Erinnerung Des Herzens
anschauen zu können. Ihr Gesicht faszinierte ihn seit jeher.
Er fragte sich, ob er wirklich der einzige war, der ihre Schwäche kannte, die sie vor aller Welt so sorgfältig verbarg. »Ich will dich nicht verletzen, Eve. Aber das, was du vorhast, wird viele Leute, viele gehässige Leute, sehr unglücklich machen.«
Ihre Augen leuchteten, als sie ihm zulächelte. »Du bist der einzige gewesen, der mich je einen alten, harten Brocken genannt hat und damit durchgekommen ist, hast du das vergessen?«
»Nein. Aber du bist mein alter, harter Brocken, Eve.«
»Hab Vertrauen zu mir.«
»Zu dir ja. Aber diese Autorin, das ist eine andere Sache.«
»Sie wird dir gefallen.« Sie lehnte sich an ihn und schloß die Augen. »Sie hat Klasse und ist absolut seriös. Sie ist genau die Richtige, Vic. Stark genug, um das zu Ende zu führen, was sie anfängt, stolz genug, um ihre Arbeit gut zu machen. Ich glaube, es wird mir sehr gefallen, mein Leben mit ihren Augen zu sehen.«
Er fuhr ihr mit der Hand über den Rücken und spürte, wie ihm heiß wurde. Sein Verlangen nach ihr hatte nie aufgehört. »Ich weiß, dass es gar keinen Sinn hat zu versuchen, dir etwas auszureden, was du dir in den Kopf gesetzt hast. Der Himmel weiß, wie sehr ich es versucht habe, als du Rory Winthrop heiraten wolltest.«
Ihr Lachen klang weich und verführerisch, und mit den Fingern strich sie sanft über seinen Nacken. »Und du bist immer noch eifersüchtig, weil ich mir einzureden versucht habe, ich könnte ihn so lieben wie dich.«
Er spürte einen Stich, aber es war nur teilweise Eifersucht. »Ich hatte nicht das Recht, dich zurückzuhalten, Eve. Ich hatte es damals nicht, und ich habe es auch heute nicht.«
»Du hast mich nie zurückgehalten.« Sie griff nach dem, was sie immer hatte haben wollen und niemals ganz haben konnte. »Deshalb gerade zählt für mich niemand außer dir.«
Er küsste sie, wie er es schon tausendfach getan hatte, voller Leidenschaft und mit stiller Verzweiflung. »Mein Gott, ich liebe dich, Eve.« Er lachte, als er spürte, wie sein Glied hart wie Eisen wurde. »Noch vor zehn Jahren hätte ich es hier an Ort und Stelle mit dir getrieben. Jetzt brauche ich ein Bett dazu.«
»Dann komm in meins.« Hand in Hand gingen sie eilig zusammen fort.
Julia blieb noch lange im Schatten stehen. Sie spürte keine Verlegenheit in sich, auch kein Prickeln, das aufkommt, wenn man ein Geheimnis erfahren hat. Tränen bedeckten ihre Wangen, als hätte sie besonders schöne Musik gehört oder einen wundervollen Sonnenuntergang beobachtet.
Das war Liebe. Dauerhaft, befriedigend, großzügig. Sie machte sich keine Illusionen über ihre Gefühle - sie war nicht nur bewegt von der Vollkommenheit dessen, was sie gesehen und gehört hatte, sie war auch neiderfüllt. Es gab niemanden, der mit ihr im Mondlicht in einem Garten spazierenging. Niemanden, der ihre Stimme so zum Klingen brachte. Niemanden.
Allein ging sie zum Haus zurück und verbrachte eine schlaflose Nacht in einem leeren Bett.
5
Denny's Ecklokal war nicht gerade eine erstklassige Adresse. Aber Drake konnte zumindest sicher sein, dass er hier niemandem begegnen würde, den er kannte, niemanden, auf den es ankam. Bei der zweiten Tasse Kaffee bestellte er ein kurzgebratenes Steak mit Spiegeleiern und Schinken. Wenn er nervös war, musste er immer essen.
Delrickio hatte sich verspätet.
Drake schüttet drei Zuckertütchen in seinen Kaffee und blickte zum dritten Mal innerhalb von fünf Minuten auf seine Rolex. Er hoffte, dass er nicht schwitzen würde.
Wenn er es gewagt hätte, den Tisch zu verlassen, wäre er in die Herrentoilette gegangen, um nachzuschauen, ob sein Haar gut saß. Statt dessen fuhr er vorsichtig mit der Hand über seinen Kopf. Dann tastete er nach seinem Schlipsknoten, die Seide knisterte unter seinen Fingern. Er schnippte unsichtbare Stäubchen von den Ärmeln seines Uomo-Jacketts. Seine Manschettenknöpfe aus gehämmertem Gold paßten gut zu dem Elfenbeinton seines Leinenhemdes, das mit einem Monogramm verziert war.
Image war einfach alles. Bei dem Treffen mit Delrickio musste er kühl, zuversichtlich und gefaßt wirken. Im Inneren war er ein kleiner Junge mit puddingweichen Knien, der nach einer Tracht Prügel aus einem Holzschuppen geführt wurde. Wie furchtbar die Schläge auch gewesen sein mochten, verglichen mit dem, was ihm jetzt passieren konnte, waren sie nichts. Zumindest war er noch am Leben gewesen, wenn seine Mutter mit ihm fertig war.
Seine
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