ENTSEELT
Telepath, Harry.
Das weiß ich sehr gut, gab Harry zu, aber Janos war sich da nicht so sicher. Er hat schließlich ein paar Dinge in meinem Kopf gesehen, die ihm zu denken gaben. Nicht zuletzt deine Anwesenheit. Und wenn du als mein Ratgeber fungierst, dann muss ihm klar sein, dass er sich vorsehen muss. Er will dich ganz bestimmt nicht in seinem Kopf haben. Niemand will das, mich eingeschlossen. Aber du hast wohl wirklich recht, und es war ein Bluff. Aber ich fühlte mich ... stark! Ich hatte das Gefühl, ich habe sehr gute Karten.
Du bist stark. Aber denke daran, du hattest zusätzlich die Kraft des Mädchens und die von Layard. Du hast ihre verstärkten Fähigkeiten benutzt.
Das weiß ich, erklärte Harry. Aber ich fühlte mich noch stärker als das. Es könnte natürlich dein Einfluss gewesen sein, aber das glaube ich nicht. Ich hatte das Gefühl, das käme alles aus mir. Und ich glaube, wenn ich ein wirklicher Telepath wäre, dann wäre ich auch eingedrungen. Und sei es nur des Versuchs wegen, und um Janos dazu zu bringen, sich das anzutun, was er Trevor Jordan angetan hat.
Harry spürte Faethors Zustimmung. Bravo! Aber versuch nicht zu rennen, bevor du laufen kannst, mein Sohn. Ehe Harry antworten konnte, wechselte er das Thema. Wirst du mit den Szgany gehen, mit den widerlichen Zirra?
In den Rachen des Löwen? Ja, ich schätze schon. Wenn ich schon nicht in seinen Verstand eindringen kann, dann wenigstens in seinen »Körper«, wenn man so will. Vielleicht kann ich ihm auf diese Weise auch ein paar seiner Zähne ziehen. Aber sag mir eines: Wenn ich ihn davon abgeschreckt habe, einen mentalen Angriff oder eine mentale Unterwerfung zu versuchen, was wird er dann als Nächstes tun? Was würdest du tun, wenn du an seiner Stelle wärst?
Was bleibt ihm schon übrig?, meinte Faethor. Im Umgang mit mentalen Fähigkeiten – vor allem gerade den Fähigkeiten, die er von dir stehlen will – glaubt er, dass du ihm mindestens gewachsen bist. Also muss er dich zuerst physisch niederzwingen. Was ich tun würde, wenn ich an seiner Stelle wäre? Ich würde dich umbringen und dir dann mit Hilfe der Nekromantie dein Wissen aus den kreischenden Eingeweiden entreißen.
Mit deiner ... »Kunst«? Mit der von Thibor und Dragosani? Aber die besitzt Janos doch nicht.
Er hat dafür diese andere Sache, diese uralte, fremdartige Magie. Er kann dich zu Asche verbrennen, und dich dann wieder aus deiner chemischen Essenz auferstehen lassen, dich foltern, bis du nur noch ein Häufchen Elend bist, dich nicht länger verteidigen kannst, und dann in deinen Verstand eindringen. Und so bekommt er, was er will.
Als er das hörte, fühlte Harry sich gar nicht mehr stark. Außerdem war der Slibowitz hochprozentiger, als er gedacht hatte, und er hatte nicht wenig davon getrunken. Plötzlich war ihm schwindlig. Der Alkohol löste eine ungewohnte Leichtigkeit bei ihm aus, und zur gleichen Zeit spürte er, wie ihm eine Decke über die Beine und den Unterleib gelegt wurde. Es war kühl unter den Bäumen, und jemand achtete auf sein Wohlergehen, wenigstens zurzeit noch. Er öffnete die Augen einen Spalt und sah seinen »Freund«, der auf ihn herunterblickte. Der Mann nickte und lächelte, dann ging er davon.
Verdammt clever, diese Mistkerle, bemerkte Faethor.
Ja!, meinte Harry. Sie sind gut instruiert worden ...
Obwohl Harry den Schlaf nicht unbedingt brauchte, gestattete er es sich zu dösen. Seit zwei oder drei Tagen fühlte er sich schlapp, als kurierte er noch eine leichte Virusinfektion aus. Vielleicht hatte er sich auf den griechischen Inseln etwas eingefangen. Aber das war eine komische Krankheit, die ihm einerseits ein Gefühl der Stärke gab, ihn andererseits aber auslaugte. Vielleicht gab es einen Wetterumschwung, oder vielleicht war auch die Luft schuld oder die ganzen mentalen Aktivitäten, denen er sich in den letzten Tagen hingegeben hatte, und dann war da noch die Totensprache, die er plötzlich wiedererhalten hatte. Es konnte all das sein. Oder vielleicht auch etwas anderes.
Gerade als er sich gehen ließ und in einem seltsamen Traum versank – in einer Welt aus Sümpfen und Bergen und Festen aus Fels und Knochen und Sehnen –, suchte Möbius ihn auf.
Harry? Geht es dir gut, mein Junge?
Sicher , sagte er. Ich wollte mich nur ausruhen. Es könnte sein, dass ich alle Kraft brauchen werde, die ich aufbringen kann. Die entscheidende Schlacht steht kurz bevor, alter Freund.
Möbius war überrascht. Du redest irgendwie
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