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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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Bursche kehrt mit einem Müsli und einem Glas O-Saft zurück und knallt sie vor mir auf den Tisch. Er ist in Ordnung, er behandelt mich fair.
    »Wie heißt du?«, frage ich.
    »Gavin.«
    »… ich kann dich nicht Gavin nennen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil … das klingt scheiße .« Ich schaue ihn an, mustere seine Craghoppers-Jacke. »Wie wär’s mit Craggsy? Nein, wir sind in Spanien. Wie wär’s mit Craggsio?«
    »Wie du willst«, sagt er. Es ist ihm scheißegal, wie ich ihn nenne. »Wenn du hier bleibst«, sagt er und kommt damit auf unser Gespräch im Hotelzimmer zurück, »was willst du dann machen, Kingy? Du kannst nicht mal selbst aufstehen.«
    Er hat recht. Scheiße. Ich kriege Panik und spreche ganz offen mit ihm. »Also, momentan kann ich mein Knie nicht von einem Kochtopf unterscheiden, Kumpel.« Ich habe ihn Kumpel genannt, ich habe einen Zone-fünfzehn-Typen Kumpel genannt. Ich muss wirklich verzweifelt sein. »Warum bleibst du nicht etwas länger und greifst mir unter die Arme?«
    »Ich soll deinen Butler spielen?« Er lacht bloß und fügt stolz hinzu: »Ich habe bereits einen Job.«
    »Einen guten? Stärkt er dein Selbstwertgefühl?«
    Er wirkt ein wenig verlegen, deprimiert. »Ich arbeite in einer Hühnerfabrik.«
    »Magst du deinen Job?«
    Er sieht traurig aus, zuckt mit den Achseln.
    »Pass auf, bleib noch etwas länger … Spiel ein paar Runden mit mir, hilf mir, mein Inkognito zu wahren.«
    »Also …«
    »Ich bezahl dich dafür.«
    »Das ist irgendwie komisch, Kingy.«
    Na ja, das ist es. Weiß Gott!
    Craggsio und ich ziehen in ein anderes Hotel. Weit weg von seiner Clique. Es ist kein bekanntes Hotel, keines, das Aufmerksamkeit erregt. Den Speisesaal meiden wir und verpflegen uns selbst, um auf Nummer sicher zu gehen. Ich liege im Bett, er versorgt mich mit Getränken und Lebensmitteln. Er ist die einzige Person, die weiß, wo ich mich aufhalte. Ein paar Schreiberlinge rufen an und ein paar Bräute aus meinem Zone-eins-Harem. Doch ich gehe nicht dran. Sas’ Anwälte versuchen es ebenfalls, doch ich hebe kein einziges Mal ab. Bin ich verschollen oder tot? Sie wissen es nicht. Es wird Jahre dauern, bis das Gerichtsverfahren durch ist. Das bedeutet, dass ich wegen meiner Hütte erst mal eine ganze Weile nichts zu befürchten habe.
    An jedem neuen Tag geht die Sonne auf und wieder unter. Wie sie das immer tut.
    Als Craggsio eines Morgens vom Einkaufen zurückkehrt, sage ich zu ihm: »Ich bin bereit für eine Runde Golf.«
    Eigentlich bin ich noch nicht bereit dafür. Im Gegenteil, ich bin weit davon entfernt und fühle mich immer noch beschissen, aber ich muss es versuchen.
    » Diese Karte tut’s nicht mehr«, sagt er bloß und wirft den Plastikgegenstand auf sein Doppelbett.
    Damit bleiben nur noch zwei funktionierende Kreditkarten. Langsam geht uns das Geld aus. Wir müssen wirklich kürzertreten. Warum hat Shishakli immer noch nicht angerufen? Zeigt er mir etwa auch die kalte Schulter?
    »Scheiß auf die Karte«, sage ich, »ich muss eine Runde Golf spielen.«
    Craggsio macht sich meinetwegen Sorgen. Er will mich nicht auf einem richtigen Golfplatz spielen lassen. Zu anstrengend, findet er. Wir streiten uns. Ich muss mich mit einer Minigolf-Anlage begnügen. Jurassic Encounter heißt sie. Offensichtlich ist sie von unserem Hotel-Kasten aus zu Fuß zu erreichen.
    Dann stehe ich am zweiten Loch, eine knifflige Par-4-Bahn, die in einer Kurve durch den Bauch eines malvenfarbenen Animatronic-Brachiosaurus verläuft – oder irgendeines anderen schrecklichen Raubtiers aus der Kreidezeit. Ich trage Craggsios Klamotten und eine Tankwart-Schirmmütze. Ich werde auf diesem Parcours von niemandem belästigt. Die Leute schauen geradewegs durch mich hindurch. Ich spiele den Saurier mit einem Doppelbogey.
    Kurz darauf visiere ich den Abschlag am vierten Loch an. Eine Par-3-Bahn, die durch ein Nest flugunfähiger Theropoda verläuft. Die Kohle wird langsam knapp. Man hat mich verleumdet und fallengelassen. Ich liege fünfzehn über Par.
    Am achten Loch umspiele ich die Schwanzstacheln des Stegosaurus, doch der Ball landet in der Ursuppe des Wasserhindernisses, das von wilden Mikroraptoren umgeben ist. Der Parcours ist nicht gerade das Mekka des Golfsports. Trotzdem kehren wir am Nachmittag erneut hierher zurück.
    Craggsio begleitet mich, um für mich den Caddie zu spielen. Was völlig witzlos ist, denn ich habe nur einen Schläger, einen No-Name-Putter. Doch er trägt einen zerschlissenen Schirm, der die

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