Es begann in einer Winternacht
heraus. „Heute Nacht bist du vor mir sicher. Es kann sein, dass ich hinsehe, aber ich werde nichts anfassen. Nur zu.“
Evie hatte sich noch nie zuvor vor einem Mann ausgezogen, und eine brennende Röte überzog ihren Körper, als sie die Träger ihres Hemdchens hinunterschob. Taktvoll wandte St. Vincent sich ab, ergriff den Krug heißen Wassers, der neben das Feuer gestellt worden war, und ging hinüber zum Waschtisch. Während er Rasierzeug aus seiner Reisetruhe nahm, stieg Evie ungeschickt aus ihrer Unterwäsche und kletterte in die Wanne. Das Wasser war heiß, wundervoll heiß, und als sie sich hineinsinken ließ, prickelten ihre kalten Beine, als würden sie mit Tausenden von Nadeln gestochen.
Ein Glastopf mit zäher brauner Seife stand auf einem Hocker neben der Wanne. Sie holte ein wenig mit ihren Fingern heraus und verteilte etwas von dem stark riechenden Zeug über ihre Brust und Arme. Ihre Hände fühlten sich ungelenk an, und ihre Finger schienen nicht richtig zu funktionieren. Nachdem sie ihren Kopf ins Wasser getaucht hatte, angelte sie nach mehr Seife und ließ dabei beinahe das Glas fallen. Sie wusch ihr Haar, machte einen unwilligen Laut, als ihre Augen anfingen zu brennen, und spritzte sich mit den Händen Wasser ins Gesicht.
Schnell trat St. Vincent mit dem Wasserkrug zur Wanne hinüber. Sie hörte seine Stimme durch ihr Planschen. „Leg den Kopf zurück.“ Er goss ihr den Rest des sauberen Wassers über das seifige Haar. Geschickt wischte er ihr das Gesicht mit einem sauberen, aber kratzig rauen Handtuch ab und bedeutete ihr aufzustehen. Evie griff seine ausgestreckte Hand und gehorchte. Sie hätte eigentlich zu Tode beschämt sein müssen, wie sie so nackt vor ihm stand, aber sie war unterdessen so erschöpft, dass keine Scham mehr möglich war. Zitternd und vollkommen entkräftet ließ sie sich von ihm aus dem Zuber helfen. Sie erlaubte ihm sogar, sie abzutrocknen, da sie unfähig war, noch irgendetwas anderes zu tun, als teilnahmslos dazustehen. Es war ihr egal, ja, sie bemerkte nicht einmal, ob er sie ansah.
St. Vincent arbeitete besser als jede Zofe und hüllte Evie schnell in das weiße Flanellnachthemd, das er in ihrer Reisetasche gefunden hatte. Er benutzte ein Handtuch, um ihr das Wasser aus dem Haar zu wringen, und führte sie dann zum Waschtisch. Evie registrierte gleichgültig, dass er die Zahnbürste in ihrer Reisetasche gefunden und die Borsten mit Zahnpulver bestreut hatte. Mit ungeschickten Bewegungen putzte sie sich die Zähne und spülte Mund und Bürste danach hastig mit Wasser. Die Zahnbürste fiel ihr aus den gefühllosen Fingern und klapperte zu Boden.
„Wo ist das Bett?“, flüsterte sie, ihre Augen schon geschlossen.
„Hier, meine Kleine. Nimm meine Hand.“ St. Vincent führte sie zum Bett, und sie krabbelte auf die Matratze wie ein verwundetes Tier. Das Bett war trocken und warm, die Matratze weich, das sanfte Gewicht der Laken und wollenen Decken wundervoll auf ihren schmerzenden Gliedern. Mit einem Geräusch irgendwo zwischen einem Stöhnen und einem Seufzen vergrub sie ihr Gesicht in den Kissen. Sie fühlte ein leichtes Ziehen an ihrem Kopf und registrierte vage, dass St. Vincent ihr die Knoten aus dem feuchten Haar kämmte. Sie nahm seine Umsorgungen teilnahmslos hin und ließ sich umdrehen, damit er auch die andere Seite erreichen konnte. Als er fertig war, verließ St. Vincent das Bett, um sich um sein eigenes Bad zu kümmern. Es gelang Evie, gerade lange genug wach zu bleiben, um ihre geschwollenen Lider einen Spaltbreit zu öffnen und einen Blick auf seinen schlanken, im Feuerlicht golden schimmernden Körper zu erhaschen. Ihre Augen schlossen sich, als er in den Zuber stieg … und als er sich gesetzt hatte, schlief sie schon tief und fest.
Keine Träume störten ihren Schlaf. Es gab nichts außer der süßen, schweren Dunkelheit, dem weichen Bett und der Stille eines schottischen Dorfes in einer kalten Herbstnacht. Ein einziges Mal rührte sie sich, bei Tagesanbruch, als die Geräusche der Außenwelt in das Zimmer drangen … die fröhlichen Rufe eines Bäckers, ein Lumpensammler, die Geräusche der Tiere, die die Wagen durch die Straße zogen. Sie öffnete die Augen einen Spaltbreit, und im schwachen Licht, das durch die grob gewebten, hellen Vorhänge schimmerte, bot sich ihr der überraschende Anblick einer neben ihr im Bett liegenden Person.
St. Vincent. Ihr Ehemann. Er war nackt, oder zumindest war es sein Oberkörper. Er schlief auf
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