Emma will’s wissen
sich ein bisschen vorzubereiten.«
»Ja. Danke.« Ich strich das Geschenkpapier glatt.
»Wenn ich an Emmas und Tims Geburt denke, kriege ich immer noch eine Gänsehaut.« Mama schüttelte den Kopf. »Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Nicht zu fassen, dass es schon zwölf Jahre her ist! Ich glaube, so einen heftigen Eisregen hat es seitdem nicht mehr gegeben. Die Straßen waren spiegelglatt und von den Dächern hingen große Eiszapfen. Alles war still, es fuhr kein einziges Auto. Und ausgerechnet da setzten bei mir die Wehen ein …«
Ich verdrehte die Augen. »Mama, die Geschichte kennen wir bereits. Du hast sie bestimmt schon hundertfünfzig Mal erzählt.«
»Ich weiß«, sagte Mama seelenruhig. »Aber sie gehört zu eurem Geburtstag einfach dazu.«
»Außerdem hab ich die Geschichte noch nicht gehört.« Mona machte ein neugieriges Gesicht. »Erzähl weiter, Lia. Was ist dann passiert? Es fuhr doch bestimmt kein Taxi, oder? Und auch kein Krankenwagen. Hast du Tim und Emma etwa zu Hause bekommen?«
Ich seufzte. Da war nichts zu machen. Jetzt konnte ich mir zum hunderteinundfünfzigsten Mal anhören, wie Papa und Mama im Schritttempo zum Krankenhaus gefahren waren, wie sie in jeder Kurve durch die Gegend schlitterten und kurz vor dem Krankenhaus noch fast einen Unfall gebaut hatten, wie Mama beinahe hinfiel, weil der Parkplatz total vereist war, und so weiter und so weiter.
»Das kann dir diesmal nicht passieren«, sagte Gesa, als Mama endlich fertig war. »Das ist der Vorteil einer Hausgeburt.«
»Ich find’s super, dass du das Baby zu Hause bekommen willst«, sagte Mona. »Ich hab schon viel über Hausgeburten gelesen. Darf ich dabei sein, wenn es so weit ist?«
Mir blieb fast mein Nutellabrötchen im Hals stecken. »Spinnst du?«, rief ich. »Das ist doch total eklig!«
»Wieso?«, fragte Mona. »Eine Geburt ist doch die natürlichste Sache der Welt.«
Das hatte sie bestimmt in einem ihrer schlauen Bücher gelesen. Vielleicht hätte sie beim Frauenarzt mal besser zuhören sollen, anstatt ihre Nase die ganze Zeit in Baby-zeitschriften zu stecken.
»Ja, ja, total natürlich«, murmelte ich. »Man hat vierundzwanzig Stunden lang furchtbare Schmerzen, und wenn man Pech hat, wird einem auch noch der Bauch aufgeschnitten …«
Mama verschluckte sich an ihrem Hagebuttentee und Gesa musste ihr auf den Rücken klopfen.
»Wo hast du das denn her?«, fragte Mama, als sie zu Ende gehustet hatte.
Ich wurde rot. »Ist doch egal.« Ich wollte nicht zugeben, dass ich den Frauen beim Arzt zugehört hatte. »Ich hab eben so meine Quellen.«
Das hat Papa früher immer gesagt, wenn Mama wissen wollte, wo er am Monatsende noch Geld für ein neues Motorradersatzteil aufgetrieben hatte. Früher dachte ich wirklich, Papa kennt eine verzauberte Quelle irgendwo im Wald, aus der Goldmünzen und Geldscheine sprudeln. Wie im Märchen. Inzwischen weiß ich natürlich, dass das Quatsch ist. Keine Ahnung, wo Papa das Geld herhatte. Vielleicht war er im Nebenberuf Bankräuber. (Keine Angst, war nur ein Witz!)
»Natürlich ist eine Geburt eine schmerzvolle und extreme Erfahrung, aber es gibt viele Möglichkeiten, die Schmerzen zu lindern«, erklärte Mama.
Gesa nickte. »Durch Yoga zum Beispiel. Mit der richtigen Atemtechnik kann man Schmerzen einfach wegatmen.«
Das konnte ich mir irgendwie nicht so richtig vorstellen. Auch wenn es sehr praktisch wäre. »Funktioniert das auch beim Zahnarzt?«, fragte ich.
Gesa überlegte. »Hab ich noch nie ausprobiert. Aber warum eigentlich nicht? Bei Monas Geburt hat mir die Atmung jedenfalls sehr geholfen.«
»Das musst du mir unbedingt auch beibringen«, sagte Mama.
Nun waren wir doch wieder beim Babythema angekommen! Es war wie verhext.
»Können wir jetzt mal über was anderes reden?«, fragte ich. »Sonst vergeht mir noch der Appetit.«
Während des restlichen Frühstücks wurden die Wörter »Geburt« und »Baby« nicht mehr erwähnt. Das ist ein großer Vorteil, wenn man Geburtstag hat: Alle machen, was man will! Schade, dass ich nur einmal im Jahr Geburtstag habe …
Die Party fing nachmittags um vier an. Lea und Simone waren die Ersten. Sie kamen zusammen. Das versetzte mir einen kleinen Stich, aber ich wollte mir davon auf keinen Fall die Stimmung verderben lassen.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.« Simone reichte mir ein flaches Päckchen. Bestimmt ein Buch. Hoffentlich kein Pferdebuch.
Lea fiel mir um den Hals und gab mir zwei Küsschen auf
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