Flowertown - Die Sperrzone
alte Frau eine Ausgabe des »Von Hier«, des Newsletters aus Flowertown, hervor und drehte ihn um. »Auf der Rückseite steht ein Rezept für eine Suppe, die angeblich dein Immunsystem stärkt. Es stammt von Carrie Madison. Zu dieser Jahreszeit muss man unbedingt dafür sorgen, dass man ausreichend Vitamine zu sich nimmt.« Sie schob Ellie die dünne Zeitung zu. »Es ist ziemlich einfach. Ich weiß nicht, wie es schmeckt, aber es klingt köstlich. Folge einfach den Anweisungen und achte besonders auf die Kochzeit. Carrie Madison mag eine fiese Zicke sein, aber am Herd ist sie ein Genie. Auf ihr Zeitgefühl ist Verlass.«
Die beiden jungen Männer näherten sich dem Verkaufstresen mit einem vollen Einkaufskorb. Annabeth schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln. Ellie faltete den Newsletter zusammen und steckte ihn zwischen die Akten und die Packung Salzcracker, die sie noch immer umklammert hielt. Sie nahm ihre Dose Malzbier und ging auf die Tür zu. Doch bevor sie auf die Straße hinaustrat, rief Annabeth hinter ihr her: »Ach ja, und Ellie! Wenn ich eine Olivia treffe, werde ich ihr sagen, dass du nach ihr suchst.«
»Ich verliere ganz offensichtlich den Verstand.« Ellie drückte das Bündel wieder an ihren Körper und machte sich auf den Nachhauseweg. Sie redete laut mit sich selbst. Sie kümmertesich nicht darum, was die wenigen Leute, die ihr entgegenkamen, von ihr denken mochten. Die Ausgeglichenheit, die sie beim Aufwachen gespürt hatte, löste sich zusehends in Luft auf. Wenn sie sich schon nicht entspannen konnte, wollte sie wenigstens high sein, und das war genau der Grund, warum sie sich beeilte, ihr Apartment zu erreichen. Sie brauchte Ruhe, und sie brauchte Gras, aber am meisten brauchte sie Bing. Sie musste mit ihm sprechen. Jetzt war nicht die Zeit für falschen Stolz. Er hatte recht mit dem, was er über sie gesagt hatte. Sie wollte, dass er alles in Ordnung brachte, und wenn erforderlich, würde sie darum betteln.
Sie ließ einen kurzen Konvoi Armeelaster passieren, bevor sie die letzte Kreuzung auf dem Weg zur fünften Straße überquerte. Während sie in Gedanken eine Liste der Dinge, die sie erledigen musste, erstellte – high werden, Bing eine SMS schicken, die Akten öffnen und herausfinden, warum Annabeth wollte, dass sie ein Suppenrezept las –, beschleunigte sie ihren Schritt. War das alles? Ellie nickte, nahm schnell die beiden Stufen, die zu dem Apartmentgebäude führten und rief aus vollem Hals: »Bing!«
Gerade in dem Moment bog er aus der entgegengesetzten Richtung um die Ecke, und eine Schrecksekunde lang befürchtete Ellie, er würde sie ignorieren. Sie rief noch einmal seinen Namen. Da zuckte er endlich zusammen und erwachte aus seinen unergründlichen Tagträumen. Als er Ellie sah, streckte er seine Hände flehend nach ihr aus. Ellie sprang die Treppen hinunter und rannte auf ihn zu. Sie redeten beide gleichzeitig aufeinander ein.
»Ellie, oh Gott, Ellie, es tut mir so leid.«
»Bing, ich muss mit dir reden.«
»Du hattest so recht, als du gesagt hast, dass ich immer nur daherrede und gar keine Ahnung von der Verschwörung habe …«
»Du musst mir zuhören!«
»Ich war so ein Trottel. Ich habe das alles nicht ernst gemeint. Ich wollte nur … «
»Bing!« Mit ihrer freien Hand griff sie ihn am Arm. »Hör auf! Ich bin es, Ellie! Mir ist das gerade alles egal. Lass uns bitte ins Haus gehen. Ich habe dir so viel zu sagen.«
»Ich auch!« Sie betraten das Wohnhaus und stiegen die Treppen hinauf. »Ich kam mir wie ein Idiot vor, nachdem ich weggerannt war. Und dann musste ich mir eingestehen, dass du recht hattest. Ich habe viel zu lange nur blöd gequatscht. Deshalb habe ich Torrez aufgesucht.«
»Wozu?«
»Ich wollte mehr über diese ›So-viel-du-willst‹-Sache erfahren.«
»Ich habe genau das Gleiche versucht.«
Bing ließ Ellie den Vortritt in ihr Zimmer. »Du hast Torrez aufgesucht? Ich habe dich nicht gesehen.«
»Nein, ich war bei Dingles.«
»Um Torrez zu finden?«
»Vergiss Torrez!« Ellie warf ihr Bündel auf das Bett und ließ sich danebenfallen. »Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen. Es ist eine lange Geschichte, aber ich dachte, dass ich Annabeth gegenüber die Worte ›So viel du willst‹ erwähnen könnte, während ich dort war.«
»Warum?«
Ellie fiel ein, dass sie Bing nichts von der Munition erzählt hatte, die unter dem Ladenvorhang hervorgelugt hatte. Jetzt würde es zu weit führen, also winkte sie ab. »Das ist nicht so wichtig. Was
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