Fesseln des Herzens
nahe Bracebridge reiten müssen. Der Baron ist dort auf Jagd.« Mit diesen Worten wies der Soldat gen Süden.
Henry bedankte sich und galoppierte wieder aus dem Tor.
Diesmal ritt er nicht über die Wege, sondern querfeldein, immer der Weisung des Wächters folgend. Nach einer Weile erreichte er eine Ortschaft, die vermutlich Bracebridge war, und wenig später tauchte er in das Gehölz ganz in der Nähe ein.
Zunächst wirkte alles ruhig, aber als er sein Pferd zügelte und sich lauschend umsah, vernahm er aus der Ferne Hundegebell.
Es scheuchte Vögel aus dem Gebüsch, die mit hektischem Flattern aufstiegen, und als Fellows noch näher kam, hallten ihm die Rufe der Treiber entgegen.
Wenig später entdeckte der Hauptmann die Jagdgesellschaft.
Woodward schlich in Begleitung von Abernathy und ein paar anderen Männern durchs Gebüsch. Der Baron hatte einen Falken aufsteigen lassen, damit dieser die aufgeflatterten Enten zusammentrieb. Als sie Henry bemerkten, rissen die Männer ihre Armbrüste hoch.
»Verdammt, Fellows!«, rief der Baron und gebot seinen Begleitern, die Waffen zu senken. »Was in Gottes Namen habt Ihr hier zu suchen? Ihr habt Glück, dass meine Leute nicht auf Euch geschossen haben!«
»Ich habe eine Mitteilung für Euch«, rief Fellows, während er misstrauisch die Männer musterte.
Das spöttische Grinsen auf Abernathys Gesicht wirkte, als wollte er es sich mit seinem Bolzenschuss doch noch einmal überlegen.
»Sprecht«, forderte ihn Woodward auf, während er seine Armbrust seinem Jagdpagen reichte.
Der Falke über ihm stieß einen ungeduldigen Schrei aus, doch der Baron beachtete ihn nicht.
»Obwohl ich mir selbst damit vielleicht widerspreche, halte ich es doch für die beste Möglichkeit, Ravencroft aus seiner Burg zu locken.«
»Dann erläutert mir Euren Einfall.«
»Ihr solltet die Schäferin gefangen nehmen.«
Woodward wirkte verwundert. »Sollte ich das? Ich denke, Ihr seid ihr so dankbar, dass sie Eure Herrin gerettet hat.«
»Das bin ich in der Tat. Und ich würde mir auch ausbitten, dass Ihr der Lady nichts antut. Dennoch ist sie momentan das beste Pfand nach Ravencrofts Tochter, denn sie ist mittlerweile die Geliebte des Barons.«
Ein spöttisches Lächeln zog Woodwards Züge in die Breite. »Ravencroft besteigt eine Schäferin. Das passt irgendwie zu ihm.« Die Männer ringsherum lachten pflichtschuldig, bis ihr Herr fortfuhr. »Nun denn, soll er sich das Vergnügen gönnen, lange wird es nicht mehr währen.«
»Ihr wollt meinem Vorschlag also nachkommen?«
»Ja, das werde ich tun. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass er es erfährt.«
»Oh, das wird er, Mylord, denn Aimee wird ihm fehlen. Sobald Ihr die Frau habt, könnt Ihr Eure Soldaten bereithalten, denn lange wird der Angriff nicht auf sich warten lassen.«
Auf diese Worte nickte Woodward Fellows zu. »Nun, wenn Ihr es sagt, soll es so sein. Ich nehme an, dass Ihr auf meiner Seite kämpfen werdet, wenn es so weit ist.«
»Das werde ich, denn ich kann ohnehin nicht zurück. Ravencroft wird sicher bald in seine Burg zurückkehren und den Gefangenen befragen. Da wird es besser sein, ich stehe Euch ab sofort zu Diensten.«
Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er, dass diese Wendung Abernathy nicht zu passen schien. Doch nach ihm ging es hier nicht.
»Nun gut, dann bleibt gleich hier und unterstützt mich bei der Jagd.«
Mit diesen Worten hob Woodward seine Armbrust an und richtete sie auf eine Ente, die tief über ihre Köpfe hinwegzog. Der Bolzen schnellte von der Sehne und durchbohrte die Brust des Vogels. Wenig später fiel er ihm vor die Füße, und dem Baron gefiel der Gedanke, dass es Ravencroft schon bald genauso ergehen würde.
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19 . Kapitel
Herbst 1287
N ach vier Wochen hatte sich Ravencroft so gut erholt, dass er in die Burg zurückkehren konnte. Auf Geheiß von St. James trafen im Morgengrauen mehrere Reiter ein, die den Baron zur Burg eskortieren sollten.
Aimee hatte sich ebenfalls auf die Rückkehr in die Burg vorbereitet, doch im letzten Moment hielt Ravencroft sie zurück.
»Vielleicht solltest du besser hierbleiben.«
Die Schäferin blickte ihn unverständig an. »Aber mein Platz ist bei deiner Tochter. Und bei dir.«
Der Baron sah sie lange an, dann fasste er sie sanft bei den Schultern.
»Ich kann den Grund nicht genau benennen, doch ich habe das Gefühl, dass du vorerst nicht in der Burg sein solltest. Vielleicht gibt es dort jemanden, der mir
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