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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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operative Partnerin gebeten. Nicht so sehr, weil er sie kannte oder wegen ihrer Schönheit, denn sie war schön, obwohl ihr halbes Gesicht die Narben von Brandwunden aufwies, sondern weil er ein unerschütterliches Vertrauen in ihre Professionalität hatte. Ihr Dienstrang beim Jihaz ar-Rased entsprach etwa dem eines Oberstleutnants. Nur wenige PLO-Offiziere im operativen Dienst erreichten diesen Rang, bevor sie dreißig waren, und Frauen noch weniger. Ihre eigenen Leute schienen ihre Fähigkeiten offenbar genauso hoch einzuschätzen wie Carl.
    »Die Antenne steht, unter der Wäsche versteckt, aber von Zeit zu Zeit können wir ja die Wäsche wechseln«, sagte sie kurz, als sie den Raum betreten und Carls Arrangement mit dem Fernglas im Vorbeigehen inspiziert hatte. Dann setzte sie sich, brach eher nachdenklich als hungrig ein Stück Brot ab und nahm sich einen Klecks Houmous.
    Carl nickte stumm, schaltete den Sender ein und drückte ein Anrufsignal auf der Tastatur, korrigierte einen Rechtschreibfehler und drückte auf den Sendeknopf.
    »Sendest du im Klartext?« fragte sie erstaunt und mit vollem Mund.
    »Nein. Ich glaube zwar nicht, daß es in dieser Gegend mit dem Schwedischen sehr problematisch wäre, aber der Computer wandelt den Klartext in einen Code um, und danach senden wir mit schnellen Impulsen«, erwiderte Carl mit einem Auge am Fernglas.
    »Woher weiß der Empfänger, welchen Code du verwendest?«
    fragte sie ohne Neugier oder Aufdringlichkeit in der Stimme; das hätte sich als Einwand deuten lassen.
    »Der Computer des Empfängers wandelt den Code in Klartext um. Wenn sie wach sind, dürften wir innerhalb von dreißig Sekunden die Antwort haben«, antwortete Carl, ohne das Gesicht vom Fernglas zu nehmen.
    »In Schweden hergestellt?« fragte sie in dem gleichen, gleichmütigen Tonfall wie zuvor.
    »Ja, ich glaube. Heißt RA 195 und ist bei Spezialeinheiten der schwedischen Streitkräfte ziemlich häufig.«
    »Reichweite?«
    »Unter einigermaßen günstigen Verhältnissen um die halbe Erde.«
    »Zwischen uns und Tunis?«
    »Zwischen dir und Arafat, meinst du? Dürfte unproblematisch sein.«
    »Kannst du dieses Ding dalassen, wenn du nach Hause fliegst?«
    »Ich soll geheimes Material der schwedischen Armee in den Händen kommunistischer Terroristen zurücklassen?«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Ja, wenn ich das zweite Gerät in der schwedischen Botschaft bekommen kann, und wenn ihr es dann abholen könnt.«
    »Das läßt sich machen.«
    »Wir wollen erst sehen, wie es hier weitergeht.«
    »Siehst du etwas?«
    »Im Erdgeschoß scheinen sich ein paar Leute aufzuhalten. Da oben ist nichts. Die Fenster sind verhangen.«
    Im Sendegerät ertönte ein Pfeifton, und auf dem Bildschirm tauchte ein kurzer Text auf. Der erste Botschaftssekretär in Damaskus teilte mit, die Empfangsverhältnisse seien absolut akzeptabel, und er warte auf weitere Mitteilungen.
    Carl schrieb eine kurze Nachricht.
    Position am Rand von Em el Hiliveh außerhalb von Saida. Beobachtungsposten errichtet. Abstand Geiseln und Entführer siebzig Meter. Warte sichere Möglichkeit zur Beobachtung ab. Sende bis auf weiteres alle zwei Stunden. Ende.
    Carl drückte auf den Sendeknopf und schickte damit eine Reihe codierter kleiner Pfeiftöne in den Himmel, die innerhalb weniger Sekunden in der schwedischen Botschaft in Damaskus im Klartext auf dem Schirm auftauchen würden.
    »Was hast du gesendet?« fragte sie.
    »Daß ich an Ort und Stelle bin, das Ziel vor mir habe und Bestätigung erwarte, daß es sich um das richtige Ziel handelt.«
    »Glauben die das?«
    »Was weiß ich? Es hört sich vielleicht zu gut an, um wahr zu sein, und das ist es ja vielleicht auch. Wir werden sehen.«
    »Wissen Sie, mit wem du zusammenarbeitest?«
    »Nur, daß es die PLO ist.«
    Eine neue Nachricht tauchte auf dem Bildschirm auf.
    Absolut nichts unternehmen. Bericht nur bei sicheren Hinweisen. Ende.
    Carl beugte sich wieder zu dem Fernglas vor und strich ein paar Papiere vor sich glatt, um sich Aufzeichnungen machen zu können, während er darauf wartete, daß sich Mouna näher erklärte. Über die Lage wußte Carl kaum mehr, als daß sowohl die Geiseln wie die Entführer in dem Haus dort drüben sein mußten, einem Haus, das etwas abseits lag und höher war als die Umgebung. Es würde folglich schwer werden, sich zu nähern, ohne entdeckt zu werden.
    Mouna erzählte ruhig und knapp. Sie schien aufrichtig zu sein, da sie auch weniger schmeichelhafte Details

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