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Flammenbrut

Titel: Flammenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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sich energisch um |319| Normalität bemühten, wann immer Kate hinunterkam, durchschaute sie doch die Fassade. Niemand wusste recht, was er sagen sollte.
    Kate stellte die Alarmanlage an, zog die Tür zu, machte einen Schritt zurück und blickte an der Hausfront hinauf. Das Pflaster
     war übersät mit Papierfetzchen, die die Reinigungsleute zurückgelassen hatten. Von den Wänden tropfte Wasser und sammelte
     sich in kleinen Pfützen auf dem Boden. Die Tür und das Fenster waren sauber geschrubbt worden, aber an den raueren Flächen
     der Steine und des Mörtels klebten noch immer winzige weiße Fleckchen.
    «Ist gar nicht mehr so schlimm, oder?», meinte Clive.
    Er schien selbst nicht besonders überzeugt davon zu sein. Kate schüttelte den Kopf, da sie ihrer Stimme misstraute. Sie versuchte,
     sich die Gestalt vorzustellen, die da mit Bürste und Papier in der Dunkelheit zugange gewesen war. Sie fragte sich, was währenddessen
     wohl in Ellis’ Kopf vorgegangen sein mochte; dann durchzuckte sie die Erkenntnis, dass sie mittlerweile diesen Namen benutzte,
     wenn sie an ihn dachte. Ellis. Nicht Alex. Alex Turner war tot.
    Jetzt gab es nur noch Timothy Ellis.
    Kate wandte sich ab. Dabei sah sie, dass ein Posterfetzchen an ihrem Schuh kleben geblieben war. Sie kratzte es mit dem anderen
     Fuß weg und trat hastig einen Schritt zurück.
    «Gehen wir», sagte sie.
    Sie trennten sich bei King’s Cross, und Kate nahm eine U-Bahn zum Fitnessclub. Obwohl er nicht weit von ihrer Wohnung entfernt lag, war sie, seit sie von ihrer Schwangerschaft wusste,
     nicht mehr da gewesen; teils, weil sie andere Dinge im Kopf hatte, teils, weil sie den verletzlichen Fötus nicht ihren strapaziösen
     Übungen aussetzen wollte.
    |320| Die Sporthalle des Fitnessclubs wurde von der üblichen Feierabendtruppe heimgesucht. Kate zog ihren schwarzen Einteiler an
     und blickte auf ihren Bauch hinunter. Man sah noch nichts, und sie führte das Gefühl, merkwürdig aufgebläht zu sein, auf einen
     Mangel an Bewegung und ein Zuviel an Phantasie zurück. Mit plötzlich erwachtem Eifer ging sie die Treppe hinunter ins Untergeschoss,
     wo der Swimmingpool des Clubs untergebracht war.
    Sie schwamm dreißig Bahnen, bevor sie aus dem Wasser stieg. Unter der Dusche schmerzte ihr Körper noch von der Anstrengung
     im Wasser. Dann zog sie sich an und trocknete sich das Haar. Sie überlegte, ob sie sich auf dem Heimweg etwas zu essen mitnehmen
     sollte. Die körperliche Anstrengung hatte sie hungrig gemacht, aber ihre Lust zu kochen verringert. Als sie aus der Umkleidekabine
     kam, hatte sie beschlossen, sich den Luxus zu gönnen und auswärts zu essen. Den merkwürdigen Blick, den der Angestellte am
     Empfangstisch ihr zuwarf, nahm sie im Hinausgehen nur am Rande wahr; sie hatte zu viel damit zu tun, darüber nachzudenken,
     ob sie zum Italiener oder zum Chinesen gehen wollte.
    Der Fitnessclub nahm in einem umgebauten Lagerhaus den größten Teil der beiden ersten Stockwerke und einen Teil des Untergeschosses
     für sich in Anspruch. Der Eingang im Erdgeschoss lag zwischen einem Obstgeschäft und einer Apotheke. Beide Läden waren bei
     Kates Ankunft offen gewesen, hatten nun jedoch ihre Türen geschlossen, und vor ihren Fenstern waren stählerne Sicherheitsgitter
     herabgelassen worden. Als Kate auf die Straße trat und immer noch mit der Frage beschäftigt war, wo sie essen solle, bemerkte
     sie, dass etwas an den Stahlgittern anders war als sonst. Es dauerte ein oder zwei Sekunden, bis ihr klar wurde, dass das
     graue Metall mit weißen Flecken gesprenkelt war.
    |321| Sie blieb stehen. Aufmerksam geworden, fielen ihr nun auch die Papierfetzchen auf, die auf dem Pflaster vor den Läden verstreut
     lagen. Sie drehte sich noch einmal zur Tür des Fitnessclubs um. Die Oberfläche ihres Stahlblechs wies frische Kratzer auf,
     als hätte man dort etwas abgeschabt.
    Kate blickte an der Häuserfront entlang, aber nichts ließ darauf schließen, dass auch an den anderen Läden etwas geklebt hatte.
     Ein plötzlicher Schmerz in den Händen kam ihr zu Bewusstsein. Ihre Fingernägel hatten sich in die Innenflächen ihrer geballten
     Fäuste gebohrt. Sie öffnete die Hände und wandte sich von den weißgesprenkelten Gittern ab.
    Der Appetit war ihr vergangen. Mit der Absicht, nach Hause zu gehen, überquerte sie die Straße. Auf der anderen Seite, direkt
     gegenüber dem Fitnesszentrum, befand sich die Bushaltestelle. Sie war auf dem Hinweg bereits daran

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