Feist, Raymond E. - Krondor Saga 02
einen verstohlenen Blick nach oben zum Palastflügel, wo sein Freund James vermutlich noch schlief. Er fluchte still in sich hinein, doch natürlich wusste er nur zu gut, dass James ihn nicht gezwungen hatte, noch länger im RegenbogenPapagei zu bleiben. Und er erinnerte sich daran, wie attraktiv das Mädchen Talia gewesen war; es hatte ihm gefallen, wie sie ihn angelächelt hatte.
Er verdrängte den Gedanken an sie jedoch rasch wieder, denn als er die Waffenkammer erreicht hatte, um Waffen und Rüstung zu holen, war er viel zu beschäftigt, als dass er noch an etwas anderes als die bevorstehende Übung hätte denken können.
James blickte hinab auf den Hof, der gerade von den Kadetten überquert wurde, die sich für die Übung ausstatten wollten. Er hatte sich gezwungen, wach zu bleiben, hatte den Tagesplan gelesen und erfahren, dass William und den anderen ein grauenhafter Tag bevorstand. Tratadon war etwa einen ZehnStundenRitt entfernt, und diejenigen, die die Banditen spielen sollten, hatte McWirth bereits am Abend zuvor dorthin geschickt; diese Männer würden also ausgeruht sein und sich gut verschanzt haben. Der Schwertmeister tat sein Bestes, dass seine Zöglinge genau die Probleme kennen lernten, mit denen sie es später, während ihrer wirklichen Arbeit, zu tun haben würden.
»Junker?« Eine leise Stimme riss James aus seinen Gedanken und verhinderte, dass er seiner Müdigkeit nachgab und eindöste.
»Ja?« James blickte den jungen Pagen an und zwang sich, richtig wach zu werden.
»Seine Hoheit erwartet Euch in seinem privaten Arbeitszimmer.«
James nickte und bemühte sich, die Schläfrigkeit abzuschütteln, die ihn unverzüglich überfiel, wenn er aufhörte, sich zu bewegen. Als sie die Tür zu Aruthas Arbeitszimmer erreicht hatten, wurde sie von einem anderen Pagen geöffnet, so dass James eintreten konnte, ohne langsamer werden zu müssen.
Arutha saß an seinem Tisch. Er deutete auf zwei Becher und einen großen Topf. »Bitte.«
James nahm die beiden Becher und füllte sie mit dem dunklen, keshianischen Kaffee, dessen Aroma ihm in die Nase stieg. Während er einen Löffel Honig in den Becher des Prinzen gab, meinte er:
»Wenn ich daran denke, dass ich noch vor ein paar Jahren Kaffee nicht ausstehen konnte Jetzt frage ich mich, wie man ohne ihn den Morgen überstehen kann.«
Arutha nickte und nahm ihm den einen Becher ab. »Oder Chocha.«
James zuckte bei der Erwähnung des tsuranischen Morgengetränks mit den Schultern. »Hat mir niemals geschmeckt. Zu bitter und zu würzig.«
Arutha winkte James zu einem Stuhl. »Ich muss in fünfzehn Minuten Hof halten, aber du wirst heute nicht dabei sein. Ich möchte, dass du zwei Dinge erledigst. Das eine ist einfach, das andere nicht.«
James nickte wortlos.
Arutha fuhr fort: »Herzog Radswil und seine Familie möchten auf die Jagd gehen. Du wirst unseren Jagdmeister anweisen, eine Gruppe zusammenzustellen, die den Prinzen von Olasko übermorgen in die Berge begleitet.«
»Das ist das einfache«, mutmaßte James.
Arutha nickte. »Versuche, deine verschwundenen Agenten zu finden – und damit hoffentlich auch die Ursache für all diese seltsamen Vorgänge in unserer Stadt. Die Aufgabe verlangt eine Menge Diplomatie von dir, denn ich möchte, dass du beim Stadtgefängnis beginnst und Sheriff Means besuchst.«
»Erfahre ich dann jetzt den Grund dafür, weshalb der Sheriff auf uns gewartet hat, als wir nach Krondor zurückgekehrt sind?«
Arutha musterte seinen jungen Freund neugierig. »Hast du die Gerüchte noch nicht gehört?«
James unterdrückte ein Gähnen. »Ich war zu beschäftigt.«
Arutha leerte seinen Becher und erhob sich.
James folgte seinem Beispiel. »Es gibt Probleme zwischen der Stadtwache und den Männern des Sheriffs. Der Sheriff hat sich über die Soldaten von Guruth, dem Hauptmann der Wache, beschwert, besonders über diejenigen im Armenviertel.«
»Aha«, sagte James. »Ein Streit über Zuständigkeiten.«
»Irgendwas in der Richtung, ja. Die Stadtwache kümmert sich aus Tradition um die Sicherheit der Stadt, während die Wachtmeister des Sheriffs mehr mit den Verbrechen in der Stadt beschäftigt sind, aber das weißt du ja. In der letzten Zeit sind die beiden Gruppen jedoch mehrfach aneinander geraten. Eine gewisse Konkurrenz hat zwar schon immer zwischen ihnen geherrscht, doch jetzt scheint es regelrecht aus dem Ruder zu laufen.«
»Was soll ich tun, Hoheit?«
Arutha ging zur Tür und öffnete sie. »Ich möchte, dass
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