Flug in Die Nacht
einzigen Tiefangriff herrühren konnte.
»Radarkontakt mit einem weiteren Schiff, jetzt eine Uhr, drei Meilen«, meldete Pilas. »Als Ziel erfaßt, Kurs ist gut.«
»Verstandene, sagte Tamalko.
Als er sich im Anflug auf das zweite chinesische Kriegsschiff befand, sah er vor der Radarmarkierung seines Blickfelddarstellungsgeräts eine Feuerwolke aufsteigen und rasch wieder in sich zusammenfallen. Sie erhellte das Schiff sekundenlang, und Tamalko wollte seinen Augen kaum trauen, als er sah, wie riesig es war – groß wie ein Flugzeugträger, dachte er, oder ein Wolkenkratzer. Bestimmt das größte Kriegsschiff, das er jemals vor Palawan gesehen hatte.
Seltsamerweise zeigte sein Radarwarner kein Zielerfassungsradar an, als habe das feindliche Schiff ihn noch gar nicht geortet.
Oder etwa doch?
Während Tamalko sich darüber wunderte, daß das Dickschiff ihn nicht schon längst erfaßt hatte, sah er vom Schiffsheck einen Feuerschweif in den Nachthimmel aufsteigen. Die Lenkwaffe, deren Abgasstrahl Dutzende von Kilometern weit zusehen war, flog anfangs ziemlich langsam und beschleunigte erst einige Sekunden nach dem Start.
Der große Lenkflugkörper flog weiter nach Süden, statt wie erwartet nach Osten in Richtung auf die anfliegende F-4E einzudrehen. Merkwürdig! dachte Tamalko.
»Wir sind fast bei drei Kilometer«, meldete Pilas. »Drei Kilometer … jetzt.« In Tamalkos Blickfeld begann der Farbsektor des Feuersignals seinen Umlauf im Uhrzeigersinn: Sobald es die Dreiuhrposition erreichte, konnte der Pilot das Feuer eröffnen. Ein rascher Blick zeigte ihm, daß die Maschinenkanone auch nach dreihundertvierzig Schuß noch keine Ladehemmung hatte, was für die M61A1 überdurchschnittlich gut war, und als er wieder nach draußen sah, betrug die Entfernung nur noch zweieinhalb Kilometer.
Markierung in der Mitte der Zielraute, gutes ARM-260-Signal … Tamalko jagte kurze Feuerstöße hinaus, spürte das beruhigende Vibrierender hämmernden Waffe und hielt die Markierung mitten in der Zielraute. Das Abwehrfeuer des chinesischen Kriegsschiffs blieb wider Erwarten aus.
Seine Maschinenkanone hatte Ladehemmung, als noch dreißig Schuß im Magazin waren, aber alle anderen hatten genau mittschiffs getroffen. Tamalko sicherte die MK und stellte seine F-4E auf die linke Tragfläche, um ein möglichst kleines Ziel zu bieten, während er das Schiff überflog. Als er mit Mach 1 darüber hinwegröhrte, sah er an Deck Lichter aufblitzen, ohne beurteilen zu können, ob das Sekundärexplosionen oder nur Lichtreflexe waren. Tamalko blieb in einer Linkskurve, drehte nach Süden ab und ließ die Nachbrenner ausgeschaltet, um Fla-Raketen mit Infrarotsuchkopf oder optisch gesteuerten Geschützen kein lohnendes Ziel zu bieten. Das Suchradar des großen Zerstörers arbeitete nicht mehr. Hatte er vielleicht doch etwas Wichtiges getroffen?
Und dann passierte es.
Eine Millisekunde registrierten Tamalkos Augen knapp über dem Horizont und fast genau vor ihm den hellsten Lichtblitz, den er jemals gesehen hatte. Und das Licht hüllte ihn ebenso schnell ein und blendete ihn. Seine Augen schienen zu rotglühenden Kugeln unerträglichen Schmerzes zu werden, als seien sie von flüssiger Lava verbrannt.
Tamalko hörte Pilas Schrei und merkte dann, daß auch er schrie.
Das Röhren der großen Triebwerke ihrer F-4E war verstummt, was bedeutete, daß sie von etwas getroffen worden waren, das diesen doppelten Triebwerksausfall bewirkt hatte.
Eine große Rakete mußte dicht vor ihnen detoniert sein und sie geblendet und beide Triebwerke ausgeblasen haben. Der Steuerknüppel ließ sich schwerer bewegen, weil der Hydraulikdruck nachließ, und würde bald ganz unbeweglich sein.
Tamalko zog den Steuerknüppel zurück, um im Steigen Fahrt wegzunehmen und ihre Geschwindigkeit zumindest teilweise in Höhe umzusetzen – wenn sie bei Mach 1 ausstiegen, würde der Fahrtwind sie in Stücke reißen. Er konnte nicht beurteilen, ob sie stiegen … er hatte keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen. »Aussteigen! Aussteigen!«
brüllte er, kreuzte die Handgelenke vor seinem Körper, packte den Abzuggriff zwischen seinen Beinen und riß ihn hoch.
Der Fahrtwind riß die Cockpithaube weg, bevor ihre Köpfe sie durchstießen; dann wurden Pilas und er aus der abstürzenden Maschine geschossen.
In diesem Augenblick hatte Tamalkos Körper eine Vorwärtsgeschwindigkeit von über zweihundert Metern in der Sekunde.
Der Wall aus komprimierter, überhitzter Luft,
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