Erebos
ihm zu Hilfe. »Weißt du, ich denke seit gestern ständig darüber nach, ob nicht doch mehr hinter Aishas Behauptungen steckt. Zuerst ist mir das alles total absurd vorgekommen, aber wer weiß.«
Nick war wie vor den Kopf gestoßen. »Du glaubst Aisha?«
»Nein. Vielleicht. Ich weiß es nicht. Leute machen die unfassbarsten Dinge. Sachen, die man ihnen nie zugetraut hätte.«
Volltreffer. Nicks Gesicht wurde heiß, er musste mittlerweile knallrot sein. Sie weiß es doch.
Wenn Emily seine Verlegenheit bemerkte, verbarg sie es sehr geschickt. Sie blickte sinnierend zu den Garderoben, wo Brynne immer noch stand und beharrlich zu ihnen herüberstarrte.
»Ich kenne Eric auch nicht so gut. Wir lieben beide englische Literatur und darüber unterhalten wir uns meistens. Er ist sehr klug, das mag ich. Eigentlich müsste er zu klug für so etwas sein, aber jetzt ist auch noch ein Zeuge aufgetaucht, der gesehen haben will –«
»Wer?«
Emily zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Mr Watson hat es Jamie heute Morgen erzählt. Jamie platzt fast vor Wut. Er hält das für ein abgekartetes Spiel.«
›Es wäre nicht übel, wenn Aisha einen Zeugen hätte.‹ Nick schloss die Augen.
»Warum erzählst du mir das alles?«
Emily blickte zu Boden. »Was wolltest du damals, an dem Sonntagmorgen, als du bei mir angerufen hast?«
Unwillkürlich musste Nick lächeln. Ich wollte dir eine Welt schenken, dachte er. Eine coole, unglaubliche, aufregende Welt. Spannend. Mystisch. Fürchterlich. Albtraumhaft. Alles zusammen.
»Das kannst du dir wahrscheinlich denken, oder? Ich wollte nicht Adrians Telefonnummer, es war wegen …«
»Schon klar.« Sie nickte. »Ich war ziemlich abweisend, ich weiß. War aber nicht persönlich gemeint. Heute würde ich wahrscheinlich anders reagieren. Weißt du, wenn du die Sache gut findest, muss irgendetwas dran sein.« Sie lächelte ihm noch einmal zu und ging.
Nick sah ihr sprachlos hinterher. Wenn das die Wirkung des Wunschkristalls war, bekam er wirklich Angst. So etwas gab es einfach nicht. Außerdem: Emily und Erebos? Wieso auf einmal? Er strich sich über den Kopf, verwundert darüber, dass der Gedanke ihm so wenig behagte. Das hatte er doch gewollt! Eine Katzen-Emily oder eine Elfen-Emily, vielleicht auch eine Vampir-Emily an seiner Seite. Doch er hatte das Spiel schon für Henry Scott kopiert und das war es dann. Er würde es Emily nicht anbieten können, selbst wenn sie es wollte.
»Ist ja wahnsinnig einfühlsam von dir, mit Emily zu flirten, wenn ich daneben stehe!« Brynne hatte sich hinter ihm aufgebaut. Die Wut schraubte ihre Stimme in unangenehme Höhen.
»Wie bitte?«
»Hat dir denn unser Date gar nichts bedeutet?«
»Aber … ich …« Verdammt. Er stotterte schon wieder.
»Glaubst du, du kannst jeden Tag mit einer anderen rummachen? Glaubst du, ich habe keine Gefühle?«
»Ich hab doch nicht mit Emily rumgemacht!«, sagte Nick empört. »Ich habe mich nur mit ihr unterhalten!«
»Und mich links liegen lassen! Glaubst du, ich kriege nicht mit, wie du sie anglotzt?« In einer bühnenreifen Geste warf Brynne ihr Haar hinter die Schulter. »Ich bin so enttäuscht von dir, Nick!«
Sie ließ ihn stehen. Nick rieb sich die Augen und seufzte. Er war ein Idiot. Er hatte sich tatsächlich dafür gerechtfertigt, dass er mit Emily gesprochen hatte.
Es war der Tag der seltsamen Gespräche, wie sich herausstellen sollte. In einer der nächsten freien Stunden kam Mr Watson auf Nick zu und bat ihn um eine kurze Unterhaltung in einem leer stehenden Klassenzimmer, was Nick sofort einen rasenden Herzschlag bescherte.
Die Pistole. Er weiß, dass ich etwas mit der Pistole zu tun habe.
»Ich möchte mit dir sprechen, weil ich dich für einen klugen Menschen halte«, erklärte Mr Watson. Er stellte seine Thermoskanne auf dem Tisch ab und sah sinnierend aus dem Fenster. »Aber ich glaube, du bist in etwas hineingeraten, das dir nicht guttut.«
Gleich wird er die Waffe erwähnen.
»Ich weiß mittlerweile, dass ein Haufen Schüler an unserer Schule ein Computerspiel mit dem Namen Erebos spielen. Ich glaube, du kannst mich richtig einschätzen. Ich habe nichts gegen Computerspiele. Ich habe eine meiner Klassen sogar Aufsätze schreiben lassen, die im Szenario von World of Warcraft beheimatet sind. Aber das hier ist anders. Es ist gefährlich und ich muss etwas dagegen unternehmen.«
Nick sah ihn schweigend an. Colin, Rashid und ein paar andere hatten garantiert mitbekommen, dass Watson
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