Feuernacht
ließen sich kaum verringern. Die Wohnung gehörte seinem Großvater, und er würde nirgendwo eine günstigere Miete kriegen. Er telefonierte nicht mehr mit dem Handy, hatte den Festnetzanschluss, den Internetzugang und alles andere, was Kosten verursachte, aber nicht lebensnotwendig war, abgemeldet. Das Auto war das Einzige, was ihm noch geblieben war, zumal ihm sowieso niemand diese Schrottkarre abkaufen würde. Der Wagen war praktisch, obwohl der Tank leckte und man immer einen Benzinkanister zur Sicherheit dabeihaben musste. Alles andere versagte er sich, und weitere Sparmöglichkeiten gab es einfach nicht. Margeir zahlte fast nur noch für die Wohnung und Lebensmittel, und wenn man schon nur noch von Nudeln lebte, ließ sich am Essen auch nichts mehr sparen. Pizza war ein Luxus, an den er manchmal dachte, den er sich aber nie gönnte. Die einzigen vernünftigen Mahlzeiten gab es sonntags bei seiner Mutter. Margeir war ihr dankbar dafür, dass sie sein animalisches Essverhalten und die Riesenmengen, die er verschlang, nicht kommentierte. Sie hatte ihn zwar einmal scherzhaft gefragt, ob er sich noch im Wachstum befände, tat aber ansonsten so, als würde sie nichts bemerken, und kochte einfach größere Portionen, damit er den Rest mit nach Hause nehmen konnte. Nein, es war längst nicht mehr so wie früher, als er noch genug Geld zur Verfügung gehabt hatte. Am Ende des Monats war zwar auch nicht viel übrig gewesen, aber den großen Unterschied hatte das zusätzliche Taschengeld gemacht, schwarz auf die Hand. Margeir konnte sich nicht daran erinnern, jemals zu wenig Geld besessen zu haben, und das Schlimme war, dass er genau wusste, dass diese Zeiten endgültig vorbei waren.
Margeir stapfte gegen den Wind durch die menschenleere Straße und bereitete sich darauf vor, das einzig Richtige zu tun. Er musste endlich die Verantwortung auf sich nehmen und hoffen, dass die Leute verstanden, wie es so weit kommen konnte. Es wäre zwar schwierig, dem Schicksal die Schuld in die Schuhe zu schieben, aber das Schicksal war unberechenbar. Es lockte einen in die Falle, gaukelte einem vor, dass alles gutgehen würde, und zog einem genau in dem Moment den Boden unter den Füßen weg, wenn man am wenigsten damit rechnete. Margeir hatte geglaubt, es würde immer weiter aufwärtsgehen, sein Leben würde nur noch in eine Richtung laufen, aber jetzt war dieses Gefühl verschwunden, und er wusste, dass der Weg nach unten führte. Zumindest für eine Weile.
Margeir zog die Mütze über die Ohren, um sich vor der Kälte zu schützen. Was sollte dieses ständige Jammern? Es gab jede Menge Leute, die wesentlich schlechter dran waren als er, und es gab überhaupt keinen Grund, den Teufel an die Wand zu malen. Schlimmstenfalls würde er wieder zu seiner Mutter ziehen. Es sei denn, er fände einen Sponsor. Während er über mögliche Aktivitäten in dieser Richtung nachdachte, klingelte sein Handy erneut. Zuversichtlich fischte Margeir es aus seiner Tasche. Vielleicht hatte der Radiochef seine Meinung ja geändert, womöglich schon einen Sponsor gefunden, und Margeir musste nicht länger über solche Rettungsmaßnahmen nachdenken.
Aber das war nicht der Fall. Finanzdinge gehörten von nun an nicht mehr zu Margeirs wichtigsten Problemen.
Dóra hatte schlechte Laune. Nach dem Besuch im Sogn hatte sie vom Büro aus versucht, alle verschiedene Personen zu erreichen, aber die schienen sich untereinander abgesprochen zu haben, sie abzuwimmeln. Ari ging weder an sein Telefon im Büro noch an sein Handy, und Glódís hatte Dóras E-Mail mit der Frage nach Tryggvis Therapeuten immer noch nicht beantwortet, obwohl Dóra ihr noch eine weitere Anfrage nach dem Namen des Mädchens, das noch am Leben war, geschickt hatte. Die ehemalige Heimleiterin war telefonisch nicht zu erreichen, das Regionalbüro sagte, sie sei beschäftigt, und weigerte sich, Dóra zu jemand anderem durchzustellen. Das Justizministerium behauptete, Einvarður sei bei einem Meeting und heute nicht mehr zu erreichen. Anschließend wollte Dóra die Mitarbeiterliste abtelefonieren, erreichte aber nur Anrufbeantworter, und zwei Nummern existierten gar nicht mehr.
Zu allem Überfluss hatte Bella am Morgen, als Dóra außer Haus war, die Gelegenheit genutzt und sich frei genommen, so dass niemand am Empfang saß. Die Sekretärin hatte einen großen Zettel auf ihrem Schreibtisch hinterlassen, auf dem stand:
Bin beim Artzt.
Dóra und Bragi hatten sich umgehend ein
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