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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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sich mehrere Sweeper.
    »Als Gast schleicht man sich nicht wie ein Dieb in der Nacht aus dem Haus«, fuhr sie fort. »Ich bin sehr enttäuscht von euch, Lucy und Aidan. Ich dachte, wir gingen aufrichtig miteinander um.« Die glatten, grau gestrichenen Wände nahmen ihre Worte an und warfen sie wieder zurück. Das vielstimmige Echo raubte Lucy die Orientierung. Dr. Lessings Augen blieben an Sammy haften. Sie runzelte kurz die Stirn und bohrte ihren Blick durch die Aussparungen seiner Maske.
    »Wer ist das?«
    »Mein Bruder«, antwortete Aidan. »Er wollte sehen, wie es uns geht.«
    »Um ein Uhr nachts?«
    »Er konnte es einfach nicht erwarten.«
    »Und sein Aufzug ist Teil des Theaters, das ihr hier inszeniert?«
    Sammy zog seine Kapuze herab. Aidan schwieg.
    Dr. Lessing brach in Gelächter aus. Es war laut und so heftig, dass sie sich geradezu bog. Einen Moment lang hätte Lucy sich fast von dem Lachen anstecken lassen, aber es hielt einfach zu lange an. Als Dr. Lessing den Kopf wieder hob, sah sie erschöpft aus. Lucy durchzuckte Angst.
    Dr. Lessing rang nach Atem, glättete ihr Haar und knöpfte ihren Kittel zu. Sie stieß einen kurzen Befehl aus und die Leute hinter ihr traten vor.
    »Wer ist das? Ihre Geheimpolizei?«, fragte Sammy.
    »Diese Leute sind hier, um uns zu schützen«, antwortete die Ärztin.
    Es waren acht Sweeper, die sie umstanden. Sie trugen allesamt Helme und Waffen.
    »Schlafen die auch in diesen Klamotten?«, wollte Sammy wissen. Die Ärztin achtete nicht auf ihn.
    An seinem Bauch und seinen roten Haaren erkannte Lucy Simmons wieder. Weiß er nicht, dass seine Chefin verrückt ist? Lucy hob ihr Messer – und kam sich im selben Moment wie eine Idiotin vor. Ein abgebrochenes Messer gegen acht Elektroschocker! Sie überlegte, wie es sich wohl anfühlen würde, von einem Stromschlag getroffen zu werden. Ein brennendes Gefühl, oder war es nur ein Schlag, der bis ins Herz ging und es zum Stillstand brachte? Augenblicklich trieften ihreHandflächen vor Schweiß. Aidan versuchte sie hinter sich zu ziehen, aber sie ließ es nicht zu. »Du bist noch nicht wieder fit«, flüsterte sie. »Ich habe gehört, wie du hinter mir über deine eigenen Füße gestolpert bist.«
    »Und dein Messer taugt nichts mehr«, flüsterte er zurück.
    »Scharf ist es immer noch.«
    Dr. Lessings Miene wurde ein wenig sanfter. Sie sprach leiser. »Aidan, du gehörst ins Bett. Simmons hat mir gesagt, im günstigsten Fall hast du dir einen Bänderriss in der Schulter zugezogen. Der Gewebeschaden ist beträchtlich.« Sie wandte sich mit offenen Handflächen an Lucy. »Und du, Lucy, du warst so erschöpft, dass du in meinem Büro von einem Satz auf den nächsten eingeschlafen bist.«
    »Sie haben uns Drogen verabreicht!«, schleuderte Lucy ihr entgegen. »Schluss jetzt mit diesen Lügen!«
    Dr. Lessing lachte. »Ihr habt Kaffee von mir bekommen! Mag sein, dass er schon ein bisschen abgestanden war, aber etwas Besseres hatte ich nicht. Von Drogen kann man da wirklich nicht sprechen.«
    »Sie wissen genau, was Sie gemacht haben!«, spie Lucy aus. »Für wen verstellen Sie sich? Für diese Leute da?« Sie deutete auf die Sweeper. »Die tun doch ohnehin nur das, was Sie ihnen sagen!«
    In Dr. Lessings Gesicht bildeten sich Sorgenfalten. »Du bist ja ganz durcheinander, Lucy. Du hast wohl schlecht geträumt. Geh jetzt besser wieder ins Bett. Morgen früh können wir über alles reden.«
    Zitternd trat Lucy einen Schritt vor. Zunächst spürte sienoch Aidans Hand auf ihrer Schulter, doch dann fiel sie herunter. Sie blickte der Ärztin in die Augen und sah darin nichts als Mitleid und einen Anflug von Sorge. Beides schien völlig aufrichtig. Lucy zauderte.
    Die Szene vor ihren Augen wirkte zu absurd, um wahr zu sein: die schweigenden Sweeper mit den unsichtbaren Gesichtern hinter den reflektierenden Plexiglasvisieren und ihren bedrohlichen kleinen Kästchen in den Händen; die Ärztin in ihrem Kittel; drei Jugendliche mit unbrauchbaren Waffen. Sogar Sammys Sichel war wohl eher dazu geeignet, eine Handvoll Basilikum klein zu hacken, als jemanden zu verletzen. Lucy schwirrte der Kopf. Sie fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Beruhigungsmittel, die Dr. Lessing ihnen verabreicht hatte – was immer es auch gewesen sein mochte –, vollständig nachließen. Ihr Geist fühlte sich immer noch benebelt davon an. Was war echt? Diese Frage nagte in ihr. Dr. Lessing schien für alles eine Erklärung zu haben. Aber wie viele von

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