Feuer der Wildnis - Feehan, C: Feuer der Wildnis - Savage Nature
Aufgabe, mich zu bewachen«, mischte sie sich ein. »Die Vorstellung gefällt mir nicht. Ich bin hier zu Hause und durchaus in der Lage, mich selbst zu verteidigen, auch gegen einen Mörder.« Sie hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Auch wenn ich Angst habe, ich kann damit umgehen.«
»Das bestreitet doch niemand«, entgegnete Drake. »Er ist nur zu nahe herangekommen. Er ist mit uns im Haus gewesen und wir haben ihn nicht gehört.«
Saria spürte, wie sie blass wurde. Wenn der Killer unbemerkt geblieben war, hatte jeder in Gefahr geschwebt. »Pauline«, sagte sie laut. Dann riss sie sich los und rannte, gepackt von einer Angst, die sie zu ersticken drohte, den langen Flur entlang. Doch mit der Angst erwachte auch ihre Leopardin, und Saria merkte, wie ihr das Tier Kraft und Energie spendete.
Ihre leibliche Mutter hatte sich, lange bevor Saria sie kennenlernen konnte, vom Leben verabschiedet, und ihr Vater war der Mutter langsam, aber sicher, gefolgt. Er hatte Saria gelehrt, wie man sich im Sumpf verhielt und wie sie auf sich aufpassen konnte, aber es war Pauline, zu der sie ihr Leben lang gelaufen war. Pauline hatte sie getröstet, wenn sie geweint hatte, ihr die Geheimnisse des Lebens erklärt, jeden Kratzer verarztet, ihr beigebracht, wie man kochte und nähte und den Alltag meisterte. Pauline war ihre Ersatzmutter gewesen und Saria liebte sie heftig und hätte sie gegen alles und jeden verteidigt.
Sie war sich vage bewusst, dass Drake hinter ihr herlief und sie rief; sie sollte stehen bleiben und warten, aber sie konnte nicht. Ihr Herz raste und in ihrem Kopf war ein seltsames Dröhnen. Ihre Lungen brannten, dennoch griff sie nach dem Treppengeländer, sprang mit einem Satz darüber hinweg und landete geduckt auf allen vieren im Erdgeschoss. Dann rannte sie weiter, durch die Diele am Wohnzimmer vorbei zur Rückseite des Hauses, wo Pauline eine kleine Wohnung hatte, die praktisch den gesamten südlichen Flügel des Hauses einnahm.
Doch ehe sie die Tür erreichen konnte, bekam Drake sie zu fassen und umschlang sie so, dass sie die Arme nicht mehr heben konnte. »Ganz ruhig«, zischte er ihr ins Ohr. »Lass mich erst nachsehen.«
Stumm schüttelte Saria den Kopf. Pauline war ihre Mutter, ob sie blutsverwandt waren oder nicht. Sie hatte es immer gewusst, aber nun zeigte es sich deutlich – durch die schreckliche Angst, sie für immer zu verlieren. Auf ein Zeichen von Drake stellte Joshua sich neben die Tür. Jerico war zu ihnen gestoßen und Evan drehte offenbar draußen ums Haus seine Runde. Aber es war ohnehin alles zu spät. Sie hätte daran denken sollen, dass in erster Linie Pauline geschützt werden musste.
Drake stellte sich rechts neben die Tür und klopfte. »Miss Pauline? Amos? Ist alles in Ordnung bei euch?«
Einen schrecklichen Augenblick lang blieb es still. Saria presste eine Faust auf den Mund. Ihre Beine schienen plötzlich aus Gummi zu sein. Da regte sich etwas hinter der verschlossenen Tür. Man hörte ein leises Rascheln, dann Schritte und schließlich öffnete Pauline und sah sie schlaftrunken an. Niemand hatte daran gedacht, Licht anzumachen, doch Saria bemerkte, dass Paulines Augen katzenhaft glühten. Es mochte ja sein, dass sie keine Leopardin in sich hatte, doch in ihren Adern floss offenbar Leopardenblut und ließ sie bei Nacht sehr gut sehen.
Saria warf sich in ihre Arme und begann zu ihrem eigenen Entsetzen beinahe hysterisch zu weinen. Nach der Angst vor dem, was sie vorfinden mochten, war die Erleichterung, Pauline lebend anzutreffen, so überwältigend, dass sie sich nicht mehr bremsen konnte, obwohl sie wusste, dass sie sich vor Drake und seinen Männern lächerlich machte.
Fast hätte sie Pauline über den Haufen geworfen, doch die nahm sie fest in die Arme, drückte sie an sich und redete beruhigend auf sie ein, schaute aber über ihre Schulter hinweg fragend zu Drake auf.
Jerico und Joshua zogen sich gleich zurück, um ihr einen Rest von Privatsphäre zu lassen. Saria bemerkte es zwar, war aber zu verstört, um die galante Geste zu würdigen.
»Saria, sag mir, was passiert ist«, drängte Pauline.
»Es tut mir leid, ich kann nicht mehr aufhören«, gab Saria zu. »Irgendwie hat er mich doch verletzt.«
»Was hast du getan?«, fragte Amos barsch und sah Drake böse an.
»Doch nicht er «, stellte Saria sofort richtig, unterbrochen von einem Schluckauf. »Der Mörder.«
»Der Mörder?«, wiederholte Pauline und sah entgeistert zu Amos hinüber. »Ich
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