Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
schlafenden Vater. Ich weckte ihn mit einem unsanften Griff und wartete, bis er mich erkannte. Sofort schnellte er hoch.
Ich weiß nicht, was er erwartete, auf jeden Fall konnte er sich meine schnelle Genesung nicht erklären. Ich sagte ihm, daß ich jetzt wegreiten würde, aber wenn ich wiederkäme, dann würde ich ihn umbringen. Mit diesen Worten verließ ich ihn. Nicht einmal von Marian verabschiedete ich mich.«
»Und du hast dein Wort gehalten, nicht wahr?« fragte Brian leise.
»Ja, das habe ich. Doch als ich zum ersten Mal zurückkehrte, um mein Wort wahrzumachen – das war einige Jahre später – da waren noch ganz andere Dinge vorgefallen, um die ich mich erst kümmern mußte. Marian lag seit einigen Tagen bewußtlos in ihrer Kammer. Sie hatte Gift geschluckt, um sich das Leben zu nehmen. Ich war erschüttert, konnte mir ein solches Verhalten nicht erklären. Doch Maude nahm mich zur Seite und berichtete mir, was vorgefallen war.
Marian hatte einige Monate, nachdem ich meine Familie verlassen hatte, einen Jungen geboren. Er war ein hübscher Kerl, der mit einem Jahr pechschwarze Haare hatte. Sie liebte ihn abgöttisch, doch niemand erfuhr, wer der Vater des Kleinen war. Sie hatte es niemandem anvertraut.«
Alex schloß für einen Moment die Augen.
»Ich wurde nicht verdächtigt, denn offensichtlich glaubten alle, daß ich dieses eine Mal über Marian hergefallen war. Sie konnten sich nicht vorstellen, daß wir es schon seit meinem 15. Lebensjahr miteinander getrieben hatten. Aber natürlich war ich der Vater, ich wußte es sofort. Und auch Maude sagte mir frei heraus, daß sie mich von Anfang an für den Vater gehalten hatte. Aber das spielte eigentlich keine Rolle mehr, denn der Kleine war ein paar Tage zuvor vom Pferd gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen. Daraufhin hatte Marian versucht, sich umzubringen.
Ich ging zu ihr und erschauderte bei ihrem Anblick. Alle Röte war aus ihrem Gesicht gewichen, und auch ihr Atem war sehr flach. Sie würde nicht mehr erwachen, das war klar. Und ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich erinnerte mich an ihr fröhliches Lachen und den Spaß, den sie am Leben gehabt hatte.« Alex machte eine Pause.
»Und du hast sie zu einem Vampir gemacht und ihr damit das Leben zurückgegeben«, führte Brian Alex’ Ausführungen weiter.
Der nickte, und ein bitterer Zug umspielte seinen Mund.
»Ja, ich nahm sie zu mir, aber es kam alles anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Denn als sie realisierte, was eigentlich passiert war, da wurde sie unendlich traurig.
Ich weiß es nicht, aber vielleicht haßte sie mich auch dafür. Doch zunächst spielte sie ihre Rolle mit Bravour, und wir verließen unsere Heimat erneut, um nach London zu gehen. Sie kam mit mir, und für mich begann eine wunderschöne Zeit, denn ich liebte sie noch immer. Ich tat alles, damit sie sich wohl fühlte. Und ich dachte, sie gewöhnte sich an ihr neues Leben. Doch ihre Laune schwankte sehr stark, und die düsteren Tage überwogen, und eines Tages war sie verschwunden.
Ich suchte sie die ganze Nacht und fand sie schließlich in einer kleinen staubigen Kirche vor dem Altar. Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten und starrte mich ruhig an. Dunkles Blut floß aus den großen Wunden, und sie tat nichts, um es aufzuhalten. Du wirst nicht sterben , sagte ich zu ihr, doch sie schüttelte nur traurig den Kopf. Ich weiß, antwortete sie leise, doch ich werde hier auf die aufgehende Sonne warten. Und wenn du mich wieder retten willst, werde ich es wieder und wieder tun. Ich kann den Verlust meines Kindes – deines Kindes – und sie blickte mich vielsagend an, niemals ertragen – auch nicht in diesem Zustand. Ich war so schockiert, daß ich nicht einmal bemerkte, wie mir die Tränen über das Gesicht liefen.
Ich war so einsam gewesen, hatte mich so nach jemandem gesehnt, den ich lieben konnte. Und jetzt, wo ich endlich jemanden gefunden hatte, mit dem ich meine Gedanken, mein ewiges Leben teilen konnte, da wurde mein Geschenk abgelehnt. Ich wußte nicht, um wen ich mehr weinte – um sie oder um mich und meinen Schmerz – doch ich sah in ihren Augen, daß es sinnlos war, dagegen anzureden.
Und so blieb ich bei ihr, hielt ihren Kopf, ihren kleinen Kopf in meinen Händen und streichelte ihr bleiches Gesicht, bis ich die Sonne nicht mehr ertragen konnte und flüchtete dann mit einem kleinen Schrei in die dunkle Krypta. Und obwohl ich müde und erschöpft war und mein Körper langsam
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