausfordernd vorgerecktem Kinn und zornig funkelnden Augen drehte sie sich zu ihm um. „Du kannst nicht einfach aus einer Kutsche springen. Das ist unklug.“
„Anscheinend ebenso unklug, wie in eine Kutsche hineinzuspringen. Gute Nacht, Sir.“ Mit energischem Schritt eilte sie davon und ließ ihn allein und mit leeren Händen auf dem Gehsteig stehen. Er kam sich vor wie ein Narr.
Teufel auch – ob nun aus Stolz, Begierde, Einsamkeit oder einem anderen Grund, dessen Namen er nicht kannte –, er wollte nicht, dass sie ging. Jedenfalls nicht auf diese Weise.
„Warte, Lily“, rief er. „Bitte.“
Zu seiner Überraschung blieb sie daraufhin stehen und drehte sich anmutig wie eine Tänzerin auf dem Absatz zu ihm um. „Liebe oder ein Ehemann, die Wahl ist schön und gut. Doch ich werde keines davon mit einem Mann teilen, der mir nicht das Geringste von sich erzählt. So furchtbar Mr. Simon auch sein mag, ich weiß wenigstens, dass er Spargel mag und Pfefferminzpastillen, dass er in seiner Kindheit einen Hund hatte, der Skippy hieß, und dass er von rohen Eiern Nesselausschlag bekommt. Doch Sie, Sir, sind für mich nichts weiter als ein gut aussehender, nichtssagender Geheimniskrämer.“
„Das bin ich nicht“, protestierte er. „Stell mich auf die Probe. Frag mich alles, was du willst, und ich verspreche, ich werde dir antworten.“
„Alles, was ich will?“ Verwirrt trat sie näher. Der feine weiße Musselinstoff ihres Kleides wehte in der nächtlichen Brise sanft um ihre Beine. „Was es auch sei?“
Er nickte, obwohl er dabei innerlich ein grässlich unbehagliches Gefühl verspürte. Wie zum Teufel war das hier nur geschehen? Seine Vergangenheit war voller übler Geheimnisse, die er lieber nicht mit ihr teilen wollte. Bis vor wenigen Wochen – bis er geschworen hatte, sich zu ändern – hatte sein Leben ausschließlich aus Täuschungen und charmanter Heuchelei bestanden.
Spielerisch schob sie ihre Finger in die seinen. Ihr Lächeln war schelmisch, wagemutig, fast schon ein Grinsen, und es durchfuhr ihn ein seltsamer Schock, als ihm wieder bewusst wurde, wie sehr er wollte, dass sie bei ihm blieb – nicht wegen ihres Geldes, sondern um ihrer selbst willen.
„Nun gut, Sir“, begann sie. „Mein Rob. Ich wähle eine Nacht der Liebe mit dir anstelle einer Heirat mit Mr. Simon für die Ewigkeit.“
Er lächelte erleichtert und hob ihre Hand zu seinen Lippen. „Ah, meine Lilie, du wirst diese Entscheidung nicht bereuen.“
„Du vielleicht schon.“ Sie lachte ihn über ihre beider, ineinander verschränkten Hände hinweg an. „Du sagtest, du würdest alles von dir preisgeben, um mir die Entscheidung zu erleichtern. Und ich nehme dich beim Wort. Verrate mir das dunkelste Geheimnis deines Lebens. Das Geheimnis, von dem du am wenigsten möchtest, dass ich es selbst herausfinde.“
3. KAPITEL
Keinem Gentleman würde es gefallen, eine solche Frage beantworten zu müssen. Lily war sich dessen bewusst, und sobald die Worte aus ihrem Mund heraus waren, erkannte sie die Gefahr, die in ihnen lag. Wenn Robs Antwort amüsant und unbedeutend war, um ihr zu gefallen, dann bewies er damit, dass sie nicht auf seine Ehrlichkeit vertrauen konnte.
Wenn er ihr jedoch die Wahrheit sagte, dann könnte sie etwas viel Schlimmeres über ihn erfahren. Etwas, das sie vielleicht lieber gar nicht wissen wollte. Sogar gut behütete junge Damen, die fern von London aufgewachsen waren, hatten Gerüchte über die Schlechtigkeit und sündhaften Ausschweifungen gehört, die adelige Gentlemen zu ihrer Unterhaltung veranstalteten. Was wäre, wenn ihr attraktiver, charmanter Rob etwas davon erzählte? Welche Auswirkungen hätte dies auf ihre Nacht der Liebe?
Beunruhigt suchte sie in seinem Gesicht nach Hinweisen. Er schwieg. Sie konnte ihm ansehen, dass er tief in Gedanken versunken war. „Du bist so still, Rob. Hast du so viele Geheimnisse, unter denen du wählen musst?“
Lily spürte, dass es ihn einige Mühe kostete, eine heitere Miene aufzusetzen, und war sich nicht sicher, warum.
„Oh, ich habe weit mehr Geheimnisse, als ich zählen kann.“ Er lächelte. „Doch warum gehen wir nicht irgendwohin, wo es angenehmer ist als hier, während ich mein Sündenregister durchgehe.“
Sie neigte ihren Kopf zur Seite. „Angenehmer als das hier?“
„Dann eben komfortabler.“ Er zog sie näher zu sich.
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