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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Und jetzt schickten sie Shorty, um ihn zu bearbeiten. Er hatte diese vorgetippte Einverständniserklärung für Jeb dabei. Einfach unterschreiben, die Fotos zurückgeben, anheuern, und ran an das große Geld. Ich hätte Shorty gleich sagen können, dass er sich nur eine gebrochene Nase holen wird für seine Mühe, aber auf mich hätte er ja eh nicht gehört. Ein aufgeblasenes Arschloch, das ist er. Hält sich für den größten Charmeur aller Zeiten. Hatte ständig seine Pfoten an mir dran, wenn Jeb nicht hingeschaut hat. Und einen Beileidsbrief hat er mir geschrieben, so schmalzig, dass es dir die Schuhe auszieht.«
    Aus der Schublade, aus der auch die Zeitungsausschnitte gekommen waren, holte sie einen handschriftlichen Brief und schob ihn ihm hin.
    Liebe Brigid,
    Es tut mir furchtbar Leid die Schlimme Nachricht über Jeb zu hören. Auch das es so im Bösen zwischen uns enden musste. Jeb war der Beste der Besten und wird es immer bleiben, egal was für Zoff wir hatten, er wird mir unvergessen bleiben wie auch dir, das weiß ich. Und Brigid, wenn du mal knapp bei kasse bist, rufe einfach beigefügte Handynummer an und ich überweise dir Geld. Außerdem muss ich dich bitten netter Weise zwei geliehne Fotos an mich zurück zu schicken, bei denen es sich um persönliches Eigentum handelt. Rückumschlag liegt bei.
    In tiefer Trauer
    Jebs alter Kamerad Shorty, auf den du dich immer verlassen kannst
    Draußen vor der Haustür erhobene Stimmen: Danny, der heult und tobt, und Harry, der vergebens auf ihn einredet. Brigid streckt die Hand nach den Fotos aus.
    »Könnte ich die unter Umständen behalten?«
    »Haben Sie sie nicht mehr alle?«
    »Darf ich sie mir dann kopieren?«
    »In Ordnung. Machen Sie. Kopieren Sie sie«, gibt sie zurück, auch dies ohne eine Sekunde des Zögerns.
    Unser Mann in Beirut legt die Bilder flach auf den Esstisch und fotografiert sie ungeachtet der Parole, die er selbst vor zwei Tagen an Emily ausgegeben hat, mit seinem BlackBerry. Als er sie ihr wiedergibt, schaut er über Brigids Schulter noch einmal in Shortys Brief und überträgt die Handynummer in sein Notizbuch.
    »Wie heißt Shorty mit Nachnamen?«, fragt er, während das Geheul draußen immer mehr anschwillt.
    »Pike.«
    Zur Sicherheit notiert er sich auch das.
    »Er hat mich an dem Tag noch angerufen«, sagt sie.
    »Pike?«
    » Danny, hältst du endlich deinen verdammten Mund! Blödsinn, Jeb natürlich. Dienstag früh um neun. Harry und Danny waren gerade zu einem Schulausflug aufgebrochen. Ich geh ran, es ist Jeb, so wie er die ganzen drei Jahre nicht mehr geklungen hat: ›Ich hab meinen Zeugen gefunden, Brigid, den besten, den es nur geben kann. Er und ich werden dafür sorgen, dass die Sache ein für alle Mal ins Reine kommt. Schick Harry zum Teufel, und sobald das hier geschafft ist, fangen wir zusammen neu an, du und ich und Danny.‹ Das war das Ausmaß seiner Depression ein paar Stunden bevor er sich das Hirn rausgeballert hat, Mr. Bell.«
    ***
    Wenn zehn Jahre im diplomatischen Dienst Toby eines gelehrt hatten, dann, jede Krise als normal und lösbar zu behandeln. Auf der Taxifahrt zurück nach Cardiff mochten in seinem Innern noch so viele Befürchtungen für Kit, Suzanna und Emily durcheinandergehen, dazu Trauer um Jeb und der Schock über Timing und Art seiner Ermordung sowie über die Komplizenschaft der Polizei, doch nach außen hin war er derselbe gesprächige Fahrgast wie auf dem Hinweg, so wie Gwyneth dieselbe gesprächige Fahrerin war. In Cardiff angekommen allerdings traf er seine Maßnahmen, als hätte er die ganze Strecke mit ihrer Planung verbracht, was exakt den Tatsachen entsprach.
    Beobachtete man ihn? Noch nicht, aber Charlie Wilkins’ Warnung war auf keine tauben Ohren gestoßen. Seine Zugkarte an der Paddington Station hatte er bar bezahlt. Er hatte auch Gwyneth in bar bezahlt und sich von ihr am Kreisverkehr absetzen und wieder einsammeln lassen. Er hatte die Identität seines »Freundes« für sich behalten, wobei er sich da keinen Hoffnungen hingab: Aller Wahrscheinlichkeit nach war mindestens einer von Brigids Nachbarn von der Polizei als Spitzel rekrutiert worden, in welchem Fall jetzt eine Beschreibung seiner Person kursierte – auch wenn polizeiliche Inkompetenz mit etwas Glück dafür sorgen würde, dass sie nicht gleich an die richtige Adresse geriet.
    Er hatte nicht genug Bargeld für seine Zwecke, so dass ihm nichts übrigblieb, als welches am Automaten zu holen und damit in Cardiff eine Spur zu

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