Existenz
einen halben Meter lang? Es gab keinen Grund anzunehmen, dass sich solche Objekte bereits auf der Erde befanden, von einer Suche mit so klaren Vorgaben ganz zu schweigen. Und doch … Ich bin einigen Hinweisen unseres geheimnisvollen Otter-Freundes gefolgt und habe bereits mehrere Suchwürmer und -frettchen entdeckt, die während der ersten Tage ins Netz geschleust wurden und mit einer Suche begannen.
Jemand, vielleicht ein Dutzend Gruppen, wusste offenbar, wonach es Ausschau zu halten galt. Und jene Leute teilen ihr Wissen nicht mit uns, obwohl wir …
Ah, das Konsens-Funkeln.
Wir sind uns also einig? Wir haben ein neues Ziel. Eine frische Spur.
Lasst die Spürhunde los.
Düstere Geschichten 49
Für Peng Xiang Bin waren dies Stunden voller Anspannung.
Alle Mitglieder der kleinen Untersuchungsgruppe schienen sehr nervös zu sein. Und das galt für die ganze Welt, als zehn Milliarden Menschen schließlich die ganze Geschichte der Außerirdischen in Washington hörten. Ihre fröhliche Verkaufspräsentation, mit der sie individuelle Menschen einluden, zusammen mit ihnen an einer interstellaren Kreuzfahrt teilzunehmen. Natürlich nicht leibhaftig, nicht als organische Wesen, sondern als Software-Kopien, an Bord von Millionen winziger Raumschiffe aus Kristall und Gedanken ins All geschickt.
Natürlich – so fügten die Aliens im Artefakt hinzu – mussten die vollen Ressourcen der industriellen Zivilisation verwendet werden, und zwar bald, wenn galaktische Rettungsboote in ausreichender Zahl und rechtzeitig hergestellt werden sollten. Denn vermutlich blieb der Menschheit nicht mehr viel Zeit.
Dieser letzte Teil der Mitteilung, fast wie ein Nebengedanke hinzugefügt, war es, der die Welt so schwer traf, zu erheblichen Unruhen und einer Welle von Selbstmorden führte.
»Aber ich frage mich, ob die Warnung wirklich eine so schlechte Sache ist?«, überlegte der pulupauanische Forschungsassistent Paul Menelaua.
»Wie meinen Sie das, Paul?« wandte sich Yang Shenxiu an ihn, der ältere Gelehrte aus Peking.
»Ich meine, damit wird die Aufmerksamkeit der Leute auf viele Probleme gerichtet, die bisher ausgeblendet oder nicht ernst genommen wurden. Vielleicht hat die Warnung eine positive Wirkung, indem sie die Menschheit dazu bringt, den Blick auf die Krise zu richten und zu versuchen, sie zu lösen. Indem sie unser Verantwortungsbewusstsein weckt und …«
Anna Arroyo unterbrach ihn mit einem abfälligen Schnauben.
»Haben Sie eine Ahnung, was dazu nötig wäre? Wir müssten Tausende unterschiedliche Fallen und Tücken entdecken, auf einer langen Liste von Gefahren, denen irgendwann alle anderen intelligenten Völker dort draußen zum Opfer gefallen sind. Sie haben die Übertragungen gesehen. Die Außerirdischen des Havanna-Artefakts behaupten, es sei unmöglich, all diesen Ge fahren zu entkommen.«
»Ja, aber ist das logisch? Ich meine, jedes der im Havanna-Artefakt repräsentierten Heimatvölker existierte noch, als sich die Botschaftersonde auf den Weg machte und …« Paul unterbrach sich und schüttelte den Kopf. Sie alle erinnerten sich daran, was mit der Heimatwelt der Helikopter-Wesen unmittelbar nach dem Start der Sonde geschehen war, die schließ lich ihr Ziel erreicht hatte. Alle auf der Erde wussten von der atomaren Vernichtung, die nicht nur den Heimatplaneten jener Geschöpfe heimgesucht hatte, sondern auch die orbitale Fabrik, in der die Sonden hergestellt worden waren.
In den Wochen nach diesen schrecklichen Bildern hatte man Radio- und optische Teleskope auf den Ursprungsplaneten gerichtet. Bisher war nichts entdeckt worden, nicht einmal das dumpfe Rauschen moderater In dustrie. Allerdings entwickelte und baute man in aller Eile neue, leistungsfähigere Sensoren und Beobachtungsinstrumente, mit denen man mehr herauszufinden hoffte.
»Das Überleben als technologische Zivilisation gleicht dem Versuch, ein großes Minenfeld zu überqueren«, fuhr Anna fort. »Man kann jederzeit einen fatalen Fehler machen, der Selbstvernichtung zur Folge hat. Die Außerirdischen sagen, dass eine hoch entwickelte Kultur nur selten länger als tausend Jahre Bestand hat. Kaum Zeit genug, um zu lernen, mehr von diesen Dingern herzustellen …« Sie deutete auf den Weltstein. »… und weitere Kopien des Kettenbriefs auf die Reise zu schicken!«
Selbst tausend Jahre wären nicht schlecht, dachte Bin. Wir Menschen verfügen erst seit hundert Jahren über moderne Technik und haben damit bereits ein ziemliches
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