Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
nun mal, so empfinden wir auch. Das andere wertest du nicht als Krieg.«
    »Willst du damit sagen, daß es einen nicht quält, wenn man im Krieg tötet?«
    »Doch, natürlich. Ich glaube nicht, daß du dich unter Skip Harriers Kommando in Vietnam sonderlich wohl gefühlt hättest.«
    »Hast du ihn in den USA getroffen? Was hat er gesagt?«
    »Oh, er hat eine Menge gesagt. Unter anderem sprach er sehr gut von dir. Er sagte so etwas wie I just love that boy and don’t you fuck with him because if you do I gonna cut your balls out , ja, etwas in der Richtung. Ich weiß nicht, wie man das in eine einigermaßen zivilisierte Sprache übersetzen soll, aber man muß es ja als eine Form großer Wertschätzung verstehen. Wie würdest du es übersetzen?«
    Zum erstenmal seit Anbruch der Dunkelheit hellte sich Carls Gesicht zu einem Lächeln auf.
    »Etwa so«, sagte er und lachte los, »Korvettenkapitän Hamilton ist in meinen Augen ein außerordentlich redlicher junger Offizier, und es würde mein Mißfallen finden, wenn Sie auf einen so vagen Verdacht hin, wie Sie angedeutet haben, Herr Oberst, erwägen sollten, ihm Schwierigkeiten zu machen. Ja, ungefähr so. Aber das Amerikanische ist etwas direkter als etwa das Schwedische oder Deutsche.«
    Beide lachten erleichtert. Der Alte nutzte die gelockerte Atmosphäre, um hinauszugehen und die Blase zu erleichtern. Auf dem Rückweg holte er eine Flasche Weißwein und sorgte für etwas diskrete Beleuchtung. Er war sicher, daß es der weiteren Unterhaltung förderlich sein würde, wenn sie einander deutlicher sehen konnten.
    »Wie mir scheint, kannst du dich für meinen selbstgebrannten Calvados nicht begeistern«, entschuldigte sich der Alte, als er mit dem neuen Getränk hereinkam und einschenkte.
    »Nun, wie ist es da unten wirklich zugegangen?« fragte er direkt, als sie den Wein probiert und einander reflexhaft zugenickt hatten.
    »Du meinst in Saida?«
    »Ja, beim Eindringen in das Haus.«
    »Du willst nur eine Möglichkeit finden, mich zu entlasten, und sagen, das hätte an meiner Stelle jeder so getan, und so weiter.«
    »Nicht unbedingt«, log der Alte seelenruhig, »aber gab es keine andere Möglichkeit?«
    »Nein. Sie hatten unmögliche Forderungen gestellt. Sie wollten unter diplomatischem Schutz Schwedens außer Landes gebracht werden, sonst hätte nämlich die PLO sie hingerichtet, was sie sehr wohl wußten. Das Risiko, daß sie einen der Schweden töten würden, war ziemlich groß, denn genau damit hatten sie gedroht. Wir hatten sie beobachtet, als sie darüber stritten.«
    »Hattet ihr Wanzen in dem Haus?«
    »Nein, solche Ausrüstung hatten wir nicht bei uns. Außerdem ist es zweifelhaft, ob sich dieses Risiko gelohnt hätte, denn wir hatten einen guten Beobachtungsposten. Außerdem wußten sie nichts von unserer Anwesenheit. Aber das, was wir sahen, war besorgniserregend genug. Und wir kannten ihren Tagesablauf. Wir wußten genau, wann sich alle im selben Stockwerk aufhielten, nämlich beim Abendessen.«
    »Und diesen Zeitpunkt habt ihr für die Aktion gewählt?«
    »Ja, selbstverständlich. Die Geiseln befanden sich im Obergeschoß des Hauses und sämtliche Ziele im Erdgeschoß.«
    »Gut. Und dann?«
    »Wir waren mit Nachtsichtgeräten ausgerüstet und haben diesen Vorteil natürlich genutzt. Ich rückte unter Beobachtung meiner Helferin auf das Haus vor. Dann habe ich den Wachposten unschädlich gemacht, der zum gewohnten Zeitpunkt herauskam. Anschließend ging ich ins Haus, erschoß zwei der Entführer, brachte die Lage unter Kontrolle und rief dann meine palästinensische Helferin herein.«
    »Und wie habt ihr die Geiseln herausbekommen, ohne daß sie etwas von den Zusammenhängen ahnten?«
    »Der Junge mußte ins Obergeschoß gehen und sie zu einem wartenden Wagen mit palästinensischer Besatzung bringen. Anschließend mußte er wieder hereinkommen.«
    »Warum ist er nicht ausgerückt?«
    »Weil ich eine Maschinenpistole auf seinen Vater und seinen Onkel richtete, während er seinen Auftrag ausführte.«
    »Eine glänzende Aktion nenne ich das. Vorbildlich, wie aus dem Lehrbuch! Fabelhaft, wie einfach sich so etwas mit kleinen Einheiten bewerkstelligen läßt. Nicht so wie bei den Deutschen mit Lärm und Getöse. Ein ausgezeichneter Einsatz, Carl, ich muß dir wirklich gratulieren.«
    Die Begeisterung des Alten schien ein wenig übertrieben zu sein, aber wie Carl ihn kannte, konnte es sehr wohl eine aufrichtige Reaktion sein.
    »Ich glaube, du willst mir schon

Weitere Kostenlose Bücher