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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Moment sagte Sandra: »Wenn wir früher dran gedacht hätten, dann hätte ich mit dir nach Athen fliegen und von da einen Flug nach Hause nehmen können. Aber hier passiert ja alles so schnell. Ich ... Es gefällt mir nicht, dass du so fliegst, so ganz allein auf dich gestellt, Harry.«
    Er umarmte sie fest und küsste sie, dann wandte er sich an Darcy und Manolis. »Hört zu, ich komme zurück, das verspreche ich. Aber wenn ich aufgehalten werden sollte, dann macht weiter und beendet diese Sache, so gut ihr könnt. Viel Glück!«
    »Das liegt mir in den Genen«, erklärte Darcy. »Pass auf dich auf, Harry!«
    Sandra umarmte ihn noch einmal, dann trat er zurück, nickte und folgte dem Menschenstrom über den staubigen Gehweg zum Rollfeld hinaus.
    Unter den vielen Leuten, die Freunde verabschiedeten, war auch ein Mann in Turnschuhen, grellen Bermuda-Shorts und einem offenen weißen Hemd, der beobachtete, wie Harrys Flugzeug abhob. Er war ein Grieche, der immer mal wieder kleine Aufträge für die Russen erledigte. Er musste jetzt nur noch Harrys Zielort herausfinden und die Nachricht weitergeben.
    Das war nicht weiter schwierig. Sein Bruder arbeitete am Abfertigungsschalter.
    Harry erreichte pünktlich seinen Anschlussflug in Athen und kam um 17:45 Uhr in Bukarest an. Auf dem Flughafen und in der näheren Umgebung wimmelte es vor Soldaten mit leichter Bewaffnung in graugrünen Hemden, olivfarbenen Hosen und Kampfstiefeln. Aber es sah nicht so aus, als gäbe es einen besonderen Grund für ihre Anwesenheit, und die Männer wirkten eher gelangweilt. Das war nur eine Routinemaßnahme, die keine echte Bedeutung hatte. Die Soldaten erwarteten keine ungewöhnlichen Vorkommnisse und eigentlich interessierten sie die Vorgänge auf dem Flughafen auch nicht sonderlich. Sie waren nur da, um Präsenz zu zeigen.
    Als Harry durch die Zollabfertigung kam, schenkte ihm der Beamte, der die Pässe stempelte, nur einen flüchtigen Blick. Alle Augen folgten den drei oder vier Angehörigen einer ausländischen Delegation, der ein Staatsempfang bereitet wurde und die mit viel Tamtam durch den Flughafen ins »freie« Rumänien geleitet wurde. Harry kam das sehr zupass.
    Manolis hatte ihm hundertfünfzig amerikanische Dollar gegeben und ihm versichert, die seien so gut wie blankes Gold. Harry rief sich ein Taxi und ließ seine Reisetasche auf den Rücksitz fallen. »Nach Ploiesti, bitte!«
    »Häh? Ploiesti?«
    »Ja, richtig.«
    »Engländer?«
    »Nein, Grieche. Aber ich beherrsche kein Rumänisch.«
    Und du sprichst hoffentlich kein Griechisch.
    »Ach! Das ist komisch! Wir beide sprechen Englisch, ja?« Der Mann konnte ein Bad gebrauchen und hatte Mundgeruch, aber ansonsten schien er ganz in Ordnung.
    »Ja«, sagte Harry. »Das ist komisch. Äh, kann ich mit Dollar bezahlen?« Er zeigte ihm ein paar Scheine.
    »Äh! Ja! Dollars?« Dem Mann traten fast die Augen aus dem Kopf. »Natürlich. Auf jeden Fall. Ich nehmen! Ploiesti ist – weiß nicht – sechzig Kilometer? Ah, zehn Dollar?«
    »Ist das eine Frage?«
    »Zehn Dollar!« Der Fahrer grinste und zuckte die Achseln.
    »Schön!« Harry reichte ihm das Geld. »Ich werde solange schlafen«, sagte er, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er hatte nicht vor zu schlafen, er wollte sich aber auch nicht unterhalten.
    Die rumänische Landschaft war öde. Selbst jetzt im Spätfrühling, beinahe schon Sommer, gab es nicht viel Grün zu sehen. Viel Braun und Grau, viele Sand- und Zementhaufen, billige Fertigbauten und Ziegelsteinhaufen. Hier wurde so viel gebaut wie in den ganzen Küstenregionen von Spanien, der Türkei und den griechischen Inseln zusammen. Nur hatte das hier nichts mit Tourismus zu tun, und es wurde fast ebenso viel abgerissen wie neu gebaut. Es waren die grotesken, menschenverachtenden Auswirkungen von Ceausescus agrar-industrieller Revolution: Man wollte Geld sparen, indem man mehr und mehr Leute unter einem Dach zusammenpferchte wie Vieh in Mastboxen. Vorbei mit der Unabhängigkeit der Bauern, mit den pittoresken Siedlungen und dem Dorfleben. Es zählten nur noch die hässlichen, steil aufragenden Plattenbauten. Und unterdessen zog sich das Netz der staatlichen Kontrolle immer enger zusammen.
    Obwohl er die Augen bis auf einen Schlitz geschlossen hatte, musterte Harry die Gegend, die an den Fenstern des Wagens vorbeirauschte. Die Landschaft entlang der Straße von Bukarest nach Ploiesti sah aus wie nach einem Krieg. Bulldozer arbeiteten in Gruppen in den giftigen blauen

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