Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
unter dem Baumstumpf hervor und flitzte mit zuckendem Schwanz zur Ra herüber, wo er einige kleinere Verwandte traf, die schon das große Ruderblatt umtanzten. Ab und zu verschwanden sie kokett und schnappten übermütig nach Juris weißer Haut.
Hier und da wuchsen an der Unterseite des Papyrusrumpfes kleine langhalsige Entenmuscheln. Sie winkten mit gelbroten Kiemen, die weichen Straußenfedern glichen, aus der blauschwarzen Schale. Aber nirgendwo waren Spuren von Wasserfäden oder Seegras zu sehen. Die Papyrusrohre, die im Saharasand graugelb, runzlig und trocken ausgesehen hatten, waren unter Wasser zu blanken und glatten Goldstengeln angeschwollen, und wenn wir sie zusammendrückten, waren sie nicht brüchig und spröde wie vorher, sondern hart und biegsam wie Autoreifen. Kein einziger Halm hatte sich gelockert oder war gebrochen. Drei Wochen lag der Papyrus nun im Wasser. Anstatt in vierzehn Tagen zu verfaulen, war er jetzt widerstandsfähiger als je zuvor.
Begeistert von diesem Anblick kletterten wir auf das Papyrusdeck, und bald darauf schwammen wieder Hühnerfedern im Kielwasser - Carlo bereitete ein Festessen zu.
Von dem Anblick übermütig geworden, beschlossen wir, auch das zweite reparierte Steuerruder einzusetzen. Ruhigeren Seegang als jetzt würden wir nie haben. Aber das riesige Ruder mit dem zusammengezurrten Doppelschaft war so lang und schwer, daß es dunkel wurde, ehe wir es von den Stagen freibekamen und über das Hüttendach auf die Windseite heben konnten, wo es zu Wasser gelassen werden sollte. Die Dünung war friedlich; trotzdem war sie stark genug, um uns Schwierigkeiten zu bereiten, wenn das Ruderblatt zu tanzen begann, ehe wir es richtig befestigen konnten. Durch Schaden klug geworden, beschlossen wir, erst auf Tageslicht zu warten. Deshalb zurrten wir das bleischwere Steuerruder gehörig fest -auch den langen Schaft nach oben und das Blatt ganz achtern auf der Windseite unten auf Deck.
Am nächsten Morgen war das Wetter genauso herrlich, und ich kletterte über die Krüge nach achtern, um ein Morgenbad zu nehmen. Da saß froh und vergnügt die Morgenwache, Juri, und wusch Unterwäsche, aber an Bord und ohne Segeltucheimer. Jede Dünung trug an dem tiefsten Punkt einen kleinen Schwall über den Papyrusrand, wo das Steuerruder auflag, und das rhythmisch hereinschwappende Wasser reichte genau aus, um an dem tiefsten Punkt achtern eine kleine Pfütze stehenzulassen.
»Diese Jacht wird immer praktischer«, bemerkte Juri froh. »Jetzt haben wir einen Waschtisch mit fließendem Wasser.«
Wir beeilten uns, das schwere Steuerruder zu Wasser zu lassen, damit die Wellen das größte Gewicht übernahmen, aber an unserer tiefen Ecke schwappte das Wasser weiter herein. Doch solange es uns nur zu einem Waschtisch verhalf, hatten wir eigentlich nichts dagegen. Wir kontrollierten den Schnörkel am Achtersteven. Er stand genauso wie vorher und machte keine Anstalten, sich gerade zu biegen. Georges tauchte sicherheitshalber unter die Ra und entdeckte zum ersten Mal, daß sich der Boden direkt achtern vor der Korbhütte allmählich durchbog. Aber die Papyrusbündel waren immer noch unbeschädigt, und wenn er die Binsen zusammendrückte, kamen Luftblasen heraus. Das Schilf schwamm ebenso gut wie vorher. "Wahrscheinlich hatten wir nur achtern zuviel geladen.
Wir trugen jetzt die ganze Ladung vom Achterdeck weg, so daß hinter der Hütte nur der schwere Querbalken zurückblieb, auf dem die beiden Steuerruder ruhten und die Brücke, die auf Pfählen stand und den Kasten mit dem Rettungsfloß einschloß.
Achtern auf Steuerbord schwappte es genauso voll. Wir führten über und unter Wasser eine neue gründliche Inspektion durch. Es zeigte sich, daß die Ra ihre ursprüngliche Form vom Bug nach hinten bis genau zu dem Punkt behalten hatte, an dem das hintere Paar Stagen von der Mastspitze herunterkam und an beiden Seiten des Bootes befestigt war. Von hier aus ging ein deutlicher Knick nach achtern, und dort senkte sich das ganze Achterteil der Ra leicht nach unten.
Wieder grübelten wir nach. Der Teil des Bootes, der frei hinterherschwamm, hatte einen Knick bekommen, während alles, was am Mast aufgehängt war, ordentlich hielt. Der Bug stand immer noch so hoch wie zuvor. Unser stolzer Goldschwan reckte noch immer den Hals, er ließ nur allmählich den Schwanz hängen. Wenn der Mast nur die Belastung eines Stags, das auch den Achtersteven hochhielt, ausgehalten hätte, wäre dies nicht geschehen. Aber wenn
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