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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Ratte, verbissen höher und höher. Zer war ihnen irgendwie entkommen, krabbelte von Regal zu Regal und versuchte offensichtlich, den Lüftungsschacht und damit die Freiheit zu erreichen.
    »Saffron?« flüsterte Puck, tief über sie gebeugt. Ihre Augen waren glasig, als sähen sie nicht ihn, sondern Etwas Anderes.
    »Noch am Lehen«, sagte sie mit diesem entsetzlichen Lachen. »Er ist noch am Leben.«
    »Wer denn?«
    »Sie haben ihn begraben«, fuhr Saffron fort, ohne ihn zu hören. »Auf dem Knochenacker begraben. Aber sie konnten ihn nicht töten. Verwundet. Mehr haben sie nicht geschafft.«
    »Auf dem Knochenacker? Saffron, wovon redest du? Was ist mit dem Knoch-« Das letzte Wort blieb Puck im Hals stecken, als Saffron plötzlich mit einer unglaublichen Kraft nach seinem Arm griff. Sie blickte nicht mehr auf Etwas Anderes, sondern fixierte ihn - und er versuchte, sich von ihrer Hand zu befreien, weil ihn das, was er in ihren Augen sah, mit Grauen erfüllte.
    »Die Büchse der Pandora wird sich bald öffnen«, sagte sie zu ihm, ohne loszulassen. »Sie haben ihn eingesperrt, aber er wird herauskommen. Er wird herauskommen.« Ihr Griff wurde immer fester und schmerzhafter, bis Puck sicher war, daß sie seinen Arm zerquetschen würde. »Und wenn er erst mal draußen ist, wenn er sich erst mal befreit hat, frißt er euch alle AUF , alle auf, ALLE AUF !«
    »Jetzt hab ich dich, du Hurensohn«, sagte Hamlet und legte an. Die Ratte befand sich direkt unter der Öffnung des Luftschachts, und Hamlet bekam sie endlich gut ins Visier. Er zielte auf ihr Herz und drückte ab, doch im selben Augenblick bewegte sich die Ratte, und der Bolzen fuhr ihr lediglich in die Flanke. Schon halb im Schacht, zögerte das Tier kurz; dann stieß es sich mit einem letzten Kraftaufwand ab und zog die Hinterbeine nach. Gleich darauf war es verschwunden.
    Saffron erstarrte, und ihre Hand griff einen qualvollen Augenblick lang noch fester zu. Dann löste sie sich auf und ließ Puck neben einem Haufen toter Blätter, den Überresten ihrer Kleider, zitternd zurück. Die Büchse der Pandora wird sich öffnen.
    In der Ferne läuteten die Turmglocken Mitternacht.
     
    Ein Kuß im Dunkeln
     
    Die Fiebertraum-Taverne bezog ihren Namen aus einem Roman, der von Vampiren am Mississippi handelte, und ihre politische Gesinnung aus einem fernen Ort etwa tausend Meilen links von der Mitte. Als das erzliberalste Territorium im ohnehin schon sehr liberalen Collegetown diente sie den Bohemiern und Blauen Zebras als naheliegende Anlaufstelle bei ihren nächtlichen Streifzügen. Die Musik war oft live, und die Getränke gab’s meist zum halben Preis; mehr konnten sie nicht verlangen.
    Eines Abends, knapp zwei Wochen nach Semesterbeginn, saß Stephen George im Fieber, nippte gelegentlich an einem meisterlich gemixten Slow Comfortable Screw und war von einer merkwürdigen Hochstimmung erfüllt. An diesem Abend spielten Benny Profane and the V-necks, die sich auf nicht sehr kongeniale Cover-Versionen spezialisiert hatten; mit einer weißen Weste aus Alligatorleder angetan, die seine Bizepse wunderbar zur Geltung brachte, drehte Benny seinen Verstärker voll auf und brachte die kanadische Nationalhymne in drei Viertel der Normalzeit hinter sich. Die Darbietung erhielt stürmischen Applaus.
    Links von George befand sich hinter einem offenen Durchgang das Billardzimmer. Hier spielten Prediger und Fantasy Rastamop gegen Ragnarök und Fujiko Pool, derweil ein halbes Dutzend Zuschauer fachmännisch kiebitzte. Fujiko und Ragnarök führten um einen Punkt, doch das Blatt schien sich bald wenden zu wollen, da Fuji mit jedem weiteren Cuba libre etwas mehr von ihren psychomotorischen Fähigkeiten einbüßte. Im Schankraum scharten sich Myoko, Aphrodite (die bohemische Ministerin der Liebe) und Bettelstab (der bohemische Minister der zügellosen Lust) inzwischen um einen Tisch, um Löwenherz dabei zuzuschauen, wie er mit Woodstock eine Runde Advocatus diaboli spielte. Strenggenommen saß auch Z. Z. Top am Tisch, de facto befand er sich jedoch bereits darunter und war daher nicht zu sehen.
    »... jetzt nimm doch mal diese SDI-Scheiße«, sagte Woodstock gerade. »Diesen Krieg der Sterne, die Lasersatelliten und der ganze Kram. Das is doch der absolut beschissene Horror. Diese Vollnull treibt’s noch so weit, daß wir allesamt in die Luft fliegen...«
    »Vollnull?« fragte Löwenherz unschuldig. An einem Arm trug er eine mit rosa Elefanten geschmückte Stoffbinde - das

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