Flammende Sehnsucht
Verdammt unvollkommen von mir, würde ich sagen.«
»Du hast das Unvollkommene zu einer Kunstform erhoben.« Marcus wählte seine Worte mit Bedacht. »So ungern ich es auch sage, mir scheint, dieser neue Plan von dir ist mit allen möglichen Schwierigkeiten behaftet, zum Scheitern verurteilt und könnte durchaus die schlechteste Idee sein, die du je hattest.«
»Du bist also dabei«, meinte Reggie grinsend.
Marcus betrachtete schweigend seinen Freund, zuckte schließlich die Achseln und lächelte widerwillig. »Ich würde es mir um nichts auf der Welt entgehen lassen.«
15
Es gibt nichts Fürchterlicheres in diesem Leben noch im nächsten als eine Frau, der der Sinn nach Rache steht. Gott helfe dem, der solchen Zorn auf sich gezogen hat.
T. Higgins
Genau das ist es.« Cassie nickte befriedigt angesichts des Farbmusters, das ihr der Vorarbeiter und einer der Maler vorgelegt hatten. Die Farbe war für die Simse, Friese und Stuckverzierungen im Salon gedacht. »Genau, was ich mir vorgestellt habe. Nicht zu blau und nicht zu lavendelfarben und auch nicht zu grau. Ausgezeichnet.«
»Danke, Miss.« Der Maler lächelte und freute sich ganz offensichtlich über das Kompliment.
Falls Cassie aus ihrer Arbeit mit diesen Handwerkskünstlern - denn sie betrachtete die Männer, die mit Farbe, Papier und Stuck wahre Wunder vollbrachten, als Künstler - etwas gelernt hatte, so in erster Linie, dass sie sehr stolz auf ihre Arbeit waren und positiv auf Ehrlichkeit reagierten, ob sie nun im Gewande des Lobs, oder aber eines Vorschlags daherkam.
Natürlich waren ihr auch solche begegnet, die sich nur ungern von einer Frau anweisen ließen, und stets gab es im Laufe dieser Projekte Konflikte. Sie wusste schon lange, dass es nicht immer reichte, die Achtung seiner Mitarbeiter zu erlangen, und hatte daher einen Vorarbeiter, Mr. Jacobs, eingestellt, den sie für jedes ihrer Projekte engagierte.
»Ihnen ist doch klar, dass ich das für den glatten Teil des Deckensimses möchte, damit sich diese herrlichen Details, die weiß bleiben, in scharfem Kontrast davon abheben.«
Der Maler nickte. »Und am Kaminaufsatz wünschen Sie den gleichen Effekt?«
»So ist es. Danke schön.« Sie strahlte den Mann an. »Wir werden ein wenig mit den Farben spielen müssen, aber ich denke, ein etwas tieferer, intensiverer Ton wäre zum Absetzen der Streifen an den Wänden perfekt.«
Er nickte wieder und ging zu der an der gegenüberliegenden Wand lehnenden Leiter. Der ganze Raum war ein hektisches Durcheinander geordneter Geschäftigkeit, in dem Maler an verschiedenen Teilen von Wänden und Decke werkelten, in Italien ausgebildete Stuckateure Ausbesserungen Vornahmen und wieder andere Vorhänge und Stoffe abmaßen.
Zwei Tage zuvor war Cassie nach London zurückgekehrt und hatte seitdem fast jede Minute in Reggies Haus zugebracht und fast ebenso viel Zeit in Gedanken an ihn und daran, was er nun vorhatte.
Viel Phantasie war ja nicht nötig. Der Mann war leicht zu durchschauen.
Offensichtlich wollte er sich hier an diesem Ort, in dem Raum, den sie für seine zukünftige Frau einrichtete, erklären. Und ebenso offensichtlich war, dass sie die Dame seines Herzens war.
Er musste es nur noch aussprechen. Genauso wie sie. Nie hätte sie sich das so schwer vorgestellt.
»Ich weiß nicht, ob wir das alles in vier Tagen schaffen, Miss.« Jacobs schüttelte den Kopf.
»Natürlich schaffen wir das«, erwiderte Cassie entschieden, obwohl sie gar nicht so recht wusste, ob es so wichtig war.
Er würde am Donnerstag hier sein, ob das Zimmer nun fertig war oder nicht, und sie war sich ziemlich sicher, dass es ihn auch nicht stören würde, wenn es nicht ganz fertig war.
Was er ihr zu sagen hatte, was er sie fragen musste, hing ja wohl kaum vom Zustand eines Raumes oder eines Hauses, sondern nur von dem zweier Herzen ab. Ihrem und seinem.
Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so glücklich gewesen zu sein.
»Miss Effington.« Higgins stand im Eingang und trug eine seltsame Miene zu Schau. »Da ist jemand, der sie sprechen möchte.«
Sie hatte schon ähnliche Gesichtsausdrücke gesehen. »Das ist sicher meine Schwester. Sie wollte vorbeikommen und nachsehen, ob der Salon Fortschritte macht.« Sie lächelte. »Die Ähnlichkeit ist verblüffend, nicht wahr?«
»Ich glaube nicht, dass es Ihre Schwester ist, Miss«, meinte er leise.
»Ach! Ich kann mir gar nicht vorstellen, wer ...«
»Guten Tag, Miss Effington.« Lady Bellingham kam in den Salon gesegelt
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